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Keine Scheu vor Rechtsextremen: Anastasia Wirsing (BSW) spricht auch mit dem „Compact“-Magazin.

© picture alliance/dpa/Christoph Reichwein

Wagenknecht-Jugend will am rechten Rand fischen: BSW-Nachwuchs gibt „Compact“ Interview bei Demo in Berlin

Anastasia Wirsing, die Vorsitzende des BSW-Jugendverbandes, hat ihr erstes Interview dem rechtsextremen „Compact“-Magazin gegeben – und wirbt um dessen Leser.

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Anastasia Wirsing, die Vorsitzende des frisch gegründeten Jugendverbands der Wagenknecht-Partei BSW, trat bislang nur selten öffentlich in Erscheinung. Nun ist das erste Video-Interview mit der 21-Jährigen veröffentlicht worden – ausgerechnet mit dem rechtsextremen „Compact“-Magazin. Das Gespräch wurde nach der Gaza-Demonstration am Samstag vor dem Brandenburger Tor geführt und Sonntagabend veröffentlicht.

Wirsing war sich dabei im Klaren, mit wem sie sprach: „Vielen Dank auch für das Interview und dass sie auch bereit sind, einem Medium wie ‚Compact‘ ein Interview zu geben“, sagte der Mitarbeiter am Ende des Gesprächs. „Ich hoffe auch, dass Eure Leser sich mehr mit dem BSW beschäftigen, dass wir mehr Leute überzeugen können“, antwortete Wirsing.

Die Mitarbeiter des rechtsextremen Magazins versuchen regelmäßig, Politiker in Interviews zu verwickeln, wohl mit dem Ziel, sich dadurch den Anstrich eines normalen Mediums zu geben. Gelungen ist es ihnen im Januar bei dem damaligen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und dem CDU-Politiker Jens Spahn. Beide wurden von einem Mitarbeiter des Magazins am Rande einer Demonstration angesprochen. Lindner und Spahn sollen laut ihren Sprechern nicht gewusst haben, mit wem sie es in dem Gespräch zu tun hatten – anders als Anastasia Wirsing.

BSW-Unterstützer feiern „Compact“-Interview

Die 21-Jährige ist die erste Vorsitzende des BSW-Jugendverbandes „Jugend im BSW“ (JSW). Die Lehramtsstudentin aus Thüringen wurde auf der Gründungsversammlung Ende Juli in Bochum mit 105 von 113 abgegebenen Stimmen gewählt. Das JSW müsse „ein Jugendbündnis mit Wucht, mit Ideen, mit Wirkung“ sein, sagte sie in ihrer Bewerbungsrede. Rund 150 Menschen waren laut JSW zur Gründung des Jugendverbands gekommen. 

Bei anderen Mitgliedern der BSW-Jugend kam das Interview gut an: „Anastasia hat Dominik Reichert ein beeindruckendes Interview gegeben“, schrieb der stellvertretende JSW-Vorsitzende Marlon Borchers auf der Plattform X. Auch bei anderen BSW-Accounts kam das Interview gut an. „Reinhören und teilen!“, schrieb das BSW Main-Kinzig-Kreis in Hessen.

Das „Compact“-Magazin war zwischenzeitlich verboten, im Juni hob das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Verbot auf. Das Gericht sah zwar zahlreiche verfassungsfeindliche Aussagen in dem Magazin. Allerdings sah man diese nicht als „prägend“ an. Die Agenda des Magazins bleibt unverändert: „Das Regime muss gestürzt werden“, sagte „Compact“-Chef Jürgen Elsässer wenige Wochen nach dem Verbot auf einer gemeinsamen Feier von NPD- und AfD-Leuten.

Was Wagenknecht und „Compact“ verbindet

„Compact“-Chef Elsässer war in den Neunzigerjahren ein Linker. Er und Wagenknecht kennen sich aus dieser Zeit, haben sogar ein gemeinsames Buch geschrieben: „Vorwärts und vergessen? Ein Streit um Marx, Lenin, Ulbricht und die verzweifelte Aktualität des Kommunismus“ (1996). Später trennten sich ihre Wege: Elsässer erfand sich als Rechtsextremist neu, gründete 2010 das „Compact“-Magazin.

Seitdem wirbt er, bislang vergeblich, um eine Querfront, also um ein Bündnis zwischen rechtsextremen und linksextremen Kräften. Hoffnungen setzt er dabei in Wagenknecht: „Sahra Wagenknecht ist die nationalste Versuchung, seit es Sozialismus gibt“, schrieb er 2021 in „Compact“ über die damals noch Linken-Politikerin.  

Wagenknecht und Elsässer verbindet auch ihre Haltung zu Russland: Elsässer bezeichnet sich offen als „Putin-Unterstützer“, „Compact“ gibt sogar Putin-Merchandise heraus: die „Patriot Putin“-Siegermedaille. Wagenknecht, der vielfach eine Nähe zu Kreml-Positionen attestiert wird, sagte auf der Demonstration am Samstag: „Man hatte ja das Gefühl, manchen kamen die russischen Drohnen über Polen ganz recht, um die nächste Schraube an der Eskalationsspirale zu drehen. (...) Wir glauben eure Lügen nicht.“ Während ihrer Rede wehte auch eine Flagge von „Compact“ gut sichtbar im Publikum.

Bislang zeigte die Wagenknecht-Partei zumindest nach außen Distanz zu Elsässers rechtsextremem Heft. Die JSW-Vorsitzende Wirsing hat keine Berührungsängste mehr. Das Interview selbst blieb oberflächlich, Wirsing sagte, sie wolle sich für Bildung und „Frieden“ einsetzen, schließlich sei das BSW „die einzig konsequente Friedenspartei“. „Das müssen nur genug Leute mitbekommen, das müssen auch Ihre Leute mitbekommen“, so Wirsing zu dem „Compact“-Mitarbeiter. Das Drängen ist politisch nachvollziehbar: Bei der Bundestagswahl verpasste die Wagenknecht-Partei knapp den Einzug in den Bundestag.

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