
© dpa/Bernd von Jutrczenka
Büros statt Bildung : Wo bleibt der Einsatz für die Zentral- und Landesbibliothek?
Wieder eine gute Idee vom Tisch. Aus den Galeries Lafayette werden Büros, keine Bibliothek. Nikolaus Bernau vermisst Proteste für die erfolgreichste Berliner Kulturinstitution.

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Es ist erstaunlich, aber in all der Aufregung um Kürzungen im Berliner Kulturetat ging ein zentrales Thema der Berliner Kultur- und Bildungspolitik völlig unter: die Zukunft der kaum noch arbeitsfähigen Zentral- und Landesbibliothek ZLB. Dabei ist sie mit großem Abstand die Berliner Kultur- und Bildungsinstitution, die am meisten Publikum erreicht, aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen.
Doch statt dass Berlin die international bejubelte Chance nutzt, die ZLB in das einstige Kaufhaus Lafayette an der Friedrichstraße einziehen zu lassen, müssen die Besitzer Tishman Speyer nun den Umbau des Glaspalastes zu Büros und einigen Geschäften ankündigen. Also noch mehr von Nutzungen, die jetzt schon die Friedrichstraße erdrosseln.
Kaputtgesparte Infrastruktur
Schuld sind vor allem Kultur- und Finanzpolitiker und -politikerinnen der SPD. Sie glauben offenbar immer noch, für eine Geizige-Hausfrau-Politik bei Wahlen belohnt zu werden, obwohl diese Strategie zum Verfall der Kultur-, Bildungs- und sonstigen Infrastrukturstruktur führte.
Ihre Dauerbehauptung, dass die Bezirksbibliotheken doch auch gut arbeiten, geht an der Realität vorbei: Die Bezirksbibliotheken können und sollen doch nicht den Service einer erneuerten ZLB anbieten. Es sei denn, das Berliner System öffentlicher Bibliotheken würde radikal, etwa nach dem Modell von New York oder Helsinki, zentralisiert. Aber dazu hat die SPD auch nicht den Mut, die Bezirke pochen eisern auf ihre Macht.
Nun wird seit einigen Monaten eine neue Sau durch die Stadt getrieben: Die ZLB könne ja in das Kaufhof-Haus am Alexanderplatz ziehen. Der österreichische Immobilienfonds Commerz Real will das Haus für eine „Mischnutzung“ umbauen, nachdem jener Herr Benko gescheitert war, den Berliner Senate und Abgeordnete über Jahre mit millionenschweren Bausondergenehmigungen und Subventionen hätschelten.
Egal, wie gut das neue Konzept unterfüttert ist: Die ZLB wäre als Teil-Mieter des Hauses am Alexanderplatz städtebaulich nur eine nette Dreingabe zu dem schon jetzt dynamischen Leben dort, super vor allem für die Gewinnbilanz der Investoren: Sie müsste jede Mietsteigerung akzeptieren, weil eine Bibliothek nicht einfach umziehen kann.
Der Ankauf des Hauses an der Friedrichstraße – der niemals aus laufenden Haushaltsgeldern geschähe, die aktuelle Not ist da also kein Argument – würde die bibliothekarischen Probleme Berlins für dieses Jahrhundert lösen. Was die SPD ebenfalls verschweigt: Das Lafayette-Haus als ZLB würde der vernachlässigten Friedrichstraße mit etwa 10.000 Nutzerinnen und Nutzern pro Tag genau den Publikumsschub geben, der dem Lafayette und den viel zu großen Shoppingmalls der 1990er-Jahre immer fehlte.
Hier würde die ZLB wirklich etwas ändern. Wo also bleibt der Einsatz der aktivistischen Berliner Kulturwelt, die um jeden Club und jede Galerie ficht, für ihre ZLB, die erfolgreichste Berliner Kulturinstitution?
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