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Weltgewandt. Angela De Giacomo fliegt für Kunden um den Globus.

© Rack/Promo

Netzwerkerin zwischen den Kontinenten: Wie eine junge Unternehmerin indisches Geld nach Berlin holt

Die Vermögensverwalterin Angela De Giacomo sucht für Investoren aus Indien in Berlin nach Start-ups. Wie macht sie das?

Seit drei Jahren erst lebt Angela De Giacomo in Berlin. Die Vermögensverwalterin und Expertin für internationales Steuerrecht störte sich rasch daran, dass Frauen hier oft in der Opferrolle betrachtet werden.

Deshalb organisierte sie mit ihrer GmbH Wundernova im vergangenen Jahr ein großes Sommerfest zum Netzwerken mit über 200 Teilnehmerinnen, darunter die Frau des Bundespräsidenten und die französische Botschafterin. Sie wollte „dem Jammern etwas Beflügelndes entgegensetzen“, positive Schwingungen erzeugen, Optimismus, den Austausch der Tatkräftigen fördern.

Die Fortsetzung für dieses Jahr war schon geplant, ein Sponsor gefunden. Es scheiterte dann aber an den Corona-Einschränkungen. Man muss schon ziemlich groß denken, um so etwas aus dem Stand auf die Beine zu stellen.

Aber das ist die in Sindelfingen geborene Tochter einer italienischen Gastarbeiterfamilie gewohnt. Wundernova hat sie ursprünglich als Plattform für deutsch-indische Netzwerke gegründet.

Sie verwaltet das Vermögen der indischen Unternehmerfamilie Bissell. Normalerweise ist sie einige Monate im Jahr unterwegs, hauptsächlich in Indien, aber auch in Singapur, Hongkong oder New York.

Spezialisiert auf Wasseraufbereitung

Durch die Corona-Einschränkungen hat sie in diesem Frühjahr begonnen, sich in der Berliner Start-up-Szene nach vielversprechenden Investitionsmöglichkeiten umzuschauen und ist bei einem wissenschaftlich tätigen Unternehmen in der Technologieforschung hängen geblieben.

Nach Berlin ist sie ihrem Mann zuliebe gezogen, der hier Freunde und Familie hatte. Er unterrichtet an einem Gymnasium. Ihr erstes Projekt war GINSEP, das German-Indian-Startup-Exchange-Programm, das sie zusammen mit dem Bundesverband deutscher Startups verwirklichte.

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Es war nicht einfach, das durchzusetzen, weil Indien so gar nicht im Fokus des Verbandes lag. Aber dann interessierte sich die indische Botschaft dafür, es gab ein Event mit mehr als 100 Teilnehmern und schließlich gab auch das Bundeswirtschaftsministerium Geld dazu. Ein auf Wasseraufbereitung spezialisiertes Berliner Unternehmen gehörte zu den ersten, die in Indien aktiv wurden.

Indien als „Herzensland“

Für Angela De Giacomo ist der Subkontinent „ein Herzensland“. Das entdeckte sie schon 1998 auf ihrer ersten Reise im letzten Sommer vor dem Abitur und dann wieder, direkt danach. „Indien und Italien sind sich ähnlich“, meint sie. „Warm und wuselig, chaotisch und kreativ, sehr stimulierend.“

Wenn sie dort mit dem Flugzeug landet, fühlt es sich für sie an, als käme sie nach Hause. Inzwischen hat sie auch viele wichtige Freunde in dem riesigen Land. Und natürlich ihre indisch-amerikanischen Auftraggeber William und Monsoon Bissell.

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Nach dem BWL-Studium mit dem Schwerpunkt internationales Steuerrecht hatte Angela De Giacomo zunächst bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG gearbeitet. Durch Bekannte lernte sie die Bissells kennen, die in zweiter Generation das Unternehmen Fabindia führen, das unter anderem Einrichtungsgegenstände, Kleidung, Stoffe und Lifestyle-Produkte verkauft.

„Indien ist sehr hierarchisch“

Während eines Sabbaticals übernahm sie für die Familie das Projekt, Steuerteams in den USA und in Indien zu koordinieren. Sie verhandelte mit Banken, schaute sich ein Immobilienprojekt in New York an und stellte fest, dass die Zusammenarbeit mit der Familie gut funktionierte.

Das Vertrauen war da. Oft wird sie gefragt, wie sie als Frau in Indien wahrgenommen wird. „Einfach war es nicht“, räumt sie ein. Die Tatsache, dass sie eine Frau ist, hat dabei weniger eine Rolle gespielt als die Art des Jobs. „Indien ist sehr hierarchisch, da kommt es auf den Auftraggeber an.“

Fremdkörper mit Anfang 30

In jedem Fall war sie ein Fremdkörper, als sie mit Anfang 30 die Aufgabe übernahm, Investments steuerlich zu optimieren, Aktienportfolios und Immobilien zu koordinieren. „Mit offenen Armen werden Sie da nicht empfangen.“

Sie musste Anwälten und Wirtschaftsprüfern über die Schulter schauen und lernen, wie man in einer anderen Kultur Kritik so anbringt, dass niemand das Gesicht verliert. Mit kurzen, direkten Ansagen, wie sie sie aus Deutschland kannte, würde sie nicht weit kommen, wusste sie.

„Man braucht Fingerspitzengefühl auch für Ängste und Reaktionen, die aus Unsicherheit herauskommen, muss verlässlich und sachlich sein, muss am Ball bleiben und vor allem selber Leistung liefern.“ Zur Zeit fehlen die persönlichen Kontakte. Aber den Indern ergeht es ja nicht anders als den Berlinern. Also trifft man sich in Videokonferenzen.

Sponsor und Mentorinnen

Zum Glück hat die heute 39-Jährige es schon immer geliebt, Menschen zusammenzubringen, hat schon als Studentin Sommerfeste für Familie und Freunde organisiert. Rund 200 führende Frauen, die bei ihrem ersten Wundernova-Sommerfest waren, tauschen sich nun regelmäßig auf der Plattform aus.

Ob sie nach Corona mit solchen Veranstaltungen auch Geld verdienen kann, lässt sie offen. Ihr Ziel ist es zunächst, damit keine eigenen Kosten zu haben. Mit Target Global hat sie inzwischen auch einen Sponsor gefunden. Wichtig ist es ihr, auch künftig junge Leute mit möglichen Mentorinnen zusammenzubringen, weil sie selber so viel Förderung erfahren hat.

„Meine Grundschullehrerin hat sich sehr dafür eingesetzt, dass ich aufs Gymnasium gehen konnte,“ erinnert sie sich. Die anderen „Gastarbeiterkinder“ kamen überwiegend auf die Realschule.

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