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Umstrittene Umfrage: Berliner CDU-Mitglieder geben Koalitionsvertrag Schulnote 3
Anders als der Bundesverband ließ die Berliner CDU ihre Mitglieder über die Vereinbarungen mit der SPD abstimmen. Nun liegen die Ergebnisse der Befragung vor.
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Die Berliner CDU-Mitglieder haben den Koalitionsvertrag in einer internen Umfrage im Schnitt mit der Schulnote 3 bewertetet. Das geht aus einer E-Mail der Berliner CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein an die Parteimitglieder hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Die Umfrage hatte im Vorfeld für Aufsehen gesorgt. An der CDU-Basis war in den vergangenen Wochen mehrfach Kritik am Koalitionsvertrag laut geworden. Der Bundesverband der CDU lässt seine Mitglieder anders als die SPD jedoch nicht über die erzielten Vereinbarungen abstimmen. Dass die Berliner CDU ihre Mitglieder dennoch befragte, deuteten manche als Affront von Berlins Regierendem Bürgermeister und CDU-Landeschef Kai Wegner gegenüber Friedrich Merz. Das Verhältnis von Wegner und Merz gilt seit längerem als belastet.
In der Berliner CDU versuchte man diesen Eindruck vergangene Woche rasch zu zerstreuen. Auch in ihrer E-Mail betonte Generalsekretärin Klein nun, dass der Berliner Landesverband „Umfragen wie diese seit über 10 Jahren zu verschiedensten Themen“ durchführt. So habe man 2013 im Vorfeld der Großen Koalition die Mitglieder ebenfalls befragt. Damals sei der Koalitionsvertrag mit einer „3-“ bewertet worden, schreibt Klein.
Die Frage, ob es Deutschland am Ende der aktuellen Legislaturperiode besser gehen werde, beantworteten 58,1 Prozent der Mitglieder mit „Ja“, 30,7 Prozent glauben das hingegen nicht. Etwas mehr als die Hälfte halten Schwarz-Rot für die „vernünftigste Koalitionsoption“, auf ausdrückliche Zustimmung stößt das Bündnis mit der SPD jedoch nur bei 9,6 Prozent.
Zustimmung für Merz’ Kehrtwende in der Finanzpolitik
Auch zu den einzelnen Sachthemen bezogen die 1403 Berliner CDU-Mitglieder, die an der Umfrage teilnahmen, Stellung. Hinsichtlich des Ziels, den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben, ist die Berliner CDU geteilt. 48,2 Prozent sehen das Vorhaben eher positiv, 48,1 Prozent eher kritisch. Die Abschaffung des Bürgergelds und die Einführung einer neuen Grundsicherung befürworten 84,6 Prozent.
Ähnliche Zustimmungswerte erreichten die Pläne für die Einführung eines Nationalen Sicherheitsrates (82,3 Prozent), die Entlastung der Wirtschaft von Bürokratie (82 Prozent) und die Einführung der Aktivrente (76,1 Prozent). Zwei Drittel der CDU-Mitglieder sind zudem davon überzeugt, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Begrenzung der Migration wie zum Beispiel Grenzkontrollen und Zurückweisungen eine „sachgerechte Lösung“ sind.
Viel Kritik musste Merz für seine Kehrtwende in der Finanzpolitik einstecken. Die Mehrheit der Berliner CDU-Mitglieder blickt allerdings positiv auf die bereits vollzogene Reform der Schuldenbremse, die nun Ausnahmen für Verteidigungsausgaben und mehr Spielraum für die Bundesländer lässt. Gleiches gilt für die Einrichtung eines Sondervermögens für Infrastruktur im Umfang von 500 Milliarden Euro. Rund 70 Prozent unterstützen die beiden Vorhaben.
Landeschef Wegner hatte eine Reform der Schuldenbremse seit langem gefordert, CDU-Chef Merz hatte dies noch im Wahlkampf abgelehnt. Nur jedes fünfte Berliner CDU-Mitglied ist der Meinung, die Schuldenbremse hätte nicht reformiert werden sollen.
Ottilie Klein, die bei der Wahl erneut für die Berliner CDU in den Deutschen Bundestag eingezogen ist, bezeichnet den Koalitionsvertrag in ihrer E-Mail als guten Kompromiss, „der bei zentralen Punkten den notwendigen Politikwechsel bringen“ werde. Die geplanten Maßnahmen würden „das Leben vieler Menschen in Deutschland besser machen“.
Der Bundesverband der SPD lässt seine rund 360.000 Mitglieder noch bis zum 29. April darüber abstimmen, ob die Partei den ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der Union abschließen soll oder nicht. Das Ergebnis sei „bindend, wenn mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten sich an der Abstimmung beteiligt haben“, heißt es von der SPD.
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