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Kleinmütiger Kampf. Im Gegenwärtigen wird groß und größer, was schmutzig wirkt. Es geht darum, was von Helmut Kohl bleiben soll.

© Michael Gottschalk/dapd

Verstorbener Altkanzler: Das Trauerspiel um Helmut Kohl

Kränkung, Rache, Revanche – nach Helmut Kohls Tod herrscht Unfrieden in seiner Familie. Dass der Altkanzler größer war als dieser Streit, gerät mit jedem Tag mehr in Vergessenheit. Unser Blendle-Tipp.

Wenn es doch nur einen Shakespeare gäbe, einen, der die Tragödie in erhabene Worte kleiden könnte. Worte, die nicht vergehen, wie der Mensch vergänglich ist. Der Leib selbst des Größten, des Bedeutendsten. Denn wahr ist doch, dass sich Ungeheuerliches ereignet im Hause Kohl. So viel, dass man sein Andenken zerstört zu sehen glaubt – in einem Moment, in dem doch der Chef mit höchsten Weihen versehen dem Olymp der Geschichte entgegenstrebt. Vereint mit Europa, der Sagengestalt, deren Hand er hält, über den Tod hinaus.

Aber nichts da. Solche Überhöhung fällt aus. Das Große wird kleingemacht, wohlgemerkt: gemacht. Nicht vom Großen selbst, sondern von denen, die um ihn herum sind. Die klein denken und kleinkariert handeln im Angesicht des Todes dieser Gestalt, die einst ein Massiv des Politischen war. Zuletzt bröckelnd, doch selbst in dieser geschwächten Erscheinung noch dazu angetan, zu erhalten, was politisch zu versinken drohte. Helmut Kohl, der Ehrenbürger Europas, gibt im Tode dem Kontinent und seiner Idee von Frieden, Wohlstand und Miteinander neuen Atem ein. Ein Paradoxon, griechisch geradezu? Vielleicht.

Kohl, der Konservative, war ein Friedenskanzler

Vielleicht allerdings noch mehr eine Ironie der Geschichte, dass es seines Todes bedurfte, um alles das wiederzubeleben, wofür er stand.

Kohl, der Konservative, war ein Friedenskanzler, auf den sich heute auch die Linke beziehen kann; Kohl, der Konservative, war ein Christlich-Sozialer, der den Reichen mehr zusetzte, als es heute die Sozialdemokraten wagen. Kohl, der Vorsitzende der CDU, war der Kanzler, der binnen Kurzem mehr Ideen für Europa generierte und durchsetzte als seine politische Nachfahrin in beiden Ämtern in ihren zwölf Jahren.

So groß war Kohl, politisch, und das bestimmt die Dimension des Geschehens. Oder besser: dessen, was zu geschehen hätte. Ihn mit großer Geste zu verabschieden, müsste einhergehen mit großen oder zumindest großzügig anmutenden Gesten derer, die nach ihm kommen. Nun ist es immer schon schwierig gewesen, nach Heroen heroisch zu sein. Wer den, der vorher war, überstrahlen soll, kann daran scheitern. Das alte Thema von Vätern und Söhnen. Nur selten kommt nach einem Philipp, dem großen Makedonier, ein Alexander der Große. Und bei den Kohls ist kein Alexander zu Hause, sondern ein Walter.

Der ältere von zwei Söhnen erinnert ...

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