Brandenburg: Kind abholen? Nur gegen Fingerabdruck Berliner Kita testet neues Sicherheitssystem
Berlin - Eine Kita in Berlin-Mitte will künftig die Fingerabdrücke von Eltern scannen lassen. Erprobt werden soll das Verfahren in der evangelischen Kindertagesstätte „Zion".
Stand:
Berlin - Eine Kita in Berlin-Mitte will künftig die Fingerabdrücke von Eltern scannen lassen. Erprobt werden soll das Verfahren in der evangelischen Kindertagesstätte „Zion". Wenn Väter und Mütter ihre Kinder bringen oder abholen, sollen sie den Daumen an ein Gerät halten. Damit solle zum einen gewährleistet werden, dass kein Unbefugter die Kinder mitnimmt. „Doch vor allem geht es darum, den nachmittäglichen Ablauf beim Abholen zu erleichtern", sagte die Geschäftsführerin der evangelischen Kitas, Kathrin Janert. Die Senatsjugendverwaltung hat keine Bedenken gegen das Projekt, wenn sich Eltern auch noch anders legitimieren können.
85 Kinder werden in der Kita, die in einem Hinterhof-Altbau liegt, betreut. Völlig überrascht reagierten die meisten Eltern, die am Montag ihre Kinder abholten. „Ich finde, dass diese Sicherheitsmaßnahmen über das Ziel hinausschießen. Aber die Mitarbeiter hier sind eben für kleine Kinder verantwortlich“, sagte Roman Koschuth, der auf seine kleine Tochter wartete.
Geschäftsführerin Janert betonte, dass es sehr schwierig sei für die Betreuerinnen, den Überblick zu behalten, welche Eltern ihr Kind am Nachmittag schon mitgenommen haben. „Es ist immer mal wieder vorgekommen, dass ein Kind einfach allein nach Hause gegangen oder weggelaufen ist. Durch die Datenerfassung haben wir die Möglichkeit sehr schnell zu sehen, ob das Kind bereits abgeholt wurde, oder ob wir es suchen müssen", sagte Janert. Einen Fall, bei dem Fremde einen Jungen oder ein Mädchen aus der Kita mitgenommen haben, habe es bislang aber noch nicht gegeben. Doch genau deshalb erschließt sich für viele Eltern und Angehörige der Sinn dieses Projektes nicht. „Ich halte das für einen Mordsaufwand“, sagte Karin Krohn, die ihre Enkelin abholte. Doch es gibt auch Zuspruch: „Ich finde das sinnvoll und werde meinen Fingerabdruck abgeben“, sagte eine Mutter.
Zum evangelischen Kirchenkreis Stadtmitte gehören insgesamt 17 Kindertagesstätten in Friedrichshain, Kreuzberg, Mitte, Prenzlauer Berg und Tiergarten. Sollte die Testphase, die Anfang 2009 beginnt und drei Monate dauert, erfolgreich sein, könnte das Projekt auch auf die anderen 16 evangelischen Kitas des Kirchenkreises Mitte ausgedehnt werden. Janert betonte, dass die Informationen darüber, wann welches Kind abgeholt wurde, nur eine Woche lang gespeichert werden. „Danach werden die Daten wieder gelöscht“, sagte Janert. Zudem werde kein Elternteil gezwungen, die Fingerabdrücke abzugeben. Auch Kindermädchen oder andere Verwandte könnten weiterhin die Kleinen mit einer Vollmacht mitnehmen. Der zuständige Datenschutzbeauftragte der evangelischen Kirche in Berlin, Detlef Rückert, hat derzeit „erhebliche Zweifel“, ob das Projekt mit dem Datenschutz vereinbar sei. Doch er wolle sich erst ein Urteil bilden, wenn er sich am Dienstag das Prozedere an Ort und Stelle angeschaut habe.
Die pädagogische Leiterin des städtischen Kita-Eigenbetriebs Berlin-Südwest, Martina Castello, hält die Sicherheitsmaßnahme für überflüssig. Es sei nicht bekannt, dass Menschen, die nicht dazu befugt seien, einfach Kinder abholten. Sie könne sich nicht vorstellen, dass man bei einer Kita mit 85 Kindern den Überblick verliert. Dies sei doch eher eine kleine Einrichtung.T. Buntrock, S.Kneist, J. Regis
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: