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Gilt auch in Pandemiezeiten. Ohne Fahrschein keine Fahrt.

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Berlinpässe kommen ab März: Wenn der Kontrolleur nach dem Hartz-IV-Bescheid fragt

Derzeit muss bei Kontrollen in Bussen und Bahnen der Hartz-IV-Bescheid im Original vorgezeigt werden. Eine Betroffene sieht einen Verstoß gegen den Datenschutz.

Seit einem Jahr werden keine "Berlinpässe" mehr ausgestellt und abgelaufene auch nicht aktualisiert. Dies sollte die Bürgerämter zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns im März entlasten. Mit dem Berlinpass können Arbeitslose und Hartz-IV-Bezieher günstig Bus und Bahn fahren, nämlich für 27,50 Euro pro Monat. Der Kauf des "Berlin-Tickets S"  ist zwar weiter möglich, doch die Bezieher von Hartz IV müssen den Bescheid im Original dabei haben, wenn sie in eine Kontrolle bei BVG oder S-Bahn geraten. 

Leserin Friederike Böttcher findet das empörend. "Vor allen anderen Fahrgästen muss man in der U-Bahn den Bescheid vorzeigen", kritisiert sie. Dies sei eine Stigmatisierung und aus ihrer Sicht ein Verstoß gegen den Datenschutz. Schließlich können alle anderen Fahrgäste anhand des Din-A4-Bogens erkennen, dass man Hartz IV beziehe.

Der frühere Berlinpass hatte Scheckkartenformat und sei "diskret" vorzeigbar gewesen. Böttcher nennt das Vorgehen der Kontrolleure einen "Brandbeschleuniger für Aggressionen", viele der Kontrolleure hätten ohnehin ein "ruppiges" Auftreten. Wenn der Leistungsbescheid für mehrere Personen gültig sei, müsse jedes Haushaltsmitglied eine zweite Ausfertigung des Leistungsbescheids vorzeigen können, sagt Böttcher. 

Die Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales verweist darauf, dass nur diejenigen Menschen bei Kontrollen den Bescheid im Original vorlegen müssen, die noch nie einen Berlinpass hatten. Abgelaufene Berlinpässe würden anerkannt bei BVG und S-Bahn. 

"Diese Verfahrensweise ist mit den Berliner Verkehrsbetrieben und dem VBB abgestimmt und wird auch so gegenüber den Kontrolleuren kommuniziert", sagte der Sprecher der Sozialverwaltung, Stefan Strauß. BVG-Sprecherin Petra Nelken betonte, dass "unbedingt ein Nachweis erforderlich sei, um die missbräuchliche Nutzung des Berlin-Tickets S zu vermeiden". 

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Das Verfahren verstößt aus Sicht der Sozialverwaltung nicht gegen den Datenschutz. "Es hat im Vorfeld einen Austausch mit der Berliner Datenschutzbeauftragten gegeben", sagte Strauß. Die Verwaltung bittet generell um Verständnis: "Unter den aktuellen Bedingungen der Schließung der Bürgerämter und der eingeschränkten Terminvergabe für bundesgesetzlich vorgeschriebene Aufgaben ist das beschriebene Verfahren derzeit die einzige Möglichkeit, anspruchsberechtigten Personen in Corona-Zeiten weiterhin eine kostengünstige Mobilität zur Verfügung zu stellen." Der Berlinpass sei schließlich eine freiwillige Leistung des Landes Berlin. 

Strauß sagte dem Tagesspiegel, dass ab März 2021 stufenweise wieder Berlinpässe durch die Bürgerämter ausgestellt werden sollen. Die Antragstellung und die Ausgabe der Berlinpässe werde per Post erfolgen, also ohne Kundenkontakt im Bürgeramt. Zunächst gilt das für die Personen, deren Leistungszeitraum im März 2021 oder später beginnt. Diese Menschen können ab Februar 2021 einen Antrag auf einen Berlinpass stellen. Für alle anderen gelte die seit einem Jahr bestehende Ausnahmeregelung erst einmal weiter - sie können weiter den abgelaufenen Berlinpass vorzeigen. 

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