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Den Text auf der Tafel haben der Hauseigentümer und ein Künstler verfasst.

© Cay Dobberke

Wo Obermaier und Langhans lebten: Kommune 1 bekommt Gedenktafel in Charlottenburg

Am Stuttgarter Platz wird jetzt an die berühmte Wohngemeinschaft aus der Zeit der Studentenbewegung um 1968 erinnert.

Hier in Charlottenburg entstand im Sommer 1967 das berühmt gewordene Nacktfoto, auf dem sieben Kommunarden und ein kleiner Junge ihre Hintern zeigten. Und selbst der US-Starmusiker Jimi Hendrix wurde dabei gesehen, wie er das Haus betrat, um das Fotomodel Uschi Obermaier zu treffen.

Nun erinnert eine Tafel am Wohn- und Hotelgebäude in der Kaiser-Friedrich-Straße 54a am Stuttgarter Platz an die früheren Räume der „Kommune 1“. Am Dienstagabend enthüllte der Hauseigentümer Hans-Jochen Waitz mit ein paar Freunden die Metalltafel, deren Aufschrift er und der Künstler Gabor Altorjay gestaltet haben.

„Das Experiment ‚K1‘ zielte auf die Sprengung bürgerlicher Abhängigkeitsverhältnisse“, erklärt der Text. „Sie lehnten Besitzanspruch in der Ehe und autoritäre Kindererziehung ab, destruierten die Privatsphäre und stellten die gesellschaftlichen Verhältnisse radikal in Frage. Sie trafen damit den Nerv ihrer Zeit. In ihrer Folge gründeten sich hunderte von Kommunen, Wohn- und Hausgemeinschaften, die heute zum allgemeinen Kulturgut gehören.“

Große Wohnung zum kleinen Preis

Anfang 1967 hatten Aktivisten der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und der Studentenbewegung um Dieter Kunzelmann und Fritz Teufel die Kommune 1 in einer Friedenauer Wohnung des Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger gegründet, kurz darauf ging es in einer nahen Wohnung des Schriftstellers Uwe Johnson weiter. Als dieser die Gruppe wenig später hinauswarf, zog die Kommune in die dritte Etage des Hauses am Stuttgarter Platz um – wohl nicht zuletzt wegen der attraktiven Miete, die nur 720 D-Mark für 240 Quadratmeter betragen haben soll.

Als neue Mitbewohner kamen Rainer Langhans und Uschi Obermaier hinzu. Allerdings dauerte die Charlottenburger Ära der Kommune 1 nur ein paar Monate. Danach zog sie in ihr letztes Quartier im Moabiter Stephankiez um und löste sich 1969 auf.

Links neben dem Hoteleingang am Stuttgarter Platz in Charlottenburg weist die neue Tafel auf die frühere Kommune 1 hin.
Links neben dem Hoteleingang am Stuttgarter Platz in Charlottenburg weist die neue Tafel auf die frühere Kommune 1 hin.

© Cay Dobberke

Das Haus am „Stutti“ war Ende der 1960er Jahr größtenteils ein Bordell mit einem Sexlokal im Erdgeschoss. Heute nutzt das Hotel „Stuttgarter Eck“ die unteren zwei Etagen. Aus den Räumen im dritten Stock sind mittlerweile zwei getrennte Wohnungen geworden. Als Hans-Jochen Waitz das ganze Gebäude vor etwa acht Jahren erwarb, fragte ihn der Hausverwalter Detmar Segebrecht, ob er von der früheren Existenz der Kommune 1 an dieser Stelle wisse. „Was glauben Sie denn, warum ich das Haus gekauft habe?“, soll Waitz geantwortet haben.

Festakt in kleinem Kreis

Zur Tafelenthüllung waren keine Ehrengäste, Politiker oder Alt-68er eingeladen. Man hatte auch darauf verzichtet, die noch lebenden Ex-Bewohner der Kommune 1 zu kontaktieren - dazu gehören Rainer Langhans, der heute in München wohnt, und Uschi Obermaier, die als Designerin in den USA tätig ist. Der Festakt am Haus beschränkte sich auf eine kurze Rede von Altorjay, in welcher der Künstler das Wort „Gedenktafel“ als fast schon übertrieben bezeichnete.

Eigentlich gehe es nur um ein „Informationsschild“ für Berliner Passanten und Touristen, die in den vielen Hotels und Pensionen am Stuttgarter Platz übernachten. Zurückhaltend zeigten sich Altorjay und Waitz auch gegenüber dem Tagesspiegel: Sie lehnten es ab, für ein Foto an der Tafel zu posieren.

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