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Debatte um AfD-Verbotsverfahren: Berliner Koalition legt eigenen Antrag zur „wehrhaften Demokratie“ vor
Die Fraktionen von Grünen und Linken haben die Koalition beim Thema AfD-Verbotsverfahren unter Druck gesetzt. Jetzt legen CDU und SPD einen eigenen Antrag vor.
Stand:
Die schwarz-rote Koalition in Berlin will sich in der Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren nicht länger von Grünen und Linken treiben lassen. Am Donnerstag wird sie zu dem Thema einen eigenen Antrag ins Abgeordnetenhaus einbringen.
Darin bekennen sich CDU und SPD zur wehrhaften Demokratie. Dies beinhalte, „gegen extremistische, verfassungsfeindliche Vereinigungen und Parteien“ vorzugehen. Dies könne als „Ultima Ratio“ auch ein Verbotsverfahren von Parteien bedeuten.
Mit dem eigenen Antrag vermeiden es CDU und SPD, über den von Grünen und Linken eingebrachten Antrag „Jetzt ein AfD-Verbotsverfahren einleiten“ abstimmen zu müssen, der am Donnerstag in zweiter Lesung behandelt werden sollte.
Mitte November hatte es Aufmerksamkeit erregt, dass SPD-Abgeordnete im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten den Antrag zur Einleitung eines AfD-Verbots ablehnten. SPD-Abgeordnete hatten auch schon im Sommer weitgehend unbeachtet im Ausschuss für Verfassungsschutz gegen den Antrag votiert.
So stand insbesondere die SPD unter Druck, eine Lösung zu finden. Den Vorwurf, man unterstütze kein Verbotsverfahren, wollten die Sozialdemokraten so nicht auf sich sitzen lassen. Um den vorliegenden Antrag wurde in der Koalition lange gerungen. Der Name der AfD selbst wird darin nicht erwähnt. Genannt werden „extremistische, verfassungsfeindliche Vereinigungen und Parteien“, gegen die man vorgehen müsse.
Der Antrag zitiert das Grundgesetz, wonach eine Voraussetzungen für eine Bundesratsinitiative für ein Verbotsverfahren sei, dass die betreffenden Parteien, „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“.
CDU-Fraktionschef: Antrag „richtet sich gegen alle Verfassungsfeinde“
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien, soll der Senat im Bundesrat die Möglichkeiten und Mehrheiten „zur Einleitung eines entsprechenden Verfahrens ausloten, mit der zeitnahen Zielsetzung eine entsprechende Bundesratsinitiative zu ergreifen, um diese dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen“, heißt es im Antrag.
„Dieser Antrag richtet sich gegen alle Verfassungsfeinde – unabhängig davon, ob sie rechts-, linksextrem oder islamistisch motiviert sind. Maßstab ist allein, ob jemand darauf aus ist, unsere Verfassung zu untergraben oder abzuschaffen“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner am Mittwoch. Die Hürden für ein Parteienverbot seien in Deutschland „bewusst sehr hoch“. Das schärfste Schwert der Demokratie dürfe nur ziehen, wer rechtlich sicher stehe. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Recht geht vor Lautstärke“, sagte Stettner.
SPD-Fraktionschef Raed Saleh zitiert auf Anfrage das Grundgesetz. In der Verfassung stehe, „dass eine Partei, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“, verboten werden könne. „Wenn das der Fall ist, dann ist es unsere staatsbürgerliche Pflicht, diese Frage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen“, sagte Saleh. Die Rechtsfolge sei „kein Ermessen“.
Grüne: „Opposition wirkt“
Dass weder die AfD noch der Begriff „Rechtsextremismus“ im Antrag benannt sind, stellt für die Grünen kein Hindernis dar, voraussichtlich für den Antrag der Koalition zu stimmen. „Opposition wirkt“, sagte der Grünen-Abgeordnete Ario Mirzaie, Sprecher seiner Fraktion für Strategien gegen Rechts, dem Tagesspiegel. „Obwohl der Antrag der Koalition hinter unseren Forderungen zurückfällt und sehr unspezifisch ist, empfehle ich meiner Fraktion die Zustimmung, denn es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.“
Er verwies darauf, dass die Berliner Grünen im Abgeordnetenhaus bereits seit anderthalb Jahren für die Prüfung und Einleitung eines AfD-Verbotsverfahren kämpfen. „Es ist bedauerlich, dass SPD und CDU sich nicht mal dazu durchringen können, die AfD oder Rechtsextremismus im Antrag zu benennen. Umso wichtiger ist es, dass den vagen Worten nun klare Taten folgen und der Antrag nicht als politisches Placebo endet“, sagte Mirzaie.
In der Linksfraktion hielten Diskussionen darüber, ob man sich dem Vorstoß der Koalition anschließen will, am Mittwochnachmittag an. Grüne und Linke wollen in ihren Fraktionssitzungen am Donnerstagmorgen final darüber entscheiden, wie sie sich zu dem Antrag verhalten.
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