
© dpa/Jens Kalaene
Zentralbibliothek wirbt für Lafayette-Haus: „Wir laborieren seit einem Jahrhundert an einem Standort herum“
Das Kaufhaus Galeries Lafayette hat das Quartier 207 an der Friedrichstraße geräumt. Die Berliner Zentralbibliothek nutzt die Chance, um für ihren Umzug dorthin zu werben.
Stand:
Die ersten Besucher werden noch vom Wachschutz abgewimmelt, als sie am Donnerstag im Quartier 207 an der Friedrichstraße erscheinen. Denn normalerweise werden Passanten ferngehalten, seit das Kaufhaus Galeries Lafayette den Glastempel im Sommer verlassen hat und ausgeräumt wird.
Jetzt, da alles leer ist und die gesamte Berliner Kultur gegen finanziellen Kahlschlag kämpft, sah die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) eine einmalige Chance: Für einen Tag besetzten Mitarbeiter die Immobilie, in die sie so gern einziehen würden.
„Eine Jahrhundertchance“ hatte ZLB-Generaldirektor Volker Heller die Aussicht auf einen Umzug in das jetzt größtenteils leerstehende Gebäude genannt, als die Idee im vergangenen Jahr publik geworden war. Jetzt dreht er gemeinsam mit seinem Betriebsdirektor Jonas Fansa eine Runde durchs Reich der Träume.
Zwischen Absperrhütchen und Flatterband sind ein paar Stände fürs Publikum aufgebaut, an denen diskutiert, jongliert, getanzt und KI ausprobiert werden kann. Auf einer Bühne wird Heller später den Besuchern erklären, warum die ZLB hierher gehört.

© dpa/Jens Kalaene
Fansa kann es mindestens ebenso gut. „Wir laborieren eigentlich seit einem Jahrhundert an einem Standort für eine Zentralbibliothek herum“, sagt er bei einer Tour durch die oberen Etagen, in denen es selbst an diesem grauen Tag recht hell ist. Krieg, Mauerfall, Tempelhof-Entscheid – immer sei etwas dazwischengekommen beim Versuch, Berlin eine angemessene Zentralbibliothek zu spendieren.
Alle Videos aus Berlin & der Region können Sie hier ansehen
Deshalb sitze man nun an zwei gleichermaßen maroden und antiquierten Standorten. Der aktuelle Zustand mit den Standorten in der Breiten Straße und am Blücherplatz sei „unhaltbar und peinlich“. Und dann komme diese ideale Immobilie „auf dem Silbertablett“.
Auf diesem Silbertablett lag auch ein Preisschild: 589 Millionen Euro wollte die Eigentümerfirma Tishman Speyer für die dann schlüsselfertig zur Bibliothek umgebaute Immobilie. Im Laufe der diskreten Verhandlungen der Berliner Immobilien-Management (BIM) mit dem Eigentümer sei der Preis inzwischen gesunken, wissen die ZLB-Leute. Die Entscheidung für den Umzug sei ohnehin eher eine politische als eine finanzielle. Zumal die unausweichliche Sanierung der vorhandenen Standorte noch teurer würde.
Fansa zeigt auf die Zylinder und Kegel, die Tageslicht vom Dach bis fast zum Erdgeschoss durchlassen. Das sei ideal für eine Bibliothek, die sich hier mühelos in unterschiedliche Bereiche für alle Ansprüche aufteilen ließe und auf zwölf Etagen – davon vier unterirdische – 35.000 Quadratmeter Platz hätte.
Das wäre etwas weniger als bisher, aber nach Auskunft von ZLB-Chef Heller sind in den jetzigen Gebäuden, also Amerika-Gedenkbibliothek und Altem Marstall, nur 20 Prozent der Flächen öffentlich nutzbar, weil Grundrisse, Traglasten oder Fluchtwege nicht passten. Hier käme man auf 60 Prozent öffentliche Fläche. Und die wäre genauso schön wie alles, was die ZLB-Manager bei Kollegen von Helsinki bis Seattle bestaunt haben.
Aber was ist mit den diskutierten Alternativen? Das ICC sei für eine publikumsnahe Bibliothek „völlig ungeeignet“, sagt Fansa. Ein Umzug ins Tempelhofer Flughafengebäude wäre „nicht ganz so absurd“, aber schwierig und vermutlich teurer, und die Neubaupläne am Blücherplatz seien seit zwei Jahren politisch nicht mehr verfolgt worden. Schon bei den vorherigen Abstimmungen „haben sich die beteiligten Planungspartner gegenseitig behindert. Das ist im Behördendschungel abgesoffen“.
Während sich in einem Nebenraum die ersten Tänzerinnen eingrooven, laufen zwei Frauen mit verträumtem Blick durchs erste Obergeschoss: Mehr als 25 Jahre lang hätten sie in den Galeries Lafayette gearbeitet, erzählen sie. Jetzt sind sie auf Jobsuche in dem Bewusstsein, „dass es nicht wieder so schön werden kann, wie es hier war“.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: