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Oppenheim-Prozess: 380 Millionen Euro zum Wohle der Bank
Das Erbe der Kölner Bank Sal. Oppenheim liegt in Trümmern. Der letzte Namensträger, Christopher Freiherr von Oppenheim, steht wegen Untreue und Kreditvergehen vor Gericht – am Donnerstag ist das Urteil zu erwarten. Ihm droht eine Haftstrafe.
Stand:
Nein, sagt Christopher von Oppenheim, daran könne er sich nicht erinnern. Er streicht sich mit der Hand nervös durch die Haare.
Nächste Frage.
Nein, auch davon wisse er nichts, sagt der 49-Jährige
Dasselbe bei der Frage, die dann folgt. Keine Erinnerung. Es sei ihm ja selbst unangenehm, meint der Baron, dass er das immer wieder sagen müsse. Er holt tief Luft, bevor er meint: Er habe damals hingenommen, wie es war, und oft nicht weiter nachgefragt.
Wissen will die Richterin Sabine Grobecker von Christopher von Oppenheim, von wem genau die Initiative für jenen 380-Millionen-Euro-Kredit ausging, mit dem sich das Bankhaus Sal. Oppenheim an das Schicksal des Arcandor-Konzerns kettete – mit verhängnisvollem Ausgang. Andere Institute des Gläubigerkonsortiums setzten sich bereits ab. Und Habe der Schritt nicht eigentlich von den Partnern in einem formalen Beschluss bestätigt werden müssen?
Christopher von Oppenheim müsste jetzt Namen nennen. Weil es doch nicht sein kann, dass in dieser Bank, deren Namen er selbst trägt, niemand entschieden habe. Doch Oppenheim weiß nicht zu helfen. Vielleicht entspricht es einfach nicht den Manieren der Familie von Oppenheim, anderen die Schuld zu geben, wenn das eigene Versagen unbestreitbar ist. Vielleicht will er vertuschen. Seine Gedächtnislücken stehen jedenfalls in eigenartigem Kontrast zu der Familientradition, die zu achten ihm früh beigebracht wurde und die vor allem von Erinnerung lebt.
Das beste Gedächtnis eines Bankers ist möglicherweise sein Konto. Was er auf Bankkonten nicht speichern kann, ist offenbar nicht wert, im Gedächtnis zu bleiben. Christopher von Oppenheim hat das meiste von dem, was er besaß, „am Ende wohl verloren“, wie er meint. Nun, in Saal 210 des Kölner Justizturms, hadert er damit, dass aus seinem Scheitern als Banker auch eine strafrechtliche Schuld erwachsen soll. Die Staatsanwaltschaft hat für ihn und seine Mitangeklagten Gefängnisstrafen über der Bewährungsgrenze gefordert. Am Donnerstag wird nach 127 Verhandlungstagen das Urteil gesprochen. Kriminell, sagt er, das sei „für mich eine neue und schockierende Kategorie“. Aus seiner Sicht ist er unbedenklicher mit Risiken umgegangen, als gut war, aber dennoch: zum Wohle der Bank.
Es ist ein Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte, das letzte Kapitel in der 220-jährigen Historie des unabhängigen Bankhauses Sal. Oppenheim. Nach dessen Beinahebankrott im Jahr 2009 müssen sich verantworten neben Christopher von Oppenheim der vormalige Bankvorstand Matthias Graf von Krockow, der Chef des Risikomanagements, Friedrich Carl Janssen, und der Leiter der Investmentsparte, Dieter Pfund. Es geht um den Vorwurf der Untreue und einen Schaden von etwas mehr als 100 Millionen Euro, den die Führungsriege dem Geldhaus in den zwei verhandelten Fällen eingebrockt haben soll. Eine Summe, die winzig erscheint, gemessen an den Summen, die durch Banken- und Euro-Krise seit 2008 vernichtet wurden und Zentralbanken wie die europäische veranlasst haben, mit Milliardenkrediten ganze Volksökonomien zu stützen.
Das Oppenheim-Drama ist da eher eine Fußnote. Es erzählt davon, wie eine Bank, die es eigentlich besser hätte wissen müssen, von der eigenen Hybris verschlungen wird.
Er sollte die Familientradition "fortführen", so verhieß es ihm sein Großvater
„Deine Zeit kommt noch.“ Mit diesem Satz hatte Alfred von Oppenheim, genannt „Alfie“ und letzter Bankpatriarch, seinen Sohn Christopher auf künftige Aufgaben vorbereitet. An den Wänden der Privatvillen hängen die Porträts früherer Banklenker. Die Erinnerung ist allgegenwärtig daran, dass Sal. Oppenheim die ersten Eisenbahnlinien finanziert und die industrielle Entwicklung im Rheinland vorangetrieben hat. Dass der Botanische Garten und der Zoo auf die Initiative der Familie zurückgehen. Dass sie die Gründung des Dombauvereins betrieb und die Colonia-Versicherung aufbaute. Heinrich Hertz, Entdecker der elektromagnetischen Wellen, entstammt ihren Reihen ebenso wie der Archäologe Max von Oppenheim, der das Deutsche Orientinstitut gründete.

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Christopher von Oppenheim ist zwölf, als er das erste Mal den Glanz dieser Tradition aufstrahlen sieht. Sein Großvater hat zur Konfirmation des Jungen in den Kölner Stammsitz geladen. Das Fest ist groß, „ein wesentliches Erlebnis“ wird er es vor Gericht nennen. Denn vor den vielen Menschen ergreift sein Großvater das Wort. Die Botschaft an den Enkel ist eindeutig. Dass er „irgendwann in der Bank tätig sein und die Familientradition fortführen“ werde. Es wird vorausgesetzt, dass er das will.
Die Bank. Christopher von Oppenheim hat in ihr als Siebenjähriger privaten Chinesischunterricht erhalten. Während sein Vater Alfred die vermögende Elite des Landes empfing, büffelte der Grundschüler nebenan die schwierigste Sprache der Welt. Und er war sogar einer, dem das Studieren lag, das Weltferne und Versunkene früherer Epochen zog ihn in den Bann.
Zur Ausbildung wird er in das ebenfalls von einer Familie gelenkte Bankhaus MM Warburg nach Hamburg geschickt, wo er als einer galt „mit Knick in den Schuhen“, so sehr habe er stets auf Zehenspitzen gestanden. Er musste sich strecken. Nach einer Zwischenstation bei der Citigroup stieg der junge Baron 1992 bei Sal. Oppenheim ein. Im Jahr 2000 rückte er in den Kreis der persönlich haftenden Gesellschafter auf, verantwortlich für das Privatkundengeschäft. Das Vermögen seines Vater wurde da vom „Manager Magazin“ auf 4,6 Milliarden Euro geschätzt.
Wie sich erinnern, wenn man so vieles als selbstverständlich erachtet?
Er gehe „keiner Tätigkeit“ nach, gibt Christopher von Oppenheim vor Gericht an. Seine Einkünfte: unregelmäßig. Er ordne seinen Besitz, sagt er, „ein komplexes Konstrukt“, was bedeute, dass er Immobilien und Beteiligungen für Verbindlichkeiten abstoße, die ihm durch die Arcandor-Insolvenz entstanden sind. Im Strudel dieser Firmenpleite wäre auch Oppenheim untergegangen, ein Notverkauf an die Deutsche Bank konnte das Geldhaus 2009 retten. Doch die Eigentümerfamilien Oppenheim, Ullmann, Pferdmenges, Marx, Strasoldo und von Wrede, die sich für ihre Geschäfte und ihren großbürgerlichen Lebensstil Geld von der eigenen Bank liehen, sind nun Schuldner des neuen Inhabers. Und bei einigen, so heißt es, übersteigen die Forderungen die hinterlegten Sicherheiten bei Weitem.
Es liegt in Trümmern, was über Jahrhunderte das Geheimrezept der Familienbank war, der Zusammenhalt der Stämme, der gesellschaftliche Status. Dass es vermeidbar gewesen wäre, hat Christopher von Oppenheim zugegeben. Er gibt sich eine Mitschuld.
In das Bankhaus spazierten die erfolgreichsten Unternehmer des Landes und fühlten sich verstanden
Dabei nahm der Sturz seinen Anfang 1989 mit dem größten Deal der Firmengeschichte. Für drei Milliarden D-Mark verkaufte Alfred von Oppenheim die Colonia-Versicherung. Ein Coup. Das verschaffte der Bank die nötigen Mittel zur technischen Modernisierung. Die stille Bindung der Gesellschafter war auf Jahre hinaus gesichert, was Christophers Vater, wie er dem „Spiegel“ sagte, als sein „größtes Verdienst“ betrachtete. Er baute sein Haus in einen spezialisierten Anbieter von Finanzdienstleistungen um und band die edelsten Unternehmerfamilien des Landes an sich. Diese investierten große Summen ihrer Millionenvermögen in zum Teil geschlossene Immobilienfonds, die die Bank gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Josef Esch als exklusive Anlagemodelle auflegte. Es finden sich Namen wie die des Schuhimperiums Deichmann unter den Investoren, des Autoteilezulieferers Benteler, der Douglas-Besitzer Kreke, des Verlegers Neven DuMont, des Bankerben Wilhelm von Finck sowie zuletzt des SGL-Carbon-Chefs Robert Koehler. Solche Kunden umwirbt jede Bank. Bei Sal. Oppenheim, dem Traditionshaus, gegründet im Jahr der Französischen Revolution, fühlten sie sich aufgehoben, verstanden von Leuten, die selbst große Privatvermögen besaßen, mit Geld also offenkundig umzugehen wussten.
Nun klagen sie in etlichen Zivilverfahren, nicht angemessen über Risiken aufgeklärt worden zu sein. Darunter frühere Topbanker anderer Institute. Wie gerade vor ihnen Investitionsrisiken verschleiert werden konnten, ist eine pikante Frage. Allerdings haben Gerichte zwei ehemaligen Bankern der Deutschen Bank bereits Recht gegeben. Einer hatte als Zeichner eines Oppenheim-Esch-Fonds hohe Summen in den Kauf und die Renovierung des Karstadt-Hauses in Potsdam gesteckt, das der Konzern dauerhaft mieten sollte. Was der Kläger Axel Pfeil nicht erfuhr, dass die Mietgarantie nur durch verdeckte Zahlungen an Karstadt zugesichert werden konnte. Mit der Pleite des Unternehmens war diese Garantie hinfällig - und der Kläger sah offenbar die Chance, sich seine Geld zurückzuholen. Denn im Übrigen war er auch nicht von der Abmachung zwischen Fonds und Karstadt unterrichtet worden, Einsparungen bei den Baukosten nur unter sich aufzuteilen. Die Investoren blieben außen vor.
Nur zwei Angeklagte räumen ihre Schuld ein

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Aus solchen Deals spricht nach Ansicht vieler Beobachter die Handschrift des Mannes, der aus einfachsten Verhältnissen stammend zum Zampano der Kölner Klüngelkultur aufstieg und als Schlüsselfigur im Oppenheim-Desaster gilt. Josef Esch, 57 Jahre alt, Immobilienspekulant, Vermögensberater, gelernter Maurer. Das Verfahren gegen ihn wurde gegen Auflage einer Zahlung in Millionenhöhe teilweise eingestellt. Keiner der Oppenheimer wollte ihn belasten. Seine Rolle, ob nun als „Graue Eminenz“ oder als „Erfüllungsgehilfe“ der Bank ist undurchsichtig. Entschieden haben allerdings immer die Banker selbst.
Eschs Aufstieg zum Partner ist eng mit dem so genannten Bauherrenmodell verbunden. Mit ihm entziehen sich vermögende Kunden dem Steuerzugriff des Staates, indem sie ihre Einkommen mit Krediten für Bauprojekte belasten. Etliche solcher Unternehmungen realisiert Esch in den 70er Jahren. Bei Zahnärztekongressen in Davos kommt der Kontakt zu Sal. Oppenheim zustande. Esch überlässt dem Direktor für Vermögensverwaltung seine Kundenadressen. Er darf selbst ein Konto bei der Upper-Class- Bank eröffnen. Einen wie ihn hat man geradezu gebraucht.
Esch ist gut darin, die Vorgaben der Bank zu erfüllen. Vertrauen wächst. Seine Immobilienprojekte werden immer größer. 1993 steigt Sal. Oppenheim in Eschs Holding ein, die zur Oppenheim- Esch-Holding wird. Sie bietet einem erlauchten Kundenkreis ab den 80er Jahren exklusive Beteiligungen an, die durch garantierte Mietzinsen abgesichert sein sollen. Dass deren Höhe vom marktüblichen Preis nicht gedeckt ist, spiele für die Kalkulation keine Rolle, lässt er seine Anwälte vor Gericht argumentieren. Sicherheiten und Verpflichtungen, Zinsen und Mieteinnahmen seien für jedes Projekt so ausbalanciert, dass sich die steuerlichen Vorteile rechnen. So verpflichtet sich etwa die Stadt Köln Mieten für neue Messehallen zu zahlen, die sich lediglich an Eschs Kalkulationen orientieren, nicht jedoch am realen Markt. Sein Meisterstück liefert er mit der Köln-Arena – heute Lanxess-Arena – ab. Annähernd eine Milliarde Euro sammeln Oppenheim und Esch von über 70 Anlegern ein, die durchschnittlich zwölf Millionen Euro einbringen. Denn Esch hat es geschafft, dass in einem Nebengebäude des Hallenstadions das technische Rathaus der Kommune untergebracht ist, so dass Mieteinnahmen auf Jahrzehnte konjunktursicher fließen.
Mit dem engsten Führungszirkel der Oppenheim-Bank verfolgt Esch allerdings andere Ziele. In diesen Kreis steigt Christopher von Oppenheim nach dem Tod seines Vaters 2005 auf. Leider sei er nicht wie jener, nämlich „das Schwergewicht“ gewesen, „der Entscheider, ohne den nichts ging“, sondern sah sich beinahe entmachtet. Bankvorstand Matthias Graf von Krockow versuchte, ihn zur BHF-Bank abzuschieben, die Sal. Oppenheim für 600 Millionen Euro erworben hatte. Informationen bekam er nur spärlich, er wurde nicht automatisch ins Vertrauen gezogen, sondern musste nachhaken. „Ich fühlte mich abgeschnitten.“ Es habe nicht seinem Naturell entsprochen, meint er allerdings, sich gegen die starken Charaktere im Haus durchzusetzen.
Eschs Trick ist die Garantie-Miete. Damit kann er Anleger locken
So wurde um Einfluss gestritten in der Familie. Graf Krockow vertrat als Sprecher der obersten Gesellschafterebene auch die Interessen des Schlenderhahn-Stamms, dem er durch seine Ehe mit Ilona Baronin von Ullmann angehört. Der direkte Draht zu Esch ließ die Ullmanns immer wichtiger werden. Kritische Stimmen aus dem Gesellschafterkreis, die vor einer „Abhängigkeit“ warnten, wurden abgewimmelt. Aber Baron Oppenheim glaubte, der Machtverschiebung nur dadurch begegnen zu können, dass er bei den Geschäften mitmischte, die die anderen betrieben. So würde er wenigstens wissen, erläutert er, was vor sich ging. Heute nennt er es eine „familienpolitische Maßnahme“. Das "sensible Gleichgewicht" der Stämme wollte "nicht stören".

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In der Bank hat sich da längst eine informelle Parallelstruktur für so genannte „Esch-Kredite“ gebildet. Mit ihnen finanzierten Oppenheim-Kunden ihre Fondsbeteiligung. Die Kredite wurden anders als üblich nicht vom Geschäftsführungsausschuss der Bank genehmigt, sondern von den Partnern an der Bankspitze. Selbst hochrangigen Mitarbeitern wurde gesagt, dass es ihnen dafür an Kenntnissen mangele. „Die Kultur des Bankhauses Oppenheim“, sagt ein ehemaliger Abteilungsleiter, sei nicht darauf ausgelegt gewesen, „kontrovers mit einem persönlich haftenden Gesellschafter zu diskutieren“. Für Christopher von Oppenheim ist diese Abschottung der Entscheider unter Umständen sogar geboten: „Wenn man bei solchen Transaktionen das tut, was im Normalfall geschieht“, erklärt er vor Gericht, „nämlich die Fachabteilungen einzuschalten, umfangreiche Informationen einzuholen, Chancen und Risiken abwägen zu lassen, dann sind diese Geschäfte in der Regel schon gestorben, ehe sie ins Leben gerufen werden.“ Die Bankführung wollte „schnell und autonom“ handeln können.
Danach handelten sie auch beim Verkauf einer Frankfurter Immobilie. Mit 51 Millionen Euro hatten die mit Esch verbandelten persönlich haftenden Oppenheim-Gesellschafter in den Fonds eingebracht, der das Grundstück in der Bockenheimer Landstraße für die Bank entwickeln sollte. Das Gebäude sollte Sitz der Investmentsparte werden. Die Bankführung vermietete als Immobilieninvestor also ein Gebäude an ihr eigenes Unternehmen. Auf dem Höhepunkt der Bankenkrise 2008 wollte sie von Vermietung nichts mehr wissen und betrieb den Ankauf von 95 Prozent ihrer Fondsanteile durch die Bank. Kaufpreis: 130 Millionen Euro. Wie hoch der dadurch entstandene Schaden ist, hat vor Gericht eine Phalanx von Gutachtern aufmarschieren lassen.
Es sei bei Sal. Oppenheim üblich gewesen, "Kredite ohne Sicherheiten" zu vergeben
Fataler für das Bankhaus war allerdings, dass es sich auf Eschs Spiel mit dem ganz große Geld einließ. Er hoffte, über die Aktienpakete der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, deren Vermögensverwalter er war, Einfluss auf den mit Karstadt fusionierten Konzern zu gewinnen. Über die Motive ist man unter den Beteiligten uneins. Einerseits wollte man offenbar die Karstadt-Immobilien in besten Innenstadtlagen nach dem üblichen Fonds-Modell verwerten. Andererseits ging es schlicht darum, Schickedanz als Großkundin nicht zu verlieren. Und natürlich dürfte eine Rolle gespielt haben, dass Graf Krockow, sein Schwager und Chef im Aufsichtsrat Georg Baron Ullmann und Christopher von Oppenheim sich über eine Esch-Firma Kredite von der eigenen Bank besorgt hatten, um sie an Madeleine Schickedanz weiterzureichen. Verdeckt. Als mit zunehmender Schieflage des Schickedanz-Engagements im Arcandor-Poker die Frage auftauchte, ob die Bank ihre Einlagen bei der Erbin nachträglich absichern sollte, wurde die Kreditabteilung außen vor gelassen. Denn die „neigte zu unkontrollierten Vorstößen“, wie Chef von Krockow gestand. Und das konnte man bei einer Premiumkundin wie ihr nicht gebrauchen. So unterblieb die Absicherung abermals, obwohl sie von den Partnern beschlossen war.
Dazu müsse man wissen, führt Christopher von Oppenheim einmal aus, „dass es bei Sal. Oppenheim üblich war, Kredite auch ohne feste Sicherheiten zu vergeben“. Die Ausfallraten seien gering gewesen. Und als Sicherheit stand ja in diesem Fall er mit seinem Vermögen ein.
Graf Krockow konnte bis Oktober 2008 die Illusion aufrecht erhalten, dass er über die Achse Esch-Schickedanz über die Vorgänge im Konzern bestens unterrichtet sei. Im Grunde beschränkte sich sein Wissen auf das, was ihm Konzernchef Thomas Middelhoff am Telefon mitteilte. Auch dessen Vermögen war in Oppenheim-Esch-Fonds reichlich gebunden. Man fühlte sich offenbar im selben Boot. In seinem Geständnis sagt Graf Krockow, dass es "ein Leichtes" gewesen wäre, sich bei den über den Fortgang der Rettungsbemühungen zu erkundigen. Er hielt es nicht für nötig. Seinen Partnern hatte er gesagt, er kümmere sich darum.
An den Moment, als Christopher von Oppenheim merkte, wie einsam es um ihn wurde, kann er sich gut erinnern. Die Bankenaufsicht ermittelte wegen der Schickedanz-Kredite. Ihre Bürgschaften sollten in irgendeine Form der Besicherung umgewandelt werden. Festgeld oder Kredite, irgendetwas, das man abbuchen konnte. Oppenheim war dafür, doch Graf Krockow sträubte sich. Er ging telefonierend durch den Garten des Barons, suchte mit Esch nach einer Lösung. Schließlich eröffnete er dem verdutzten Partner, dass er nicht mehr die Mittel habe. Und überhaupt habe seine Bürgschaft jemand ganz anderem gegolten. Es würde an Christopher hängen bleiben, CvO, dem Letzten seines Zeichens.
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