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Modedesign: Richtig schön verfilzt

Christine Birkle entwirft Kleider für große Bühnen - aus Filz. Am Samstag kann man ihre Kostüme im Schlosspark Hardenberg erleben - in Strindbergs Drama "Fräulein Julie".

An manchen Abenden kommt Christine Birkle erschöpft nach Hause. Und glücklich. Dann hat sie wieder einmal stundenlang in ihrem Atelier gestanden und feinste Merinowolle mit Wasser, Seife und Händen so lange bearbeitet, bis sie sich in einen zarten Filz verwandelt hat. Aus diesem Filz fertigt sie Kleider, Röcke, Oberteile. Sie verbindet ihn mit anderen Stoffen, mit Seide zum Beispiel oder mit Baumwolle. Dadurch wirkt er überraschend leicht und weich.

Das Filzen sei eine fast meditative Arbeit, sagt Christine Birkle. Die Berliner Modedesignerin gilt als Expertin für Filz: Sie hat bereits für Labels wie Dries van Noten, Dior und Comme des Garçon gearbeitet, vergangenes Jahr wurde ihre Arbeit auf einer Ausstellung in Yokohama gezeigt. Und am Samstagabend kann man ihre Kleider im Schlosspark Neuhardenberg in Brandenburg erleben. Regisseur Armin Holz inszeniert dort August Strindbergs Drama „Fräulein Julie“. Auf der Bühne stehen Sibylle Canonica, Libgart Schwarz und Sylvester Groth, die Musik kommt von der Berliner Jazzsängerin Lisa Bassenge.

Sie sei eigentlich keine Kostümbildnerin, sagt Christine Birkle. Kostümbildner würden anders arbeiten als Modedesigner. Sie seien es gewohnt, Outfits in Absprache mit einem Team zu entwickeln. Und hätten außerdem Erfahrung im Umgang mit Schauspielern. Ihrer Arbeit für „Fräulein Julie“ merkt man den Unterschied jedoch nicht an.

Für die Darsteller entwarf sie helle, transparente Kostüme. Als habe sie das Seelenleben der Figuren optisch offenlegen wollen. Der Stoff schmiegt sich an ihre Körper wie eine zweite Haut. Das sei wichtig, sagt Birkle. Damit sich die Schauspieler nicht eingeengt fühlen, wenn sie auf der Bühne agieren.

Erfahrung mit den Anforderungen an Bühnenkostüme hat Christine Birkle, 49, bereits. Vor sechs Jahren wurde sie von der Choreografin Sasha Waltz angesprochen. Für deren Stück „Impromptus“, das an der Schaubühne aufgeführt wurde, kleidete sie die Tänzer ein. Der Kontakt ergab sich zufällig, weil Sasha Waltz eines Tages in Birkles Boutique stand und Gefallen an deren Kleidern fand. Seither arbeiten die beiden regelmäßig zusammen.

Ursprünglich kommt Christine Birkle aus Landsberg am Lech in Bayern. Aus Filz gefertigte Kleidung hat dort Tradition. Als Kind trug Birkle gerne einen Trachtenjanker, eine hüftlange Jacke aus gewalkter Wolle. Vielleicht begründet sich dadurch ihre Leidenschaft für diese Form der Verarbeitung. Mitte der 80er Jahre kam sie nach Berlin. Vor dem Studium zur Modedesignerin an der damaligen Hochschule der Künster jobbte sie in einem Architekturbüro. Nach dem Abschluss machte sich Birkle mit ihrem Label „Hut up“ selbstständig. Vor zwölf Jahren eröffnete sie ihre Boutique in den Heckmannhöfen an der Oranienburger Straße in Mitte, das Atelier befindet sich eine Etage drüber. Mittlerweile arbeiten hier fünf Angestellte.

Man müsse ihre Arbeit verstehen, sagt Christine Birkle. Das Handwerk, das dahintersteckt. Die Kunstfertigkeit. Es habe sie genervt, dass Filz lange Zeit ein schlechtes Image hatte. Man assoziierte ihn mit grauen Pantoffeln und kratzenden Jacken, das wollte Birkle ändern. Wer ihre zarten Kleider probiert, der weiß: Es ist ihr gelungen.

Beginn: 21 Uhr. Eintritt: 22 Euro. Weitere Aufführungen am Sonntag, sowie vom 19. bis 22. August

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