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LaGeSo_Berliner Inklusionspreis 2022

© Sandra Ritschel

Strahlen, die von innen kommen: So verlief die Verleihung des Berliner Inklusionspreises

Sie sind echte Vorbilder: Im Haus Liebermann am Brandenburger Tor wurden vier Betriebe mit dem Berliner Inklusionspreis ausgezeichnet. Schon seit 20 Jahren gibt es diesen Preis.

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Von Blättern befreit recken die Bäume des Tiergartens ihre kahlen Äste in den Winternebel. „Draußen ist es grau, doch hier drinnen strahlt es“, begrüßt Moderator Harald Pignatelli die Gäste im Haus Liebermann am Brandenburger Tor. Es ist Freitag, 9. Dezember, und gleich wird der Berliner Inklusionspreis verliehen, zum 20. Mal. Nicht nur die Scheinwerfer strahlen, auch die Besucherinnen und Besucher – die Stimmung ist sehr gelöst, Humor liegt in der Luft, bricht sich zwei Stunden lang immer wieder Bahn.

Die Sozialsenatorin wirkt heiter und gelöst

„Wie, wir sollen uns kurzfassen, das wurde mir gar nicht mitgeteilt“, erklärt Sozialsenatorin Katja Kipping zu Beginn – und wird dann natürlich trotzdem in professioneller Kürze, heiter und gelöst, jedem Gewinnerbetrieb den Preis überreichen, nicht ohne ihn vorher jeweils mit knappen Worten zu charakterisieren. 

Vor allem aber ist es Sängerin Jocelyn B. Smith, die die Atmosphäre auf ein für so einen offiziellen Termin wundersam entspanntes, emotionales Niveau hebt. Mit Mütze und weißer Daunenjacke sitzt sie am weißen Flügel, intoniert Leonard Cohens „Halleluja“, sachte summend, getragen, wunderschön, und so kriegt sie schnell den ganzen Raum dazu – „Come on, Integration!“ – mitzusingen.

Jocelyn B. Smith bringt alle zum Mitsingen

Vier Songs wird die New Yorkerin, die schon seit 40 Jahren in Berlin lebt und immer die Stimme für Minderheiten und Menschen am Rande erhebt, interpretieren, etwa „Shine A Light“. Und wandelt in schönstem Denglisch auf Gayle-Tufts-Spuren, als sie sich mit Pignatelli über die Schwierigkeiten, Inklusion zu leben, unterhält: „That’s the old Gesellschaft“, sagt sie. Und die müssten wir endlich überwinden. 

Seinen Teil dazu beigetragen hat Michael Thiel, Präsident des Lageso, der am 30. Dezember in Ruhestand geht. „Wir dürfen nicht nachlassen, Inklusion in der Arbeitswelt voranzubringen, und dazu bedarf es Vorbilder“, erklärt er. Sehr ernst beginnt dann Jürgen Dusel sein Statement, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung. Er schlägt einen rasanten Bogen vom Ort der Preisverleihung zur (heute nicht mehr existenten) Adresse Tiergartenstraße 4, wo Georg Liebermann, Bruder des Malers, eine Villa errichten ließ, in der die Nationalsozialisten später die Euthanasie-Morde planten.

„In vielen Staaten, aber auch in Deutschland ist autokratisches Denken im Aufwind, wird versucht, Menschen verächtlich zu machen und an den Rand zu drängen. Demokratie braucht Inklusion. Vielfalt ist ein Wert an sich“, so Dusel.  

Katja Kipping, Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, auf der Preisverleihung.

© Sandra Ritschel

Ins gleiche Horn stößt Stephan Böhm, Professor für Diversity Management und Leadership in St. Gallen („Es ist sehr gewagt von Ihnen, einen Forschenden einzuladen und ihm zehn Minuten Zeit zum Reden zu geben“): Diverse Arbeitsteams seien innovativer und leistungsfähiger, das würden Studien belegen. Er präsentiert Grafiken, schwärmt von ihrer „empirischen Schönheit“ – eine Formulierung, die der Begriff der Stunde und von Rednern und Rednerinnen nach ihm noch mehrmals zitiert wird. Den Unterschied von Diversity und Inklusion bringt Dusel mit folgendem Satz auf den Punkt: „Diversity bedeutet, man wird zur Party eingeladen, Inklusion, zum Tanzen aufgefordert.“ 

Grund zum Tanzen haben die vier Betriebe, die das von den Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung zum 20. Jubiläum neu gestaltete Preisobjekt sowie natürlich die Preissumme von je 10.000 Euro aus den Händen von Katja Kipping und Michael Thiel in Empfang nehmen dürfen. „Ich hätte das nie geschafft ohne eine starke Frau an meiner Seite“, erklärt Ömer Ayranci von der Avanta Textilproduktion Tempelhof und nimmt seine Gattin Tugba Ayranci in den Arm.

Geschäftsführer Lutz Neumann vom Jobcenter Lichtenberg erzählt, er habe erst gar nicht gewusst, warum sie sich um den Inklusionspreis bewerben sollten, so selbstverständlich sei Inklusion für ihn. Und dann singt Jocelyn B. Smith noch einmal: „Choose To Change“. 

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