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Demonstrant bei der Solidarischer-Herbst-Demonstration in Berlin im Oktober 2022.

© IMAGO/Mike Schmidt

Streit über Arbeit der Expertenkommission: Die drohende Neuwahl frisst den Volksentscheid

Wird die Wahl wiederholt, ist der Volksentscheid vom Tisch, glauben viele. Die Arbeit der Expertenkommission ist dennoch nicht umsonst.

Robert Kiesel
Ein Kommentar von Robert Kiesel

Stand:

Der Frust nicht nur in der Berliner Linkspartei ist groß und er bricht sich mit immer weniger Rücksicht auf die Koalitionspartner Bahn. Weil die Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ – anders als im umkämpften Einsetzungsbeschluss festgehalten – zum allergrößten Teil hinter verschlossenen Türen und damit alles andere als „im Grundsatz öffentlich“ arbeitet, hagelt es Kritik.

Von „Geheimhaltung“, „Arbeitsverweigerung“, „absurdem“ und „einfach lächerlichem“ Verhalten des an der Spitze der Stadtentwicklungsverwaltung stehenden Andreas Geisel (SPD) sprach der wohnungsbaupolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schenker (Linke), am Donnerstag. Die Hemmungen fallen – und Schuld daran ist nicht nur der vor dem Hintergrund einer absehbaren Wahlwiederholung aufkommende Wahlkampf.

Denn im Kern haben Schenker und Co ja durchaus recht: Eine Kommission, deren Arbeit bis auf die Veröffentlichung der Termine im Verborgenen stattfindet und deren Protokolle mit mehrmonatiger Verzögerung veröffentlicht werden, arbeitet nicht „im Grundsatz öffentlich“.

Misstrauen darf niemanden überraschen

Dass die Ansiedlung einer Geschäftsstelle für die Kommission ausgerechnet in jener Verwaltung, deren Spitze dem Vergesellschaftungsvorschlag erklärtermaßen kritisch gegenüber steht, zumindest mal Misstrauen erzeugt, darf auch niemanden überraschen.

Und so ist es beinahe doppelt tragisch, dass das von allen Seiten mit viel Leidenschaft betriebene Gezerre um den Volksentscheid am Ende – zumindest vorerst – vergebens sein könnte. Denn während die Chancen auf seine Umsetzung von Beginn an begrenzt waren, tendieren sie im Fall einer Wahlwiederholung gen Null.

Selbst Anhänger des Vorhabens gestehen ein, dass sich nach einer erneuten Wahl inklusive Koalitionsverhandlungen wohl kaum noch jemand für das Ergebnis der chronisch umstrittenen Kommission interessieren würde. Und je nach politischer Couluer der dann regierenden Koalition könnte das Projekt ohnehin schnell in der Versenkung verschwinden.

Und so wird immer wahrscheinlicher, was Linke und neuerdings auch Grüne hinter vorgehaltener ventilieren: Im Fall des Scheiterns muss ein neuer Volksentscheid her, dann eben mit Gesetzentwurf. Immerhin für dessen Vorbereitung wäre die Arbeit der Kommission von großem Wert.

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