zum Hauptinhalt
Der neue Jeep Compass auf einer „Gravel Road“ bei Barcelona

© Jeep

Europäer mit US-Genen: Auf katalonischen Buckelpisten ist der neue Jeep Compass in seinem Element

Für seine dritte Generation wurde der SUV komplett überarbeitet. Es gibt den Wagen bislang als eHybrid und E-Mobil. Weitere Motorvarianten sollen in Kürze folgen.

Stand:

Die Basecap mit dem aufgestickten Markennamen Jeep scheint schon viel mitgemacht zu haben: die dunkelblaue Farbe verwaschen, der Stoff des Schirms an drei Stellen zerschlissen, etwa so, als wäre man mit einem Jeep mehrfach drüber gefahren.

Eine Kopfbedeckung im Vintage-Look, wenn man so will, der dadurch etwas Unkonventionelles, ja Abenteuerliches anhaftet – genau das richtige Giveaway für die internationale Journalistenrunde, der unlängst in Barcelona die neue, dritte Generation des Jeep Compass vorgestellt wurde. Schließlich sind „Freiheit, Abenteuer, Authentizität und Leidenschaft“ traditionelle Werbebotschaften der aus dem Willys MB, dem legendären Geländewagen der U.S. Army, hervorgegangenen Marke.

Mit dem neuen Jeep Compass ist autonomes Fahren der Stufe 2 möglich.

© Jeep

Ob solch ein Versprechen eingelöst wird, ist auf breiten und sauber asphaltierten Straßen nur bedingt überprüfbar. Es war also zu erwarten, dass im „Roadbook“ für die Testfahrten nördlich der katalanischen Hauptstadt auch ein paar „Gravel Trails“ angekündigt waren – ein Euphemismus, wie sich herausstellte. Unbefestigte Straßen? Ja, das schon, aber zusätzlich von Erosion zerfressen, mit Riesenbuckeln und tiefen Querrinnen selbst in den gelegentlichen Haarnadelkurven.

Mit 90 km/h über die Holperpiste? Bloß nicht!

Immerhin kein Regen, der die Strecke in eine Rutschbahn verwandelt hätte. So konnte sogar auf die für raues Gelände vorgesehenen Fahrmodi „Sand/Mud“ und „Snow“ verzichtet werden: Der Testwagen, ein e-Hybrid mit 136 PS starkem Benziner und unterstützendem 28-PS-Elektromotor, bewältigte die Holperpiste schon im Standardmodus „Auto“ problemlos. Die überraschende, kurz auf dem Fahrerdisplay auftauchende Anzeige, hier seien 90 km/h zulässig, wurde wohlweislich ignoriert.

Für einen derart herausfordernden Untergrund ist der neue Jeep Compass offensichtlich gut gerüstet, nicht zuletzt durch die 20 Zentimeter Bodenfreiheit, den möglichen Böschungswinkel vorne von 20, hinten von 26 Prozent und die zugelassene, bei der Testfahrt irrelevante Wattiefe von 41 Zentimetern. Auch bewahren schwarze Kunststoffblenden an Radkästen und Schwellern den Lack vor unliebsamen Kratzern, und die Kameras und Radarsensoren in der Fahrzeugfront wurden vorsorglich höher gelegt, um sie vor Beschädigungen beim Offroad-Abenteuer zu schützen.

Fürs Offroad-Abenteuer stehen die Fahrmodi  „Sand/Mud“ und „Snow“ bereit.

© Jeep

Ohne die um 20 Prozent reduzierte Wankneigung der Karosserie hätte der Wagen auf dem buckeligen Gravel Trail wohl noch stärker geschwankt – eine Verbesserung gegenüber der zweiten Generation, von der das Fahrzeug, zurück auf zivilisiertere Straßen, besonders bei schnellen Kurvenfahrten profitiert haben dürfte. Auch hier ließ sich der neue Compass ebenso bequem wie sicher manövrieren, wie man das allein schon angesichts der neuen Fahrwerksabstimmung erwarten durfte.

Die Federung zeigte sich den in Ortsdurchfahrten zahllosen Temposchwellen selbst bei etwas flotterem Überqueren mehr als gewachsen. Und auf der Autobahn konnte man das Lenkrad schon mal für einige Zeit loslassen, während der Spurhalteassistent uns sauber durch die lang gestreckten Kurven zog. Irgendwann wurde der Wagen, gerüstet für autonomes Fahren der Stufe 2, aber doch nervös und empfahl, das Lenken bitte wieder selbst zu übernehmen.

Leicht gewachsene Außenmaße

Der neue Jeep Compass ist trotz seiner US-Gene genau genommen Europäer, auf dem alten Kontinent entworfen und entwickelt, im süditalienischen Melfi gebaut. In den Außenmaßen ist er leicht gewachsen, wurde aerodynamisch verbessert, und selbstverständlich trägt auch er die Insignien der Marke: das insgesamt robust wirkende Erscheinungsbild, die trapezförmigen Radkästen und besonders der ikonische Kühlergrill mit den sieben Schlitzen, die freilich tendenziell zu bloßen Designelemente werden. Wozu braucht ein E-Mobil noch einen Kühlergrill?

Die Allrad-Variante des Jeep Compass soll im kommenden Jahr folgen

© Andreas Conrad 

Und solch eine Version des neuen Compass gibt es selbstverständlich auch, 213 PS stark mit Frontantrieb, deren 74 kWh-Batterie 500 Kilometer Reichweite erlauben soll. Die Auftragsbücher für eine elektrische Long-Range- und eine Plug-in-Hybrid-Variante liegen schon bereit, im kommenden Jahr soll ein 4xe-Plug-in mit eigens für den Compass entwickelten E-Heckmotor folgen. Ein Exemplar dieser Allrad-Variante war bei der Präsentation des neuen Compass in Barcelonas Marina Port Vell bereits zur Schau gestellt, vor der Kulisse der Luxus-Yachten dekorativ auf einem Floß geparkt. 

Die größeren Außenmaße kommen der Innenarchitektur zugute, ist doch die Beinfreiheit der Fond-Passagiere um zwei Zentimeter gewachsen. Auch der Stauraum im vorderen Bereich hat zugelegt, ist von 14 auf 34 Liter gestiegen, woraus sich die Frage ergibt, mit welchem Kleinkram man ihn denn wohl füllen könnte. Aber egal, das Angebot ist da.

Der Kippschalter für die Fahrmodi ist unübersehbar in eine signalrote Fläche eingebettet.

© Jeep

Das Getriebe wird über einen Drehschalter auf der Mittelkonsole angewählt. Daneben wurde in bequemer Reichweite ein gummierter Kippschalter für die Fahrmodi platziert, eingebettet in einer Fläche von dramatisch wirkendem Signalrot. Niemand soll versehentlich danebengreifen, wenn es plötzlich mal ins Gelände geht und von „Auto“ oder gar „Sport“ auf „Sand/Mud“ oder „Snow“ gewechselt werden muss.

Zwecks Vernetzung bietet Jeep zwei Pakete an: „Connect One“ ist zehn Jahre lang im Fahrzeugpreis inbegriffen. Einige seiner Funktionen sind speziell aufElektrofahrzeuge zugeschnitten, etwa Ladeplanung, Vorklimatisierung des Innenraums oder Hilfen zum Optimieren der Batterieleistung. „Connect Plus“ gibt es gratis für ein Jahr als Testversion und erteilt etwa bei langen Strecken Vorschläge für optimale Ladestopps. Auch kann man darüber mit dem Wagen via ChatGPT interagieren, der ins Infotainmentsystem integriert ist.

Bedient wird dieses System über einen 16-Zoll-Touchscreen, der überraschend flach gehalten wurde – ebenso wie das um ein Head-up-Display ergänzte 10,25-Zoll-Kombiinstrument. Schon der Ästhetik wegen ist das zu begrüßen, wird doch das vor den Insassen sich ausbreitende Innenpanorama nicht schon wieder, wie üblich im modernen Fahrzeugbau, durch ein sperriges Tablet-Monster dominiert.

Ebenso erfreulich ist es, dass trotz aller im Wagen versteckten Hightech sich vor den Insassen keine reine Bildschirmszenerie ausbreitet, in der man selbst fürs simple Öffnen des Handschuhfachs erstmal im Menülabyrinth den entsprechenden Button finden müsste. Im Compass mit seiner ausgewogenen Mischung aus digitalen und analogen Bedienelementen geht das noch rein manuell. Nur auf Bildschirmen herumzutasten würde kaum zum abenteuerlichen Image der Marke passen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })