zum Hauptinhalt
Herbert Blomstedt am Donnerstag in der Philharmonie

© Foto: Frederike van der Straeten

Berliner Philharmoniker: Jung im Herzen

Der 95-jährige Herbert Blomstedt dirigiert bei den Berliner Philharmonikern Sinfonien von Schubert und Beethoven

Alter Knabe. Seltener war diese saloppe Formulierung passender als im Fall von Herbert Blomstedt. Als Ehrentitel selbstverständlich: für einen Künstler, der noch lange kein Greis im Herzen ist. Der schwedische Dirigent geht auf die 96 zu, für sein aktuelles Programm mit den Berliner Philharmonikern aber hat er zwei Werke ausgewählt, die jugendfrischer, lebensfroher kaum sein könnten. Zwei Sinfonien, in denen es frühlingshaft zugeht, in denen getanzt wird, im hellen Sonnenlicht, kurz, die der Zukunft zugewandt sind.

Bedächtigen Schrittes kommt Herbert Blomstedt am Donnerstag die Bühne, muss sich setzen zum Dirigieren, doch sein Geist ist beweglich, hellwach wie eh und je. Mit kleinen, aber absolut klaren Gesten leitet er die Philharmoniker durch Franz Schuberts Dritte und Ludwig van Beethovens Siebte. Beide Sinfonien beginnen mit langsamen Einleitungen, in denen die Komponisten geschickt Spannung aufbauen, die sich dann in schnelle Sätze entlädt.

Er kann immer noch Urkräfte entfesseln

Blomstedt nimmt die Passagen ruhig, gelassen, versucht, nicht, mehr Bedeutung in die stehenden Klänge hineinzulegen, als sie hergeben. Und lässt dann, wenn es flink losgeht, die Musik einfach laufen, ganz organisch. Charmant ist sein Schubert, mit kräftigem Puls dennoch, ja, das „Presto vivace“-Finale kommt fast genauso kraftvoll daher wie auf Blomstedts Schallplatteneinspielung der Dritten mit der Dresdner Staatskapelle, entstanden anno 1982.

Die Philharmoniker spielen an diesem Abend nicht zur zusammen mit Herbert Blomstedt – sie spielen vor allem für ihn, mit dankbarer Hingabe, auch in Beethovens Opus 92. Es blitzt und strahlt im ersten Satz, dem anschließenden Trauermarsch nimmt der Dirigent alles Verschattete, macht daraus eine ernst-festliche Feier, einen Lobgesang auf die Erhabenheit der Natur.

Und nach dem quicken Presto wirkt das ebenfalls so quirlige Finale hier mal nicht wie eine gar nicht unbedingt nötige Dreingabe. Im Gegenteil: Man freut sich drauf, weil man gar nicht genug bekommen kann von der positiven Energie dieses Evergreen-Maestros, der immer noch Urkräfte entfesseln kann. Auf ganz bald, alter Knabe!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false