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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sind die Vorgaben beim Denkmalschutz zu hoch.

© dpa/Carsten Koall

Update

Wie viel Denkmalschutz braucht Berlin?: Kai Wegner will Gebäudestandards in der Hauptstadt senken

Um den Umzug der BHT in den ehemaligen Flughafen Tegel zu ermöglichen, will der Regierende beim Denkmalschutz sparen. Kosten senken ließen sich so kaum, kritisiert der Landeskonservator.

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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will die Denkmalschutzstandards in der Hauptstadt absenken. Nur so ließen sich angesichts der angespannten Haushaltslage der Umzug der Berliner Hochschule für Technik (BHT) in das Gebäude des ehemaligen Flughafens Tegel und andere Sanierungsprojekte finanziell umsetzen.

„Wir müssen schnellstmöglich den Denkmalschutz auf Maß und Mitte zurückführen“, sagte Wegner am Montagabend auf einer Veranstaltung der Messe Berlin, Wall GmbH und „Berliner Morgenpost“.

Dem Regierenden zufolge gelten in der Hauptstadt besonders hohe Standards bei der denkmalgerechten Sanierung von Gebäuden. Es würde jedoch ausreichen, mit den Richtlinien zu arbeiten, die andere Bundesländer anwendeten.

Ich will unbedingt verhindern, dass aus Tegel ein zweites Tempelhof wird.

Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister, zu den Zweifeln an am Umzug der BHT nach Tegel

Damit ließe sich aus Wegners Sicht eine Menge Geld für das Land sparen. Für den Umzug der BHT nach Tegel etwa könnten die Kosten dadurch von 500 auf nur noch 200 Millionen Euro gesenkt werden.

Der CDU-Politiker betonte, wie wichtig die Nachnutzung des ehemaligen Flughafengebäudes durch die Hochschule sei. „Ich will unbedingt verhindern, dass aus Tegel ein zweites Tempelhof wird.“

Denkmalschutz macht auch andere Projekte teurer

Die Pläne für die Urban Tech Republic seien großartig. „Aber es braucht diesen großen Ankermieter“, sagte Wegner.

Durch die hohen Kosten für die denkmalgerechte Sanierung sei der Umzug der BHT aktuell aufgrund der Berliner Haushaltsprobleme schwer umsetzbar. „Weil der Denkmalschutz zuschlägt“, sagte Wegner.

Auch bei anderen Gebäuden trieben die Berliner Richtlinien die Kosten für die Sanierung in die Höhe. Als Beispiel nannte Wegner das Benjamin-Franklin-Krankenhaus. Dort gebe es bei der Sanierung selbst Vorgaben für die Fenster. „Das interessiert die Patienten nicht – sondern, dass kein Wind durchzieht“, fügte der Regierende hinzu.

Zweifel an Wegners Zahlen-Spielen

Am Umzug der BHT nach Tegel waren zuletzt immer größere Zweifel aufgekommen. Die Pläne für die Nachnutzung des ehemaligen Flughafengebäudes bestehen seit vielen Jahren. Dennoch konnte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) die Umsetzung des Projekts auf Nachfrage zuletzt nicht mehr garantieren.

Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, ob der Umbau des Flughafens Tegel tatsächlich allein durch Änderungen am Denkmalschutz so viel günstiger werden kann, wie von Wegner erhofft wird. „Meiner Kenntnis nach gehen wir in Tegel von fünf Prozent denkmalbedingten Mehrkosten aus“, sagte Berlins Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamts Christoph Rauhut dem Tagesspiegel.

Das Sparpotenzial beim Denkmalschutz ist nicht so groß, wie in der Politik oft gedacht wird.

Berlins Landeskonservator Christoph Rauhut

Insgesamt spiele das Thema Denkmalschutz bei den Kosten von Bauprojekten nur eine Nebenrolle. „Ich kann die Diskussion angesichts der Haushaltslage nachvollziehen. Doch das Sparpotenzial beim Denkmalschutz ist nicht so groß, wie in der Politik oft gedacht wird.“

In der Diskussion werde oft vermischt, sagte Rauhut, welche Kosten tatsächlich aus der historischen Rekonstruktion der Gebäude und welche aus der nötigen Sanierung der alten Bausubstanz entstünden.

Senatsverwaltungen sollen Standards beim Bauen überprüfen

Nach Ansicht des Landeskonservators seien die Berliner Denkmalschutzstandards im bundesweiten Vergleich nicht übermäßig hoch. Vielmehr befinde sich die Hauptstadt in dieser Hinsicht im Mittelfeld. In Bayern etwa seien die Regelungen viel strenger, in Nordrhein-Westfalen weniger strikt.

Welche Vorgaben Kai Wegner beim Denkmalschutz konkret absenken will, konnte die Senatskanzlei auf Anfrage nicht mitteilen. „Die Fachverwaltungen prüfen derzeit, welche Standards insbesondere in den Bereichen Denkmalschutz oder Klimaschutz zwingend notwendig sind und welche im Vergleich zu anderen Bundesländern zu hoch sind“, sagte ein Sprecher. Eine Arbeitsgruppe der Koalition werde die Ergebnisse dann bewerten.

„Die Einsparzahlen, die Kai Wegner genannt hat, halte ich für illusorisch“, sagte der Grünen-Co-Vorsitzende Werner Graf. Grundsätzlich sprach jedoch auch er sich dafür aus, die bestehenden Vorgaben kritisch zu prüfen. „Wir wollen die Orte mit Leben füllen. Da müssen wir gucken, inwieweit der Denkmalschutz einer vernünftigen Weiterentwicklung dieser Orte im Weg steht.“

Landeskonservator Rauhut widersprach, dass die Denkmalschützer dem Bauen in Berlin im Weg stünden. „Das Denkmalschutzgesetz sieht vor, dass wir wirtschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen. Wir wollen, dass in Denkmale investiert wird.“

Schneller-Bauen-Gesetz soll Prozesse beim Denkmalschutz beschleunigen

Zugleich sei die Erhaltung historischer Bauwerke nicht umsonst zu haben – und wichtig: „Denkmale sind die Identifikationsorte unserer Stadt und als touristische Anziehungsorte auch ein großer Wirtschaftsfaktor“, sagte Rauhut. „Unsere Aufgabe, diese Gebäude zu schützen, ist nicht selbst gewählt, sondern geschieht im Sinne der Allgemeinheit.“

Bändigen will die schwarz-rote Koalition den Denkmalschutz derzeit mit dem Schneller-Bauen-Gesetz – allerdings auf andere Art und Weise. Mit dem Gesetz beschleunige man Prozesse, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff. Unter anderem sollen damit die Einspruchsfristen für die Denkmalbehörden zeitlich begrenzt werden. „Das hat aber keine Auswirkungen darauf, wie wir bauen“, sagte er.

CDU und SPD planen dem Vernehmen nach aber noch weitere Änderungen mit dem Gesetz. So sollen den Denkmalbehörden für wiederkehrende Umbaumaßnahmen wie das Anbringen von Jalousien und Solaranlagen auf den Dächern detaillierte Vorgaben gemacht werden. Noch nämlich, legten viele Ämter die geltenden Regeln ganz unterschiedlich aus.

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