Harry-Potter-Fans: Nachwuchs für die Zauberschule
Im Kino läuft die Verfilmung des letzten Harry-Potter-Bandes. Wahre Fans stört das nicht: Sie schreiben sich die Fortsetzung selbst.
Die Gründerinnen des „inoffiziellen Harry-Potter-Fanclubs“ halten Wort: Im Sommer wollen die 24-jährige Saskia Preissner und ihre 20-jährige Schwester Sarah aus Prenzlauer Berg ihre eigene Fortsetzung der Romanreihe von Joanne K. Rowling herausbringen, die sie 2007 beim Erscheinen des siebten und letzten Bandes angekündigt hatten. Sie sind gedanklich also schon viel weiter als die Kinogänger. Seit heute läuft „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1“, die Verfilmung von Band 7, regulär in den Kinos, Voraufführungen hatte es bereits am Mittwoch gegeben. Die zweite Hälfte des Films folgt erst im Juli – laut Saskia argwöhnen viele Klubmitglieder, dass die Produzenten auf diese Weise vor allem „möglichst viel Geld verdienen wollen“.
Seit zehn Jahren besteht der Fanklub, in ihm ist inzwischen auch Sally Preissner, die zwölfjährige Schwester, aktiv. Zum Buchprojekt steuert sie Expertenwissen bei, denn in ihrem CD-Player laufen seit Jahren fast täglich die von Rufus Beck gelesenen Harry-Potter-Hörbücher. „Die kann man sich immer wieder anhören“, schwärmt Sally.
Der inoffizielle achte Band heißt „Albus“: Die Handlung setzt nach dem Epilog in Band 7 ein, und damit 19 Jahre nach dem Kampf des Zauberschülers Harry Potter gegen den bösen Lord Voldemort. Es geht ums erste Schuljahr von Potters Sohn Albus an der Zauberschule Hogwarts, auch die Kinder anderer Romanhelden zählen zu den Hauptpersonen. Eine Wiederauferstehung von Voldemort wurde diskutiert, aber verworfen.
Stattdessen gebe es „Bösewichte im Meer“, erzählt Saskia: Ein Wasservolk löst katastrophale Überschwemmungen aus und wehrt sich so gegen Umweltverschmutzung, die den maritimen Lebensraum bedroht. Das klingt ein wenig nach Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“, doch Saskia und Sarah betonen die Unterschiede: Während Schätzing eher wissenschaftlich geschrieben habe, gehe es bei ihnen um den „Klimawandel mit magischen Mitteln“. Mehr geben sie noch nicht preis, zumal der Roman erst zu knapp zwei Dritteln fertig ist.
Der Fanklub ist eine mehrsprachige virtuelle Zauberschule im Internet. Rund 100 000 Menschen aus aller Welt sind Mitglied, die Zahl der Aktiven schätzt Saskia auf 10 000. Mit ihnen wird die Handlung des FanRomans diskutiert. Alle mitschreiben zu lassen, hält Saskia für unmöglich: „Das funktioniert nicht mit tausenden Autoren.“ Das fertige Werk soll für die Mitglieder ins Internet gestellt werden. Ob es für alle Internetnutzer freigeschaltet oder gedruckt wird, ist nicht zuletzt wegen ungeklärter Urheberrechtsfragen noch offen.
Eine Feier zum Kinostart veranstaltet der Klub diesmal nicht. Erst wenn der zweite Teil im Sommer anläuft, soll es eine Party geben. Im Fanklub sei das Interesse an der Zaubererwelt „nicht abgeebbt“, sagen die Gründerinnen. Einen Grund dafür sehen sie im Unterricht mit mehr als 30 Fächern wie Zauberkräuterkunde oder „Verteidigung gegen die dunklen Künste“, den man online absolvieren kann. „Die Leute bleiben länger, weil sie ihren Abschluss machen wollen.“
Die Eltern haben die Aktivitäten der Schwestern unterstützt, auch weil sie einen pädagogischen Nutzen sahen: Saskia und Sarah lernten beispielsweise die Webseitengestaltung. Beruflich gehen sie jedoch andere Wege: Saskia ist angehende Zahnärztin und bald mit dem Studium fertig, während Sarah Humanmedizin studiert. Die zwölfjährige Sally kann sich vorstellen, Schriftstellerin zu werden, ist davon aber noch nicht ganz überzeugt. Unterdessen wird auch ihr fünfjähriger Bruder Robert allmählich spielerisch zum Fan. Zumindest, so berichten die Schwestern, „schnappt er sich gern mal einen Zauberstab und stößt Flüche aus“.
Der Fanklub im Internet unter:
www.hp-fc.de