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Unbefristeter Ausstand wird wahrscheinlicher: Neuer BVG-Warnstreik am Mittwoch und Donnerstag
Der Tarifstreit bei Bus und Bahn eskaliert erneut. Am Mittwoch und Donnerstag werden die Beschäftigten der BVG erneut streiken.
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Nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen zwischen den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und Verdi hat die Gewerkschaft den nächsten Warnstreik bei dem Unternehmen angekündigt. Man rufe die BVG-Beschäftigten nächste Woche Mittwoch und Donnerstag zu einem 48-stündigen Ausstand auf, teilte die Gewerkschaft mit.
„Die BVG ist auch in der sechsten Verhandlungsrunde ein Angebot schuldig geblieben, das der verantwortungsvollen Arbeit der Beschäftigten gerecht wird und die drastischen Preissteigerungen der letzten Jahre sowie den deutlichen Lohnabstand im bundesweiten Vergleich ausreichend kompensiert“, sagte Verhandlungsführer Jeremy Arndt. Nun sei auch der Berliner Senat gefragt, „endlich Verantwortung zu übernehmen und die Finanzierung angemessener Löhne bei der BVG sicherzustellen“.
Der Ausstand soll am Mittwoch mit Betriebsbeginn gegen 3.00 Uhr morgens beginnen und am Freitagmorgen mit Betriebsbeginn gegen 3.00 Uhr enden. Überraschenderweise hatte Verdi die Mitglieder vor der Streik-Entscheidung am Abend nicht befragt.
Zuvor war die entscheidende Tarifrunde zwischen der Gewerkschaft Verdi und den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) am Freitagnachmittag gescheitert. Verdi teilte anschießend mit, die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik vorzubereiten.
Die BVG verurteilte die Ankündigung weiterer Warnstreiks „aufs Schärfste“. „Während die BVG die Schlichtung vorschlägt, um den Konflikt zu lösen, reagiert die Gewerkschaft destruktiv. Das macht man nicht“, teilte das Unternehmen mit. Damit habe Verdi den Bogen überspannt. „Ein weiterer Streik auf dem Rücken der Berlinerinnen und Berliner wäre ein Unding!“
Die BVG hatte der Gewerkschaft am Freitag vorgeschlagen, den Konflikt über eine Schlichtung zu lösen. „Um weiteren Schaden und neue Streiks für Berlin abzuwenden, ruft die BVG die Gewerkschaft Verdi auf, den bestehenden Tarifkonflikt schnellstmöglich über eine Schlichtung zu lösen“, hieß es in einer zweiten Mitteilung am Abend. Die Gespräche könnten aus Sicht der BVG bereits in der kommenden Woche starten.
Verdi begründete die Entscheidung für das Beenden der Gespräche so: „Erneut hat die BVG ein Angebot verweigert, welches die Reallöhne der Beschäftigten sichert und ihre Leistungen angemessen honoriert“, teilte Verhandlungsführer Jeremy Arndt mit. Man brauche „eine Lohnerhöhung, die die extremen Preissteigerungen der vergangenen Jahre ausgleicht“. Das bisherige Angebot der BVG sei weit davon entfernt.
Verdi-Ultimatum dauerte 40 Tage
Am Freitag war das im Februar gestellte Ultimatum von Verdi abgelaufen. Wenn bis zum 21. März kein „akzeptables“ Angebot vorliege, werde man die Urabstimmung einleiten, so die Drohung damals. Die BVG habe die 40 Tage dieses Ultimatums nicht für ein akzeptables Angebot genutzt, hieß es nun bei Verdi.
Die BVG hatte kurz nach dem Abbruch mit einem scharfen ersten Statement reagiert: „Im Verlauf der Verhandlung ist deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung 750 Euro bzw. 30 Prozent mehr Gehalt pro Monat festhält.“
Die BVG kündigte an, dass eine weitere Erhöhung des Lohnangebots „nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen kann“. Die Drohung ist also: Dann fahren in Zukunft weniger Busse und Bahnen in Berlin.
Gewerkschaft zum Äußersten bereit
Verdi hatte bereits auf einer Kundgebung am Donnerstag angekündigt, keine Kompromisse eingehen zu wollen. Auch das letzte Angebot der Arbeitgeber sei völlig unzureichend. „Wir sind zum Äußersten bereit“, hatte Verhandlungsführer Jeremy Arndt gesagt – und die Arbeitgeberseite und die Politik für die Eskalation verantwortlich gemacht.
„Wir werden uns nicht bewegen. Die Arbeitgeberseite muss sich bewegen“, hatte Arndt weiter gesagt. Auch die BVG hatte zuvor durchblicken lassen, dass die für 17 Uhr angesetzte Tarifrunde vorzeitig abgebrochen werde, wenn Verdi wieder keinen Kompromiss erkennen lasse. Ein neues Angebot hat die BVG am Freitag nicht mehr vorgelegt.
Wir sind am Limit unserer finanziellen Möglichkeiten.
Jenny Zeller-Grothe, Personalchefin der BVG
Arndt hatte auf der Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus die Politik zum Handeln aufgefordert. Die BVG sei ein landeseigenes Unternehmen, der Senat müsse Verantwortung für das Personal übernehmen und mehr Geld für die BVG bereitstellen. BVG-Personalchefin Jenny Zeller-Grothe hatte mehrfach betont: „Wir sind am Limit unserer finanziellen Möglichkeiten.“
Im Januar hatten die Verhandlungen begonnen. Verdi fordert 750 Euro mehr Lohn im Monat und eine drastische Erhöhung der Zulagen bei nur einem Jahr Laufzeit. Zusammen wären das für jeden der 16.600 Beschäftigten etwa 1000 Euro mehr im Monat. Dies würde das landeseigene Unternehmen 250 Millionen Euro im Jahr kosten – was die BVG von Beginn an als unfinanzierbar zurückgewiesen hatte. Schon die bisherigen Zusagen in Höhe von 125 Millionen Euro pro Jahr seien eine Belastung für die Zukunft.
Zuletzt hatte die BVG eine Lohnsteigerung von im Durchschnitt 13,6 Prozent angeboten und bei den Zulagen ein Plus von bis zu 125 Prozent. Dies bei zwei Jahren Laufzeit. Laut BVG erhöhe sich das durchschnittliche Monatseinkommen von Fahrern damit um mehr als 600 Euro auf über 4000 Euro bei 39 Stunden Arbeit pro Woche. Bei Beschäftigten, die 37,5 Stunden arbeiten wollen, wären es 500 Euro plus im Monat.
Der Streik könnte im April beginnen
Es sei „nicht nachvollziehbar, weshalb es auf Seiten von Verdi keinerlei Bewegung gibt“, hieß es bei der BVG. „Es liegt ein Angebot auf dem Tisch, das im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld seinesgleichen sucht.“
Für einen Erzwingungsstreik ist eine Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern nötig. Ist eine Mehrheit von 75 Prozent dafür, könnte im April ein unbefristeter Streik bei der BVG beginnen.
Die BVG hatte in den vergangenen beiden Monaten vier immer weiter verbesserte Angebote vorgelegt. Vor der von Verdi als entscheidend eingestuften Runde hatte Verhandlungsführerin Zeller-Grothe Verdi aufgefordert, endlich von den Maximalforderungen abzurücken: „Es ist höchste Zeit, dass auch die Gewerkschaft Kompromisse an den Tisch bringt.“ (mit Tsp)
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