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Warnstreik: Mittwoch und Donnerstag steht die BVG still.

© IMAGO//IMAGO/Florian Gaertner

Update

Tarifstreit im Berliner Nahverkehr: BVG hält Scheitern der Verhandlungen für möglich – droht jetzt ein unbefristeter Streik?

Im Tarifkonflikt mit Verdi hat die BVG ihr Angebot immer weiter verbessert. Doch die Gewerkschaft beharrt bislang auf ihren Maximalforderungen. Am Freitag wird erneut verhandelt.

Stand:

Mittwochfrüh begann ein 48-stündiger Warnstreik der Gewerkschaft Verdi. In Berlin fahren keine U-Bahnen, keine Straßenbahnen und kaum Busse. Der Streik endet Freitagfrüh um 3 Uhr. Sieben Stunden später, um 10 Uhr, treffen sich beide Seiten zur entscheidenden Verhandlungsrunde.

Sollte Verdi auch in dieser dann sechsten Gesprächsrunde bei den Maximalforderungen bleiben, ist aus Sicht von BVG-Personalchefin Jenny Zeller-Grothe ein Scheitern der Verhandlungen möglich. Zeller-Grothe ist Verhandlungsführerin des Unternehmens. Sie betonte am Mittwoch noch einmal, wie sehr die BVG den Arbeitnehmern in den vergangenen zwei Monaten entgegengekommen sei.

„Es ist höchste Zeit, dass die Gewerkschaft endlich auch Lösungsansätze und Kompromisse an den Tisch bringt, statt weiter auf Maximalforderungen zu beharren. Wir sind viermal auf die Gewerkschaft zugegangen. Kompromisse können nicht nur von einer Seite erwartet werden“, so Zeller-Grothe.

Der BVG-Vorstand versteht nur Druck

Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt

Am vergangenen Mittwoch bot die BVG eine Lohnsteigerung von im Schnitt 13,6 Prozent an und bei den Zulagen von bis zu 125 Prozent. Dies alles über nur noch zwei Jahre Laufzeit. Laut BVG erhöht sich das durchschnittliche Monatseinkommen von Fahrern um mehr als 600 Euro auf über 4000 Euro bei 39 Stunden Arbeit pro Woche. Bei Beschäftigten, die 37,5 Stunden arbeiten wollen, wären es 500 Euro plus im Monat. Das Paket hat einen Umfang von 250 Millionen Euro in 24 Monaten.

Verdi-Verhandlungsführer Jeremy Arndt wies auch dieses Angebot als „völlig unzureichend“ zurück. In einer Videoansprache an die Mitglieder sagte Arndt vor wenigen Tagen: „Der BVG-Vorstand versteht nur Druck.“

Er forderte die Mitglieder eindringlich auf: „Wir brauchen von euch ein deutliches Signal für die letzte entscheidende Verhandlungsrunde am kommenden Freitag.“ Die Beschäftigten reagierten wie gefordert und stimmten mehrheitlich für den jetzt laufenden vierten Warnstreik.

Verdi Verhandlungsführer Jeremy Arndt.

© Jörn Hasselmann

Verdi hat sich bislang null bewegt, kritisiert die BVG. Die Arbeitnehmer fordern 750 Euro mehr Lohn im Monat und eine drastische Erhöhung der Zulagen bei nur einem Jahr Laufzeit. Zusammen wären das für jeden der 16.600 Beschäftigten 1000 Euro mehr im Monat. Dies würde das landeseigene Unternehmen 250 Millionen Euro im Jahr kosten. Dies hatte die BVG von Beginn an als unfinanzierbar zurückgewiesen. Schon die bisherigen Zusagen seien eine Belastung für die Zukunft.

Bislang liegen die Personalkosten bei der BVG bei 45 Prozent. Würde Verdi sich durchsetzen, wären es 60 Prozent. Für die BVG wäre das finanziell nicht zu stemmen. Das Land Berlin habe zwar im Verkehrsvertrag Geld für Lohnerhöhungen zugesichert, aber längst nicht in dieser Höhe.

Am Freitag läuft das im Februar von Verdi gestellte Ultimatum aus: Wenn bis zum 21. März kein „akzeptables“ Angebot vorliegt, will man eine Urabstimmung einleiten. Das heißt: Die Gewerkschaft befragt die Mitglieder, ob sie für die Durchsetzung der Forderungen unbefristet streiken wollen. Ist eine Mehrheit von 75 Prozent dafür, könnte im April ein unbefristeter Streik bei der BVG beginnen. Was „akzeptabel“ ist, hat Verdi noch nicht erläutert.

In der BVG macht sich zunehmend die Sorge breit, dass die Gewerkschaft nur ihre Maximalforderungen für akzeptabel hält. Die Härte und Schärfe in dem Video von Verdi-Verhandlungsführer Arndt hat die Unternehmensleitung irritiert.

Bislang habe man an keinen Punkt tatsächlich einen Haken gesetzt, beklagt die BVG. Dabei sei man sich in einigen Punkten schon einig, zum Beispiel bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit. Wenn Verdi wieder keinen Kompromiss erkennen lasse, werde es am Freitag nur eine kurze Runde, kündigte Zeller-Grothe an. Vereinbart seien die Gespräche bis 17 Uhr. Man könne bei Kompromissbereitschaft aber auch die Nacht durch oder am Sonnabend weiterverhandeln, bot die Vorständin an.

Im Januar hatte die Gewerkschaft angedroht, dass diese Tarifauseinandersetzung so hart wie 2008 werden könnte. Damals war die BVG in Wellen über knapp sechs Wochen lang lahmgelegt worden. Aktuell lässt die BVG prüfen, ob man gegen einen neuen Streik juristisch vorgehen könne. Die Frage ist: Wäre ein weiterer Streik noch angemessen angesichts der bereits gebotenen Lohnerhöhungen? In der Vergangenheit war zum Beispiel die Deutsche Bahn immer wieder gescheitert mit Versuchen, Streiks durch Gerichte stoppen zu lassen.

Möglich wäre auch eine Schlichtung durch eine unabhängige Person. Dieses Verfahren hat es bei der BVG noch nie gegeben, in anderen Branchen sehr wohl. Da ein Schlichterspruch rechtlich nicht bindend ist, wäre ein unbefristeter Streik trotzdem möglich.

Berlins Unternehmer forderten Verdi zu einer Einigung auf. „Das Maß ist voll. Mit dem erneuten Warnstreik bei der BVG überzieht Verdi deutlich. Ein so weitreichender Ausstand ist nicht verhältnismäßig“, sagte Andreas Schulz, der stellvertretende Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Wenn Beschäftigte zwei Tage in Folge nicht oder nur mit Verspätung zur Arbeit kommen, entstehen den Betrieben Schäden in Millionenhöhe, sagte Schulz.

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