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Die Schülervertreter der ostdeutschen Bundesländer präsentierten jetzt ihr Positionspapier.

© Malte Neumann

„Wir werden nicht immer ernst genommen“: Schülervertreter fordern mehr politische Teilhabe

Besonders viel Zuspruch findet die AfD bei Jungwählern im Osten. Einen Plan gegen die antidemokratischen Tendenzen haben die Landesschülersprecher selbst, fühlen sich aber nicht immer gehört.

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Wer jung ist und nicht links, der hat kein Herz. Wer alt ist und immer noch links, der hat keinen Verstand. Folgt man dieser Redewendung, dann ist jeder dritte junge Erwachsene in Brandenburg, Sachsen und Thüringen entweder herzlos oder frühreif. Zwischen 31 und 38 Prozent der 16- bis 24-Jährigen stimmten bei den Wahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern im Herbst vergangenen Jahres für die Alternative für Deutschland (AfD). Zum Vergleich: Bei der Europawahl im Sommer 2024 holte die AfD in der gleichen Altersgruppe bundesweit 16 Prozent.

Die Landesschülervertretungen der sechs ostdeutschen Bundesländer, Berlin inklusive, nahmen diese Tendenz bereits im Frühling 2024 wahr und verfassten ein gemeinsames Positionspapier zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in den Schulen. Am Montag stellten die sechs Schülersprecher in der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein ergänzendes Papier vor. 

Darin pochen die Schülervertreter auf mehr Unterrichtsstunden für die politische Bildung. „Wir müssen Schülerinnen und Schülern die Werkzeuge an die Hand geben, selbstbewusst und faktenbasiert eigene Positionen zu entwickeln“, fordert Stefan Tarnow, der Brandenburger Schülersprecher. Dabei solle auf einen „stärkeren Aktualitätsbezug“ geachtet werden, heißt es in dem Papier. Das ist offenbar aktuell in vielen ostdeutschen Schulen nicht der Fall.

Im Unterricht muss Bezug auf aktuelle Ereignisse in der Politik sowie die dazugehörigen Ereignisse im digitalen Raum genommen werden.

fordern die Schülersprecher der ostdeutschen Bundesländer.

Berlins Schülersprecher Orcun Ilter weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der sozialen Medien hin. „Viele Schülerinnen und Schüler erreicht eine Flut an Falschinformationen“, sagt Ilter und nennt den Nahostkonflikt als Beispiel. Um der ungefilterten Aufnahme dieser Informationen vorzubeugen, „muss im Unterricht Bezug auf aktuelle Ereignisse in der Politik sowie die dazugehörigen Ereignisse im digitalen Raum genommen werden“, betonen die Schülervertreter. Deswegen müssten Lehrer im Umgang mit Medien regelmäßig „fort- und ausgebildet“ werden. Einigen Lehrern attestieren sie, über gar keine Medienkenntnisse zu verfügen.

Gefordert: Planspiele und weniger Scheinbeteiligung

Ein Problem sehen die Schülersprecher auch darin, dass Schüler nicht ausreichend an politischen Entscheidungen teilhaben würden. Dies könne mithilfe von Planspielen wie „Model United Nations“ oder „Schule als Staat“ verbessert werden, sagt der sächsische Schülersprecher Matthieu Hoffmann.

31
Prozent der 16- bis 24-jährigen Brandenburger stimmten bei der Landeswahl 2024 für die AfD.

Von „zentraler Bedeutung“ sei es außerdem, dass Schülervertretungen „nicht bloß symbolisch sind, sondern tatsächlich Einfluss auf schulische und bildungspolitische Entscheidungen nehmen können.“ Auf die Frage des Tagesspiegels, ob sie sich von den politischen Verantwortlichen gut einbezogen fühlen, antwortet Ilter: „Da ist sicher noch Luft nach oben.“

Auch sein Brandenburger Kollege Stefan Tarnow sagt: „Unsere Forderungen werden nicht immer ernst genommen.“ Allerdings hat Tarnow auch konkrete Erfolge vorzuweisen. Erst im Dezember hat das Bildungsministerium in Potsdam eine Verwaltungsvorschrift für Zeugnisse abgeändert. Den Antrag dazu hatten die Schülervertreter eingereicht. 

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