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Von fast drei Millionen registrierten Flüchtlingen sind 40 Prozent unter 11 Jahren.

© AFP

Soforthilfe in Berlin: ''Zentrum für politische Schönheit'' kämpft für syrische Flüchtlinge

Berliner Aktivisten fordern mehr Einsatz für syrische Flüchtlingskinder – und geben sich als Bundesfamilienministerium aus.

Es wäre ein Hilfsprogramm von historischer Dimension: Seit Montagmorgen verkündet Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) auf einer Internetseite ein „Soforthilfeprogramm des Bundes“. Ab sofort sucht das Ministerium Pflegeeltern für die Aufnahme von 55 000 syrischen Kindern, die auf diese Weise aus dem vom Bürgerkrieg zerstörten Land gerettet werden sollen.

Das entspräche einem Prozent der Kinder, die nach Unicef-Angaben derzeit dringend Hilfe brauchen, informieren die Betreiber der Internetseite unter dem Logo des Ministeriums. Bis zum Ende des Konfliktes sollen die Kinder in Deutschland bleiben können, Pflegeeltern erhalten dafür monatlich 1000 Euro sowie steuerliche Vergünstigungen.

Tatsächlich jedoch stecken hinter dem Hilfsprogramm nicht die Mitarbeiter des Familienministeriums, sondern die Berliner Aktivisten vom „Zentrum für politische Schönheit“ – das angebliche Soforthilfeprogramm ist eine Fälschung. Ein halbes Jahr hätten rund 70 Menschen an der Kampagne gearbeitet, berichtet der Berliner Aktionskünstler Philipp Ruch. Man wolle der Bundesregierung ein „schlüsselfertiges Konzept“ anbieten, um die humanitäre Lage syrischer Kinder zu verbessern, sagt Ruch.

Gleichzeitig kritisiert er das „viel zu geringe Niveau“ der aktuellen Flüchtlingshilfe. Bisher haben die Innenminister von Bund und Ländern zwar der Aufnahme von 10 000 syrischen Flüchtlingen zugestimmt. Das sei jedoch – findet jedenfalls Ruch – „anmaßend“ gegenüber den etwa zehn Millionen Menschen, die derzeit in Syrien auf der Flucht seien. „Wir schaffen ein Gefühl für die kleingeistige Größenordnung, in der der Bereich der deutschen Flüchtlingspolitik feststeckt. Wie verträgt sich das mit unseren humanistischen Idealen?“

Der Berliner Aktionskünstler Philipp Ruch.
Der Berliner Aktionskünstler Philipp Ruch.

© picture alliance / dpa

Das Bundesfamilienministerium distanziert sich von der Kampagne der Berliner Aktivisten. „Das Logo sowie Fotos und Unterschriften der Ministerin und des Staatssekretärs wurden ohne Wissen und ohne Genehmigung des Ministeriums genutzt“, ließ eine Sprecherin wissen. Zu der Frage, ob das Ministerium wegen Amtsanmaßung gegen die Aktivisten juristisch vorgehen werde, wollte sich die Sprecherin nicht äußern. In den kommenden Tagen will das „Zentrum für politische Schönheit“ mit mehreren Aktionen auf seine Kampagne aufmerksam machen. So planten sie unter anderem am gestrigen Abend, am Checkpoint Charlie mit einer mehrere Meter großen Beamerprojektion für die Aufnahme syrischer Kinder in die Bundesrepublik zu werben.

Bereits in der Vergangenheit traten die Aktivisten mehrfach in Erscheinung. So lobten sie vor zwei Jahren eine Belohnung in Höhe von 25 000 Euro für Hinweise aus, die die Eigentümer des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei ins Gefängnis brächten.

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