zum Hauptinhalt
Robert Spaetling, Vorsitzender des Vereins „Stadtbewegung“.

© Frank Bachner

„Wir wollen bei den Menschen einen Aha-Effekt auslösen“: Der Verein „Stadtbewegung“ organisiert in Berlin kostenlose Sportangebote

Spaziergänge, Tanzen oder Yoga im Park: Rund 60 Ehrenamtler organisieren das Berliner Sportangebot „Gesundheitsförderung im öffentlichen Raum“. Dafür bittet der Verein um Spenden.

Stand:

Es ist kalt an diesem Vormittag im Bosepark in Berlin-Tempelhof. In einer Ecke der Grünanlage, zwischen Tennisplätzen, einem Spielplatz und mächtigen Bäumen, hat sich eine Gruppe versammelt, rund ein Dutzend meist älterer Menschen. Eine weitere Frau begrüßt alle, sie wird heute die Gruppe leiten. Sie ist Übungsleiterin des Vereins „Stadtbewegung“.

Heute steht ein einstündiger Spaziergang auf dem Programm, das Wetter ist ideal dafür. 60 Minuten lang werden Menschen, die sich einsam fühlen, die allein nicht in den Park gingen, die Lust an Bewegung und Begegnung haben, aus ihrem normalen Alltag geholt. Sie nehmen an einem Angebot des Projekts „Gesundheitsförderung im öffentlichen Raum“ teil.

Die Übungsleiterin, die heute die Route des Spaziergangs ausgewählt hat, gehört zu den rund 60 Ehrenamtlern, die das Projekt erst möglich machen. Sie investieren Zeit und Planung in ihr Engagement, sie haben ein offenes Ohr für alle, sie motivieren und beantworten Fragen, alles für eine geringe Aufwandsentschädigung. Der Verein möchte mehr Menschen in den Parks erreichen, er möchte mehr Übungsleiter einsetzen, dazu aber benötigt er Geld der Tagesspiegel-Leser aus der Spendenaktion.

Parks und Grünanlagen bewusst nutzen

In seinem Büro, ein paar Meter von der Spree entfernt, sitzt Robert Spaetling, einer der beiden Vereinsvorsitzenden, und sagt: „Wir wollen bei den Menschen einen Aha-Effekt auslösen.“ Wer in den Parks und Grünanlagen das Vereinsangebot annimmt, wer in der Gruppe spazieren geht, wer unter Anleitung gemeinsam Gymnastik macht, wer zu Musik Tanzbewegungen vollführt oder Yoga macht, der erlebt viele neue, positive Momente.

Er spürt, wie viel Spaß Bewegung macht, er lernt seinen Körper neu kennen, er bemerkt, wie seine Laune steigt, er stellt fest, dass sich seine Kondition verbessert. Vor allem aber genießt er die Erfahrung, unbeschwert neue Menschen kennenzulernen und sein soziales Leben zu verbessern. Das alles steckt hinter der Idee des Vereins.

„Wir wollen aber auch die Parks und Grünanlagen bewusst nutzen“, sagt Spaetling. „Es gibt viele ältere Menschen, die sich allein nicht in den Park trauen, weil ihnen da zu viele Jugendliche herumlungern oder dort zu viel Dreck liegt.“ Aber in der Gruppe sinkt diese Hemmschwelle.

Verein möchte mehr Sportgruppen anbieten

Jeder kann sich einer Gruppe anschließen, niemand muss dafür bezahlen, keiner benötigt Vorkenntnisse. Jedes Treffen dauert genau eine Stunde, egal, was man in dieser Stunde macht. „Aber danach stehen die Menschen noch oft zusammen, reden, knüpfen neue Kontakte und helfen sich gegenseitig mit Tipps“, sagt Spaetling. „Dieses Miteinander fördern wir ganz bewusst.“

Rund 100 Gruppen gibt es im Sommer, verteilt auf alle zwölf Bezirke. Der Großteil der Teilnehmer sind ältere Menschen, die meisten Frauen. Es gibt vereinzelt aber auch Studenten, die sich ein Fitnessstudio nicht leisten können. Das Problem ist jedoch der Winter. Nur 14 Gruppen treffen sich dann wöchentlich, wie immer am jeweils gleichen Tag und zur immer gleichen Stunde. „Wir haben kein Geld für mehr Gruppen“, sagt Spaetling. Im Sommer erhält der Verein Zuschüsse von den Bezirksgesundheitsämtern. Die bezahlen aber nur für die Frühjahrs- und Sommermonate. Die Aufwandsentschädigungen in der kalten Jahreszeit muss der Verein selber begleichen.

„Wir möchten zehn Gruppen mehr anbieten“, sagt Spaetling. Und damit das klappt, möchte der Verein gerne Spendengelder einsetzen. Die Übungsleiter investieren nicht bloß Zeit und Zuwendung, sie haben auch eine Qualifikation für ihren Job: Kenntnisse im Gesundheits- und Fitnesssport, das erhöht den Spaß bei den Treffen. Der Verein spricht ganz gezielt Menschen an und fragt sie, ob sie Lust auf eine Gruppenleitung haben. Und die Teilnehmer werden über Flyer, Plakate oder auch gezielte Ansprachen in Kirchengemeinden oder Nachbarschaftszentren informiert.

Es gibt aber auch Menschen, die beim Spaziergang im Park plötzlich auf eine Gruppe stoßen, sich alles anschauen und beim nächsten Mal dazustoßen. Oft hören sie dann auch noch Musik, abgespielt zur Gymnastik und dem Tanz. Die Lautstärke ist kein Problem, die Übungsleiter achten schon darauf, dass die Dezibel einen bestimmten Wert nicht überschreiten.

Allerdings spielt das ohnehin nur im Sommer eine Rolle. Im Winter gibt’s vor allem Spaziergänge. Für alles andere ist es zu ungemütlich. Auch jetzt, in der kalten Luft des Boseparks.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })