
© Robert Klages
Zwei Jahre nach Berliner Sicherheitsgipfel: Senat will soziale Maßnahmen nicht weiterfinanzieren
Nach dem Gipfel 2023 einigte sich die Politik auf eine Doppelstrategie aus Repression und Prävention. Doch Ausgaben für soziale Projekte stehen vor dem Aus.
Stand:
„Der Titel fällt weg“ – so steht es nüchtern im Haushaltsentwurf der Berliner Umweltverwaltung. Hinter dem Titel verbergen sich soziale Maßnahmen, die im Anschluss an den Sicherheitsgipfel 2023 beschlossen wurden.
Laut den Entwürfen des Senats soll mit ihnen nach Ende 2025 Schluss sein: Wo noch in diesem Jahr mehrere Millionen Euro über die Umwelt- und die Hauptverwaltung an verschiedene Projekte fließen, soll es bald nichts mehr geben.
Bleibt es dabei, bedeutet dies unter anderem ein Ende der Parkläufer, die an verschiedenen Grünflächen bei Konflikten helfen und für die Müllentsorgung sensibilisieren. Aber auch für die Initiative, bei der Suchterkrankte selbst Spritzen sammeln, damit sie keinen Schaden anrichten, sind aktuell keine weiteren finanziellen Mittel eingeplant.
Zur Erinnerung: Im September 2023 hatte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zum Sicherheitsgipfel geladen, um über breit angelegte Maßnahmen zu beraten, durch die mehr Sicherheit im öffentlichen Raum entstehen sollte. Mit Repression, aber auch mehr Prävention sollte ein Bündel an Projekten die Situation an verschiedenen Orten der Stadt verbessern.
Wie aus der Antwort der Umweltverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, wurden 2024 und 2025 für insgesamt 30 Maßnahmen 28,5 Millionen Euro bereitgestellt. Ein zuständiges Leitungsgremium genehmigte 100 Anträge für zahlreiche Projekte – von aufsuchender Sozialarbeit, über mehr Konsumräume für Suchterkrankte bis zur Schaffung neuer Übernachtungsmöglichkeiten für wohnungslose Menschen.
Wie es mit diesen Maßnahmen angesichts der auf null gesetzten Mittel weitergehen soll, ist völlig unklar. Die Opposition zeigt sich entsetzt – und fordert die Weiterförderung der sozialen Projekte. „Die komplette Streichung der Mittel aus dem Sicherheitsgipfel bedeutet einen Kahlschlag für unzählige soziale Angebote an den Problemhotspots der Stadt“, sagt Vasili Franco, Innenexperte der Grünen-Fraktion. „Ende des Jahres soll der Zaun stehen, während alle sozialen Angebote wegfallen“, sagt er mit Blick auf den Zaun um den Görlitzer Park, der ebenfalls eine Konsequenz aus dem Sicherheitsgipfel ist.
Franco spricht von „planloser Symbolpolitik“ und warnt vor negativen Effekten in vielen Kiezen, Parks und Plätzen. „Angesichts der gravierenden Zunahme an Verwahrlosung und Verelendung bräuchte es eine gesamtstädtische Strategie. Doch wenn keine Mittel bereitgestellt werden, bleibt das Sicherheitsversprechen der schwarz-roten Koalition eine reine Phrase“, sagt er.
Grünen-Fraktionschefin Bettina Jarasch warf dem Senat auf einem Pressetermin am Freitag vor, sein Sicherheitsversprechen gebrochen zu haben. Nach dem, was sie dem Haushaltsentwurf entnehmen könne, sei das einzige, was am Ende dieses Jahres vom Sicherheitsgipfel noch bleibe, der Zaun um den Görlitzer Park. „Wir wollen das nicht zulassen und wir werden es auch nicht hinnehmen“, sagte sie.
Die CDU kann keine innere Sicherheit.
Stefanie Remlinger, Bezirksbürgermeisterin in Mitte (Grüne)
Entsetzt und emotional zeigte sich auch Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (ebenfalls Grüne), die bislang durchaus eng mit dem CDU-Senat zusammenarbeitete. In mühevoller Arbeit habe man die Situation etwa am Leopoldplatz im Wedding verbessert, sagte sie am Freitag.
Nach dem Sicherheitsgipfel 2023 habe es sich so angefühlt, dass sich endlich etwas bewege, es doppelt so viel Kraft für die erforderlichen Anstrengungen gebe. Das Erreichte werde aber wieder zunichtegemacht, wenn der Senat alle Projekte einstampfe. Dabei werde sie immer wieder von Menschen angesprochen, die auf Verbesserungen in ihrem eigenen Kiez hoffen – und dabei darauf verweisen, wie es am Leopoldplatz spürbar angenehmer werde. „Was soll ich diesen Menschen sagen?“, fragte Remlinger.
Die Politikerin warf der CDU vor, die innere Sicherheit so zu gefährden. „Die CDU kann keine innere Sicherheit, wir können das“, sagte sie. Remlinger verwies auch auf ein von den Grünen vorgeschlagenes Suchthilfezentrum, das die Bezirksbürgermeisterin ab 2026 gern im ehemaligen DRK-Klinikum in der Drontheimer Straße einrichten würde. Wenn Suchtkranke dort untergebracht seien und ihnen dort geholfen werde, würde das an anderen Orten das Sicherheitsgefühl für die Berliner erhöhen, so der Gedanke. Doch ohne zusätzliche Finanzierung wird der Bezirk das Projekt nicht umsetzen können.
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