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Der traut sich was. Beim Sonntagskaraoke im Mauerpark bleibt wie hier am gestrigen Nachmittag kein Platz mehr frei. Veranstalter Joe Hatchiban darf nun doch wieder jeden Sonntag das Amphitheater nutzen.

© Paul Zinken

Mitmachshow: Sendepause für Karaoke im Mauerpark

Mauerpark-Animateur Joe Hatchiban darf seine Karaoke-Show nicht mehr jeden Sonntag stattfinden lassen. Touristen sagen, Berlin schade sich mit allzu strengen Regeln am Amphitheater.

Die Gruppe Touristen auf ihren Fahrrädern macht am Amphitheater Halt. „Hier veranstaltet immer der Kanadier sonntags ab 15 Uhr seine Karaokeshow, da ist es richtig voll“, erklärt Robert Müller, und die Urlauberinnen auf den „Free Berlin“-Bikes nicken anerkennend. Nur, das mit dem regelmäßigen Großevent im Mauerpark ist auch schon wieder Geschichte. Seit 2009 hat der Kanadier Joe Hatchiban seine Anlage dort jeden Sonntag aufgebaut zum Liedernachsingen für Jedermann – doch nun soll die Sondernutzungserlaubnis laut Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankower Stadtrat für Stadtentwicklung, nur noch durchschnittlich alle zwei Wochen ausgestellt werden. Hatchiban soll nun 1500 Euro für bislang zwölf genehmigte Sonntage zahlen – auch für diesen Sonntag und dann wieder für den 27. Mai.

Nach der Show. Von einem Müllproblem kann augenscheinlich keine Rede sein.
Nach der Show. Von einem Müllproblem kann augenscheinlich keine Rede sein.

© Annette Kögel

Der Unterhalter, dessen Mitmachshow sogar in Reiseführern steht, habe nicht zusagen können, den Müll zu entsorgen und den illegalen Handel mit Getränken und Snacks zu unterbinden – bei tausenden Zuschauern läuft das Geschäft dort an den Stufen im Mauerpark am früheren Todesstreifen hervorragend. Außerdem sollen dem Bezirk zufolge andere Veranstalter sonntags eine Chance bekommen, auch im Amphitheater aufzutreten.

Am gestrigen Sonntag waren die Voraussetzungen für ein Open-Air-Erlebnis gut, bei blauem Himmel und sommerlichen Temperaturen strömten Tausende zum Sonnen, Grillen und Entspannen in den Mauerpark, drängten sich durch die enge Flohmarktgasse. Auf den Treppen des Amphitheaters war kein Platz mehr frei, als das legendäre Sonntagskaraoke startete.

Am Mittag saßen hier zwei junge Frauen, die über das teilweise Aus für die Mitmachshow diskutierten: „Ich finde das ein bisschen albern“, sagt die 26-jährige Frau aus Friedrichshain, „er hat mit der Show angefangen, hat das alles zu der Attraktion für viele Leute aufgebaut, und nun will man ihm die Show verbieten?“ Sie selbst habe allerdings nur früher mal zugeguckt, „inzwischen ist mir das zu kommerziell geworden, da ist der Charme verloren gegangen“. Seitdem Joe Hatchiban beispielsweise T-Shirts drucken ließ. Ebenso habe sich der Flohmarkt im früheren Mauerstreifen zum Nachteil verändert. „Da sind jetzt so viele Händler, die man überall bei Veranstaltungen sieht“, sagt die Friedrichshainerin. „Und handeln, wie eigentlich auf Flohmärkten üblich, kann man dort auch nicht mehr“, ergänzt ihre Begleiterin aus Stuttgart, die im September zu ihrem Freund hier in Berlin ziehen will. „Ich habe gerade auf einer Bank die Zeilen ,Schwaben raus’ gelesen“, fügt sie noch an, „das spricht jedenfalls auch nicht für Toleranz in Deutschland.“

Dass der Bezirk den beliebten Kanadier jetzt über die Sondernutzungserlaubnis reglementiert, stößt auch bei den Touristinnen auf ihrer Fahrradtour auf Ablehnung. „So jemand ist doch eine tolle Werbung für Berlin“, sagt eine 45-jährige Berlinurlauberin aus Detmold. Sabine Türk, 48, rät, man solle doch im Park große Müllcontainer aufstellen, wie in Hamburg. Die Parkklappkörbe mit den unterirdischen Lagern waren am Mittag schon teils vollgestopft. „Die Leute legen den Müll daneben, das zeigt ja guten Willen.“ Radtourstadtführer Robert Müller findet es schade, dass Berlin einen Selbstläufer bremse. Andere Musiker könnten doch vor 15 Uhr spielen. „Hatchiban fordert das Publikum immer auf, Müll mitzunehmen. Auf den Stufen war es immer sauberer als anderswo.“

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