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Fashion Week Berlin: Die Berliner Modesprache

Die Mode für den nächsten Winter wird dunkler und angezogener. Berliner Designer wie Vladimir Karaleev bestimmen immer mehr die Fashion Week – aber erst mit den Messen wird aus Berlin ein richtiger Modestandort.

Lala Berlin ist eine sichere Bank — sie schafft es, gleich drei Tendenzen in ein Outfit zu packen: Spitze, bauchfrei und große Mäntel. Auch wenn die Aufforderung „Werdet wild und tut was Schönes“, die sie in ihre Pullover stricken ließ, etwas zu plakativ geriet, glaubt man ihr den Spaß an der Mode. Den hat sie genau wie das Label Kaviar Gauche und Esther Perbandt nun schon seit zehn Jahren.

Das, was international groß ist, wurde auch in Berlin gezeigt: Das Spiel mit den Materialien. Aufwändig bearbeitete Stoffe wie glänzend beschichtete Wolle sah man fast überall. Durchaus erkennbar waren auch die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Designer. Wer Geld hat, kann seine Formensprache mit mehr Leichtigkeit weiterentwickeln als diejenigen, die sich um die Finanzierung ihrer Schau kümmern müssen.

Wer sich fragt, was das ganze Theater bringt, dem sei gesagt: viel. Wenn man in einer Saison vier Kollektionen sieht, die wirklich gelungen sind, ist das für Berliner Maßstäbe schon herausragend und lohnt all die anderen Präsentationen, bei denen das Aha-Erlebnis ausbleibt. Denn wo es Konkurrenz gibt, da entwickelt sich etwas.

Modeschauen, die nie aufhören sollten

Da sei an erster Stelle Vladimir Karaleev genannt. Er liefert jede Saison so eigenständige Qualität ab, dass man sich wünscht, die Schau möge weiter und weiter gehen. Man kann sich kaum sattsehen an all den Details. Ob das nun die nach außen gelegten Paspeltaschen sind, die in zwei Schichten gelegten Jacken oder das taubenblaue Oberteil mit aufgenähten Wollstoffstreifen.

Oder Perret Schaad: Die beiden Designerinnen sind Meisterinnen darin, ungewöhnliche Farben miteinander zu kombinieren, glänzende und stumpfe Materialien gegeneinanderzustellen und damit in aller Schlichtheit etwas Besonderes zu schaffen.

Und ja, es gibt so etwas wie eine Berliner Modesprache. Nur wird sie noch von zu wenig Menschen gesprochen, weil man die meisten Kleidungsstücke nach der Fashion Week nie mehr wiedersieht, nicht in deutschen Läden und erst recht nicht auf der Straße.

Warum Berlin als Modestandort funktioniert

Für den großen, kommerziellen Auftritt müssen nach dem Weggang von Hugo Boss, Strenesse und Escada jetzt Marc Cain, Schumacher und Laurèl sorgen. Bei ihnen saßen dann plötzlich geföhnte Blondinen mit ihren geschniegelten Männern im Publikum, die sonst eher auf der Messe Panorama zu Hause sind.

Und da wären wir schon beim nächsten Argument, warum Berlin als Modestandort funktioniert. Wo sonst auf der Welt kann man sich das ganze Spektrum der Mode in so kurzer Zeit anschauen: Von Schneiderkunst über ökologisch korrekte Bekleidung bis zu komplett durchkommerzialisierten Markenkonstrukten, bei denen es nur ums Geldverdienen geht. Marc Cain, ein Modekonzern aus Bodelshausen, eröffnet alle paar Wochen einen neuen Laden irgendwo auf der Welt. Deshalb war die Schau im Zelt auch eher ein Schmankerl für Einkäufer und Kunden. Das wahre Geschäft macht Marc Cain auf der Panorama in der Nähe des neuen Flughafens Schönefeld. Hier hatte das Unternehmen einen Laden eins zu eins nachgebaut, um potenziellen Franchisenehmern aus Ländern wie Kasachstan zu zeigen, wie ein Geschäft in Astana aussehen könnte.

Bilanz auf Messen und Nischenveranstaltungen

Die Messe läuft wie geschmiert, auch wenn es einigen Teilnehmern der Modewoche nicht gefällt. Wie dem Bread & Butter-Chef Karl-Heinz Müller, der fürchtet, dass Berlin beliebig wird. Vor dieser Gefahr ist allerdings auch seine eigene Veranstaltung nicht gefeit. Die Zugpferde, große Marken wie G-Star, Pepe Jeans und Adidas fehlten genauso wie die prickelnde Gewissheit, bei etwas Aufregendem dabei zu sein. Aber die Bread & Butter ist immer noch die Leitmesse für Jeans, Sportswear und andere Alltagskleidung.

Die Premium am Gleisdreieck, die noch nie mit dem Anspruch angetreten war, hipper als alle anderen zu sein, war bis auf den letzten Winkel ausgebucht und laut Messechefin Anita Tillmann brummt das Geschäft in Berlin: „Das war die bisher erfolgreichste Premium, mit mehr internationalen Besuchern denn je. Es wurde so viel geordert wie noch nie zuvor.“

Dazu kommen zahlreiche Nischenveranstaltungen wie die Messe für große Größen „Curvy is Sexy“ und die mit 115 Kollektionen größte Plattform Europas für ökologische Mode, der Green Showroom und die Ethical Fashion Show.

Auch an der Mercedes Benz Fashion Week geht dieser Trend nicht vorbei: Mit Umsan war das erste, wirklich vegane Modelabel bei den Modenschauen am Brandenburger Tor dabei. Auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal Berlins.

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