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Überfüllte Asservatenkammer: Berliner Polizei soll Razzien verschieben – kein Platz für Waffen und Diebesgut
Die Asservatenkammer der Justiz ist überfüllt. Die Spitze des Landeskriminalamtes reagiert mit einer internen Anweisung zu Durchsuchungen. Ermittler finden das „beunruhigend“.
Stand:
Die Berliner Polizei, mit 28.000 Bediensteten eine der größten Sicherheitsbehörden bundesweit, diskutiert heftig darüber, geplante Razzien verschieben zu müssen. Auslöser ist ein Rundschreiben der Spitze des Landeskriminalamtes (LKA) an die Dienststellen von Ende Juni, das sich wiederum auf die Staatsanwaltschaft bezieht.
Die gab vor einigen Tagen bekannt, dass die Asservatenstelle im Kriminalgericht Moabit ab 1. Juli bis auf Weiteres wegen Überfüllung geschlossen sei. In der LKA-E-Mail heißt es nun: „Zur Reduzierung des derzeitigen Asservatenaufkommens soll jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die Durchführung von Durchsuchungen – soweit rechtlich und taktisch vertretbar – aufschiebbar ist.“
Angesichts von Großlagen, Krankheits- und Urlaubsfällen werden Einsätze ohnehin ständig priorisiert. Razzien, für die viele Polizisten gebraucht werden, werden mitunter mehrfach verschoben, bis ausreichend Personal bereitsteht. Dennoch beunruhigt das Schreiben viele Ermittler. Dringende Einsätze – etwa nach Kapitalverbrechen, Überfällen, Sexualdelikten – sowie lange geplante Razzien gegen Großdealer, Geldwäscher und Terrorverdächtige werden wohl nicht abgesagt. Allerdings könnten Durchsuchungen wegen Diebstahls, Hehlerei oder Betrugs- und Steuervergehen vorerst ausfallen.
Diskutiert wird auch in den Berufsverbänden. „Wenn die Justiz die Asservatenkammer renoviert, ausbaut und anders organisiert, ist das sicher nötig. Nur kam die Anweisung, dass die Stelle bis auf Weiteres geschlossen ist, ziemlich überraschend“, sagte der Vize-Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Frank Teichert, dem Tagesspiegel. „Die örtlichen Polizeiabschnitte und Räume im Landeskriminalamt werden bald übervoll sein, bedeutet also: Bis wann sind neue Beschlagnahmungen überhaupt noch möglich?“
Hintergrund ist, dass konfiszierte Stücke zunächst auf Polizeiwachen oder ins LKA gebracht werden. Sobald die Staatsanwaltschaft in den jeweiligen Fall involviert wird, kommen die Gegenstände überwiegend nach Moabit. Dort lagern Kleidung, Tatwerkzeug, Diebesgut, Hehlerware, gefälschte Markenprodukte, Waffen. Konfiszierte Autos, Sprengstoffe und Betäubungsmittel sind meist woanders untergebracht.
Im Keller in Moabit werden auf 2500 Quadratmetern in 30 Räumen insgesamt rund 35.000 Asservate verwahrt. Bis zu 25.000 Beweisstücke kommen pro Jahr dazu. Ist ein Urteil rechtskräftig, können die Gegenstände ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben, versteigert oder vernichtet werden.
Wie lange dauert die Notlage?
„Einsätze könnten aufgeschoben werden, wenn keine Gefahr in Verzug besteht oder es um weniger schwere Delikte geht – das ist üblich, schon wegen gelegentlich fehlenden Personals“, sagte Carsten Milius vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. „Nur ist das aktuelle Signal trotzdem beunruhigend. Berliner Polizisten finden auch bei Einsätzen, die vielleicht keine Priorität hatten, öfter Betäubungsmittel, Waffen, gestohlene oder unverzollte Waren. Wir hoffen, dass die Asservatenstelle schnell wieder voll genutzt werden kann.“
Die Moabiter Asservatenkammer, eine der größten Deutschlands, müsse des Arbeits- und Brandschutzes wegen dringend saniert werden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Man bedauere die entstandenen Verzögerungen und werde die Schließung so kurz wie möglich halten. Für eine Zwischennutzung sei bereits eine andere Liegenschaft im Blick.
Ein Sprecher sagte zudem, ob in einem nicht eiligen Verfahren eine Durchsuchung eine Woche früher oder später stattfinde, sei – solange die davon betroffenen Personen nichts davon ahnen – weitestgehend irrelevant. Ob und wie viele Einsätze schätzungsweise verschoben werden müssen, teilte die Polizei nicht mit.
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