
© Anna Thewalt/Tagesspiegel
„Unsere Bildung steht auf dem Spiel“: Tausende demonstrieren gegen Sparpolitik des Berliner Senats
Gewerkschaften, Kulturinstitutionen und Sozialverbände demonstrieren vor dem Roten Rathaus gegen die Kürzungspolitik des Senats. Man sei „in großer Sorge“, hieß es von der Diakonie.
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Mit einem großen aufblasbaren Dinosaurier steht Cindy Hausmann vom Jugendkulturzentrum Pumpe neben dem Neptunbrunnen am Roten Rathaus. Er ist ihre Verstärkung für den Protest gegen die Kürzungspolitik des Senats.
„Schon vorher haben die Mittel nicht für unsere Personalkosten gereicht“, sagt sie. Mit der Vermietung der eigenen Räume haben man sich über Wasser gehalten. Mit den neuen Kürzungen müsse man nun das Angebot stark reduzieren.
In Schulprojektwochen des Kulturzentrums können sich Schulkinder kreativ in der Fotokammer, auf der Bühne oder mit Musik austoben. „Früher konnten wir 27 Projektwochen anbieten, jetzt können wir eigentlich nur noch sechs schaffen“, sagt Hausmann.
Wie sie sind Tausende am Sonnabend dem Aufruf eines breiten Bündnisses gefolgt, um gegen die Kürzungen des Berliner Senats zu demonstrieren. Zusammengeschlossen haben sich dafür die Kulturinstitutionen der Stadt, Sozialverbände, die Gewerkschaften Verdi und GEW sowie zahlreiche weitere kleinere Vereine und Institutionen.

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Nach Angaben der Polizei kamen rund 5200 Menschen für den Protest zusammen, angemeldet waren 10.000 Teilnehmende. Die Initiativen und Verbände sehen den sozialen Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt Berlins akut gefährdet.
Auch Berliner Hochschulen wie die Universität der Künste (UdK) waren bei der Demo unter dem Motto „Berlin ist unkürzbar“ vertreten. Die 21-jährige Architekturstudentin Franka M. sorgt sich um ihren Studiengang an der UdK. „Unsere Bildung steht auf dem Spiel“, sagt sie.
Das Budget für ihr Institut sei fast um die Hälfte gekürzt, mehrere Professorenstellen könnten wegfallen. „Ganz viele überlegen jetzt: Bleiben wir? Können wir so überhaupt weiterstudieren?“, berichtet sie. Die eingesparten Kosten stünden in keinem Verhältnis zu dem, was sie kaputt machten.

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Musiklehrer Gerald Meier, 66 Jahre alt, läuft weiter hinten bei dem Demonstrationszug, er hat seine Kinder als Verstärkung mitgebracht. Auch er ist besorgt. „Wir sind sehr unglücklich, weil wir eigentlich seit Jahrzehnten für bessere Bedingungen kämpfen. Jetzt drohen sie, noch schlimmer zu werden“, sagt er. Dabei sei sein Job schon immer prekär gewesen. Schon jetzt gebe es an den Musikschulen lange Wartelisten, neue Verträge würden nicht abgeschlossen. Meier fürchtet, dass die Preise für Musikunterricht steigen könnten. „Genug Gründe, um zu protestieren“, resümiert er.
Kritik an Intransparenz
Die Künstlerin Stefanie Bühler, 47, läuft mit einem großen Schild auf der Demo mit: „Senat essen Seele auf“, steht dort. Sie hat ein von der Kulturverwaltung gefördertes Atelier. „Wir Künstler sind nicht nur im Atelier, sondern überall in der Stadt“, sagte sie. Man bringe sich in der Bildung ein, in der Stadtgesellschaft
Sie mache sich nicht nur Sorgen um die Finanzierung, sondern generell darum, „dass man unsere Stimmen weniger hören wird“. Sie kritisiert die Intransparenz, mit der die Kulturverwaltung die Einsparungen umsetzt. Das führe zu einer „riesigen Unsicherheit“.
Diakonie-Vorständin Andrea Asch hatte schon im Vorfeld der Demo darauf hingewiesen, dass sich die gesamte Berliner Zivilgesellschaft aus ihrer Sicht „im Zangengriff landespolitischer Kürzungen“ befände. Man sei „in großer Sorge“, dass mit den Kürzungen die soziale Infrastruktur und der soziale Frieden in der Stadt „nachhaltig und auf Dauer“ Schaden nehme.
Kurz nach Ende der Demonstration wurde bekannt, dass zumindest ein Teil der von der Bildungsverwaltung angekündigten Kürzungen abgefedert werden sollen. Nach dem Willen der SPD soll die SPD-geführte Sozialverwaltung einspringen und Mittel für die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA), das Projekt „Meet2respect“ sowie mehrere Queerprojekte bereitstellen.
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