
© Andreas Klaer
Hoffnung für alte Handwerkstradition: Stillgelegte Ziegelei in Glindow hat Großauftrag in Aussicht
Im Mai erlosch der letzte von einst 50 Ziegelbrennöfen am Glindower See in Brandenburg: Fast 600 Jahre Tradition gingen zu Ende. Doch nun gibt es Hoffnung.
Stand:
Wenn in der Wirtschaft der Ofen einmal aus ist, folgt oft die Kultur: Alte Mauern, die ungeeignet sind als Wohnraum, bieten Kreativen und ihren Werken häufig eine Heimat. In Glindow, einem Ortsteil von Werder (Havel) westlich von Berlin, vollzieht sich dieser Prozess bemerkenswert schnell. Das wirklich Besondere aber ist: Er könnte sich sogar umkehren – zumindest in der Neuen Ziegel-Manufaktur Glindow. Dort könnte der 1868 gebaute Ofen bald neu angefeuert werden werden. Die derzeit ausgestellte Kunst in dem Bau müsste dann wieder weichen.

© Martin Weinhold
Der Tagesspiegel hatte Mitte Mai berichtet, dass der Geschäftsführer dieser letzten von einst 50 Ziegeleien rund um den Glindower See seinen historischen Ringofen zum Brennen der Ziegel auskühlen lassen musste. Damit endete ein fast sechs Jahrhunderte altes Stück Wirtschaftsgeschichte: 1458 hatten Mönche den ersten Ton in Glindow gebrannt. Mitte des 19. Jahrhunderts produzierten die Ziegeleien der Gegend einen großen Teil der Ziegel für die aufstrebende Weltmetropole Berlin. Im Jahr 2021, angesichts stark steigender Baustoffpreise, hat kaum ein Bauherr noch die Mittel, um seine Bausteine in Glindows letzter Manufaktur zu ordern. Dort sind die Ziegel etwa doppelt so teuer wie in einer modernen Fabrik.

© Andreas Klaer
Geschäftsführer Harald Dieckmann entließ die verbleibenden 19 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und begann mit der Abwicklung des Unternehmens, das zuletzt ein Zuschussgeschäft war. Die 14 Brennkammern des nun erkalteten Ofens überließ er lokalen Künstlern wie Chris Hinze, Martin Grade oder Astrid Germo. Erwachsene Besucher nähern sich ihren Installationen zwangsläufig stets in Demutshaltung – nur Kinder mit weniger als 1,40 Metern Größe können die Brennkammern aufrecht betreten.
[Wenn Sie die wichtigsten News aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können.]
Diesen Sonntag will auch Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) in Glindow ein wenig in die Knie gehen. Anlass ist der „Tag des offenen Denkmals“, an dem sich die Ziegelei einer größeren Öffentlichkeit präsentiert.

© Martin Weinhold
Im kommenden Jahr wäre auch ein Besuch von Schüles Parteifreund und Kabinettskollegen Jörg Steinbach angebrachter. Denn Jobs und Wirtschaft kehren wohl zurück. „Ein größeres Bauvorhaben, leider noch nicht spruchreif, lässt berechtigte Hoffnung aufkommen, dass der große Ringofen im kommenden Jahr 2022 wieder in Betrieb genommen werden kann und in den folgenden Jahren mehr als eine Million Steine abgenommen werden“, verriet Geschäftsführer Harald Dieckmann dem Tagesspiegel jetzt. Bis dahin solle eine Grundsanierung erfolgen, für die auch Fördermittel in Aussicht gestellt worden seinen.

© PNN / Ottmar Winter
„Dieser Ringofen ist ein herausragendes Denkmal und steht im Mittelpunkt der Veranstaltung in der Ziegelei am kommenden Sonntag“, sagte Dieckmann. Schon Theodor Fontane (1819 bis 1898) habe auf seinen Wanderungen von diesem Ofen und Ziegeleien in Glindow berichtet, erinnerte er und kündigte eine szenische Lesung des Theaters Poetenpack an.
Die Ziegelei ist diesen Sonntag (12. September 2021) von 12 bis 17 Uhr für den „Tag des offenen Denkmals“ geöffnet: Alpenstraße 44, 14542 Werder, OT Glindow.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: