Die Restaurantkritik: Harbour in Brandenburg: Keine Spur von Nahem Osten
Erneut ein bekannter israelischer Koch im Raum Berlin: Ronen Dovrat-Bloch arbeitet jetzt am Schwielowsee. Sein Konzept: irgendwie mediterran
Israelische Köche haben uns in den letzten Jahren eine Menge kulinarischer Inspirationen gebracht – am erfolgreichsten waren zuletzt vermutlich Meir Adoni und Gal Ben-Moshe. Das offene Konzept der modernen Nahost-Stilistik, die jüdische, arabische, russische und moderne Gourmet-Einflüsse verbindet, hat durchaus noch Platz für andere. Dass aber ein in Israel recht bekannter Küchenchef nun im ehemaligen „Ernest“ im Schwielowsee-Resort, heute: „Precise Resort“, in Geltow aufschlagen würde, kam doch unerwartet.
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Ronen Dovrat Bloch ist ein interessanter Vogel, hat als Fotograf und Drogenfahnder gearbeitet, bevor er nach einer Kochausbildung in Paris nacheinander verschiedene Restaurants in Israel betrieb. Dass er nun hier sesshaft zu sein scheint und nicht nur als Berater aus der Ferne agiert, hat wohl mit dem Plan zu tun, ein weiteres Restaurant in Berlin zu eröffnen. Und zwar ausgerechnet am Anhalter Bahnhof, was einen Vergleich mit dem „Layla“ unausweichlich macht.
Sashimi in Olivenöl
Das „Harbour“ jedenfalls hält diesem Vergleich bislang nicht stand. Das liegt schon einmal daran, dass bei unserem Besuch ein nahöstlicher Einfluss überhaupt nicht erkennbar war – das war einfach mediterrane Küche.
Und die begann mit der seltsamen Idee, ein „Thunfisch-Sashimi“ derart in Olivenöl zu versenken, dass es wie Suppe aussah. So viel Öl konnte man gar nicht abstreifen, um an das Fischaroma heranzukommen (14 Euro).
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Besser gelangen die „Ravioli mit roten Krabben und Garnelen“, eigentlich ein großer Raviolo mit einer ebenso großen gebratenen Garnele auf einer Lauch-Parmesanbasis und Krabbenschaum drüber (16). Die Füllung bestand zwar aus den eher unerquicklichen ausgelösten Flusskrebsen, aber Aromen und Würzung stimmten.
Risotto ohne Steinpilze
In Richtung einer milden Bouillabaisse war die Meeresfrüchtesuppe abgestimmt, die für 24 Euro üppig mit Muscheln, Garnelen und Tintenfisch punktete.
Beim Arborio-Risotto stimmte der Garpunkt, allerdings konnten wir zwischen Pfifferlingen und Herbsttrompeten nichts von den versprochenen Steinpilzen finden; die „fünfstündige gebackene Kalbsbacke“ lag, in Würfel geschnitten, fremdelnd obenauf (22).
Ganz schick trat dann das Joghurt-Crumble mit Cranberry-Parfait und Honig-Joghurt-Eis (11) auf, das sah modern aus und schmeckte kontrastreich, während das Millifeuille mit Safraneis und Pistaziencreme ziemlich schwer ausfiel: Zwischen ein paar schön knusprigen Filo-Blättern lastete eine enorm zähe, schwere Creme (10).
Teuer kalkulierte Weine
Der Service, von jungen Männern unterschiedlicher Qualifikation betrieben, hat noch nichts Verbindliches, auch hier werden Paare trotz Reservierung erst einmal ohne Sinn am Katzentisch zwischengelagert. Und leider sind auch die Weine aus der knappen Karte (ohne Jahrgangsangaben) teuer kalkuliert – Chardonnay von Dreißigacker kostet 46 Euro.
Als Ausflugsziel, herrlich an einer kleinen Marina gelegen, ist das also durchaus zu empfehlen, aber das Restaurant selbst benötigt noch viel Feinarbeit und eine schlüssige Küchenidentität.
– Harbour im „Precise Resort“, Am Schwielowsee 117, Werder/Havel, Mi–Fr ab 17, Sa/So ab 12 Uhr, Tel. 03327/5696904
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