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Im Wintersemester 2019/20 soll an der Humboldt-Universität zu Berlin die Lehre am Islam-Institut beginnen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Neues Institut an der Humboldt-Universität: Trotz Streit mit Ditib: Islam-Institut soll 2019 starten

Der Streit um den Beirat des geplanten Islam-Instituts an der Humboldt-Universität geht weiter. Nun gibt es ein Treffen mit muslimischen Vertretern – obwohl der Vertrag „nicht nachverhandelbar“ ist.

Wie weiter mit dem Islam-Institut an der Humboldt-Universität? Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) will jetzt bei einem Treffen die Konflikte um die Gründung des HU-Instituts klären. Für den 13. April seien Vertreter der fünf beteiligten Islamverbände und der Humboldt-Universität eingeladen, sagte Michael Borgolte, der Gründungsdirektor des Instituts, dem Tagesspiegel.

Er persönlich sei trotz der Querelen „optimistisch, dass wir eine Lösung finden“. Gegründet werden solle das Institut auf jeden Fall: „Wir werden das jetzt einleiten, damit die Lehre zum Wintersemester 2019/20 starten kann.“ Auch HU-Präsidentin Sabine Kunst äußerte sich so.

Der Widerstand ist vor allem beim türkischen Moscheenverband Ditib groß, die von der HU ausgearbeitete Gründungsvereinbarung zu unterzeichnen. Tatsächlich hat bis zum Ablauf der Frist am 1. April nur ein Verband die Vereinbarung abgezeichnet, sagte Borgolte: nämlich der der Schiiten. Die anderen hätten sich überhaupt nicht geäußert. „Wir müssen jetzt herausfinden, was die Nicht-Äußerung bedeutet“, sagte Borgolte. Neben Ditib und den Schiiten sollen auch der Zentralrat der Muslime, die Islamische Föderation und die Islamischen Kulturzentren beteiligt werden.

Streit über Zweidrittelmehrheit

Bei dem Streit geht es um den Beirat des Instituts. Er muss Berufungen von Professoren und der Einrichtung von Studiengängen zustimmen, die bekenntnisgebundene Inhalte haben – die Absolventen sollen schließlich als Religionslehrer oder Imame arbeiten. In dem Gremium sollen fünf Verbandsvertreter und vier von der HU berufene muslimische Hochschullehrer sitzen.

Der Beirat soll mit einer Zweidrittelmehrheit entscheiden – die Verbände könnten die Hochschullehrer also nicht überstimmen. Die verweigernden Verbände lehnen den Abstimmungsmodus ab. Zudem ärgert sie, dass der Beirat nach drei Jahren evaluiert und für andere, liberale Muslime geöffnet werden könnte. Borgolte bekräftigte aber, der Vertrag sei „nicht nachverhandelbar“.

Die meisten Verbände waren am Dienstag nicht zu erreichen, eine Vertreterin des Zentralrates des Muslime sagte, man äußere sich nicht zu laufenden Verhandlungen. Dass Religionsvertreter bei bekenntnisgebundenen Studiengängen und Professuren mitentscheiden, steht ihnen grundgesetzlich zu. Die katholische und die evangelische Kirche haben bei Berufungen an „ihren“ Fakultäten das letzte Wort.

Besonders kompliziert beim Islam-Institut ist, dass Muslime kaum klar organisiert sind. Es gibt – je nach Zählweise – drei, vier Hauptströmungen und dutzende Einzelschulen im Islam, der weltweit bald zwei Milliarden Gläubige umfasst. Zumindest geschätzt, denn formelle Mitgliedschaften fehlen: Als Muslim wird man, so die Annahme, geboren – eine (bewusste) Mitgliedschaft in einer religiösen Organisation wie den christlichen Kirchen gibt es nicht.

Senat und HU hatten sich für fünf konservative Verbände entschieden, weil diese die größten und somit „sozial wirkmächtigsten sind“, wie Borgolte sagte. Es bleibe aber problematisch, dass diese Verbände nur ein Viertel der Muslime in Deutschland vertreten.

Ditib soll türkischer Regierung unterstehen

Für die Verbände ist die Kooperation mit der HU, dem Senat und untereinander nicht selbstverständlich. Ditib-Funktionäre unterstehen der Regierung in Ankara, unterliegen also politischer Führung. In Ditib-Einrichtungen sollen oppositionelle Türken bespitzelt worden sein, dazu soll es gegen die säkularen Kurden in Nordsyrien gerichtete Aufrufe gegeben haben.

Die Ditib-Spitze bestreitet das, tatsächlich gibt es in dem Verband – der bundesweit 900 Moscheen betreut – eine gewisse Bandbreite. Die Islamische Föderation wiederum gibt Religionsunterricht in Berlin, wurde aber einst vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch den Islamischen Kulturzentren wurden antisemitische, antiwestliche Agitation vorgeworfen – alle Verbände bestritten die Vorwürfe. Die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden soll – so sagen Sicherheitsexperten – dem Mullah-Regime Irans nahestehen.

Insbesondere Ditib ist auch an der HU umstritten. Wäre man in der HU-Leitung froh, wenn sich Ditib verabschiedet? „Nein“, sagt Borgolte. „Für die Akzeptanz der Studierenden ist es wichtig, dass sie möglichst viele Anstellungschancen haben, also auch in den Moscheen von Ditib arbeiten können.“

Und was, wenn sich einige Verbände bis zuletzt verweigern? Die CDU schlägt Seyran Ates von der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee für den Beirat vor. Die Grünen bringen erneut das Modell des Hamburger „Schura“ ins Spiel, in dem alle Moscheengemeinden vertreten sind. Ein solcher Rat solle die fünf Vertreter für das Institut aus seiner Mitte wählen: „Jetzt ist die Zeit für einen Neustart.“

Gründungsdirektor Borgolte möchte das nicht öffentlich diskutieren. Prinzipiell habe man mit der Bildung des Beirates noch Zeit, bis die erste Professorenberufung ansteht, was Ende des Jahres sein wird. Es solle sich aber schon in den kommenden Wochen klären, mit welchen Verbänden kooperiert wird.

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