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„Wandel“ lautete das Motto im Jahr 2019. Diesmal soll es um Pressefreiheit und Solidarität mit der Ukraine gehen.

© Britta Pedersen/picture alliance/dpa

Solidarischer Tanz in Berlin: Viele Last-Minute-Absagen beim Bundespresseball – und eine überraschende Zusage

Nach zwei Corona-Verschiebungen steht der Bundespresseball dieses Jahr im Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Aus Kiew kommt ein Überraschungsgast.

Wer am Freitagabend über den Pariser Platz spaziert, kann unter Umständen das mühsame Comeback des großen Berliner Gesellschaftslebens live in Augenschein nehmen. Die Bundespressekonferenz hat zum ersten Ball seit Beginn der Pandemie ins Hotel Adlon geladen. Der verlangt bei den Damen große Roben und bei den Herren Frack oder Smoking.

Statt um „Horizonte“, wie ursprünglich geplant, soll es bei dem Ball diesmal um Pressefreiheit und Solidarität mit der Ukraine gehen, die sich wie ein blaugelbes Band durch den Ball ziehen soll.
Zweimal war der Ball wegen der Pandemie schon verschoben worden.

Es ein drittes Mal zu tun, hätte angesichts des Krieges nahegelegen. „Aber wem hätte das genützt?“, fragte der Geschäftsführer der Bundespresseball GmbH, Tim Szent-Ivanyi, kurz vorab. Die Entscheidung, trotz allem zusammen zu kommen, hing wohl auch damit zusammen, dass es in einer Zeitenwende jede Menge zu besprechen gibt. So wollen sich 1800 Gäste auf überschaubarem Raum versammeln.

Die Unbeschwertheit, die zu einer rauschenden Ballnacht eigentlich dazu gehört, wird aber fehlen. Dafür sprechen auch einige Last-Minute-Absagen, unter anderem von Außenministerin Annalena Baerbock, Innenministerin Nancy Faeser, Arbeitsminister Hubertus Heil und dem Popstar Marius Müller-Westernhagen.

Der Bundeskanzler könnte eh erst nach der Rückkehr von seiner Japanreise am späten Abend kommen, hat allerdings schon früher abgesagt. Und der Bundespräsident, sonst fest gesetzter Stammgast, hat, wie berichtet, seine Teilnahme ebenfalls abgesagt – aber signalisiert, dass er spenden wolle. Wer live dabei ist, kann das jederzeit vor Ort tun, Hostessen mit Sammelboxen stehen bereit.

Natalia Klitschko kommt

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat die Einladung zu einem Grußwort angenommen. Auch die Sängerin und Frau des Bürgermeisters von Kiew, Natalia Klitschko, will im Adlon dabei sein. Der Vorsitzende der Bundespressekonferenz, Mathis Feldhoff, sprach von wenigen kritischen Stimmen und überwältigend positiven Reaktionen unter den Journalisten.

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Zur Eröffnung sollen neben Mathis Feldhoff die Korrespondentin beim ukrainischen Fernsehsender „1+1“ und stellvertretende Vorsitzende des Vereins der Ausländischen Presse in Deutschland, Natalia Fiebrig, und der Vorstand von „Reporter ohne Grenzen“ Michael Rediske sprechen.

Ukrainisch-deutsche Tanzpaare

Dass der Eröffnungswalzer zwei ukrainisch-deutschen Tanzpaaren überlassen werden soll, hatte man schon vor der Absage des Bundespräsidenten entschieden, der normalerweise diese Aufgabe übernimmt. Dazu gehörten auch die Brote, die von Frauen aus Odessa gebacken hatten zugunsten der Lebensmittelversorgung in der Ukraine. Sie stehen als Giveaways bereit.

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Küchenchef Stephan Eberhard will unter dem ursprünglichen Motto „Horizonte“ nicht nur berauschende Speisen aus Hanf, Mohn und Muskat zubereiten oder gesundes Fast Food wie vegane Ravioli mit Gewürzaprikosen, sondern hält nun auch Quarkküchlein und Honigkuchen nach Rezepten aus der Ukraine bereit.

Antivirale Luftreiniger

Außerdem beteiligen sich die Veranstalter an zwei Klimaprojekten, um unvermeidbare Emissionen auszugleichen. Und alle Teilnehmer müssen dreifach geimpft und aktuell getestet sein und können sich bei akuten Attacken von Corona-Angst von einem antiviralen Luftreiniger beruhigen lassen.

Wie dann der 70. Bundespresseball gefeiert wird, der voraussichtlich im kommenden Frühjahr stattfindet, darüber kann bei allem pandemiebedingt aufgestauten Redehunger kaum spekuliert werden. An so viel Ungewissheit über die Zukunft wie bei diesem Ball wird sich wohl keiner der teilnehmenden Politik-Experten erinnern.

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