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Mit der S-Bahn durch Berlin.

© imago images/Rüdiger Wölk

Zahlungsaufforderung abgeschafft: Berliner S-Bahn will neues Verfahren bei defekten Chipkarten

Bislang wurden Fahrgäste, deren Chipkarte kaputt war, wie bei fehlenden Tickets zur Zahlung gebeten. Sie konnten sich nur mit Aufwand von den Kosten befreien.

Nach Kritik am Umgang mit zahlenden Abo-Kunden will die S-Bahn künftig darauf verzichten, im Fall defekter Chipkarten unmittelbar mit der Fahrausweiskontrolle 60 Euro erhöhtes Beförderungsentgelt (EBE) zu verlangen. Im Beleg, der bei der Kontrolle übergeben wird, soll dann nur noch auf die Erhebung eines EBE für den Fall „hingewiesen“ werden, dass auch nachträglich kein gültiger Fahrausweis vorgelegt wird. Dies teilte eine Bahn-Sprecherin auf Anfrage mit.

Bisher drucken die S-Bahn-Ticketprüfer, wie berichtet, bei maschinell nicht lesbaren Karten einen „Feststellungsbeleg“ wie für Schwarzfahrer aus, der den Eindruck erweckt, dass sofort gezahlt werden muss. Im vergangenen Jahr erhielten 2500 Fahrgäste solche Belege. „Forderung: 60 EUR“ steht darauf. „Bitte überweisen Sie den offenen Betrag“.

Betroffene bekommen anschließend keine Post von der S-Bahn, sondern oft gleich von der beauftragten Inkassofirma „Paigo“, die ebenfalls auf Zahlung der 60 Euro dringt. Erklärungen zum Umgang mit defekten Chipkarten und daraus resultierenden Kundenpflichten und -rechten fehlen in beiden Schreiben. Ziel ist offenkundig, Kunden unter Druck zu setzen, defekte Karten umgehend gegen funktionierende umzutauschen.

Auch die nachträgliche Vorlage soll nun kundenfreundlicher werden: Bisher bestand die S-Bahn darauf, dass Karten-Inhaber persönlich zu den Schaltern der S-Bahn kommen. Mehr als 2000 Menschen dürften auf diese Weise im vergangenen Jahr trotz Coronabelastung durch die Stadt geschickt worden sein.

Jetzt heißt es: „Wenn Abo-Kunden der S-Bahn Berlin den Wunsch einer postalischen Einsendung an die S-Bahn herantragen, wird dies kulanter Weise natürlich auch ermöglicht.“ Ob in den neuen Kontroll-Quittungen darauf hingewiesen wird, ist offen.

Die S-Bahn macht es künftig wie die BVG

Die Änderungen sollen „schnellstmöglich umgesetzt“ werden, heißt es weiter. Die Senatsverkehrsverwaltung hatte die S-Bahn nach dem Tagesspiegel-Bericht kontaktiert und sich „das Vorgehen schildern lassen“. Auch mit der BVG sei Kontakt aufgenommen worden, die in solchen Fällen einen „Prüfbeleg“ mit Erläuterungen ausstellt – und ohne unmittelbare Zahlungsaufforderung. Die Verfahren der beiden Unternehmen sollen laut Verwaltung nun „angenähert“ werden, um „die Einheitlichkeit im Tarifgebiet noch besser zu gewährleisten“.

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Im Ergebnis heißt das wohl: Die S-Bahn macht es wie die BVG. Auch der Fahrgastverband „Pro Bahn“ hatte sich in Gesprächen mit der S-Bahn dafür eingesetzt, das rigide Verfahren umzugestalten. Nach Angaben des Verbands sollen die mahnenden „Erinnerungsschreiben“ deshalb künftig auch nicht mehr die „Paigo“ als Absender tragen, sondern die S-Bahn selbst.

Unklar bleibt, ob Kundinnen oder Kunden, eingeschüchtert von „Feststellungsbeleg“ und „Paigo“-Mahnung, 60 Euro gezahlt haben, obwohl sie ihre Karte fristgemäß hätten vorlegen können. Der S-Bahn seien solche Fälle nicht bekannt, heißt es. Sie verweist darauf, dass eine „umfassende Auswertung“ datentechnisch nicht möglich sei. Unabhängig davon seien solche Zahlungen rechtmäßig, defekte Karten seien „ungültig“. Zurückzahlen müsse man nichts.

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