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Habeck warnte davor, dem Klimaschutz alles unterzuordnen.

© imago/epd/Thomas Lohnes

Update

„Letzte Generation“ beim Kirchentag: Habeck warnt davor, dem Klimaschutz alles unterzuordnen

Wirtschaftsminister Habeck diskutierte in Nürnberg mit „Letzte Generation“-Sprecherin Carla Hinrichs. Zuvor hatten sich Aktivisten in der Innenstadt festgeklebt.

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Die Klebeaktionen der Gruppe „Letzte Generation“ schaden nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Bemühungen um den Klimaschutz. „Dieser Prozess verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. „Es ist keine Hilfe beim Klimaschutz.“

Er warnte außerdem davor, dem Klimaschutz alles unterzuordnen. „Wenn wir die Klimafrage über alles stellen ... wozu führt das denn“, fragte Habeck. Auch für den Kirchentag sei Energie verbraucht worden, für Leinwände, Licht und die Anreise der Zehntausenden Besucher. Aber sei es darum besser, den Kirchentag nicht abzuhalten, fragte er. „Die Schuldfrage führt im Grunde dazu, dass man handlungs- und auch denkunfähig wird.“

„Hätte ich keine vier Söhne haben sollen, weil dann der CO₂-Ausstoß reduziert wäre? Das ist hoffnungslos“, betonte der Minister. Die Frage müsse darum sein: „Wie schaffen wir Klimaneutralität unter den Bedingungen einer funktionierenden Gesellschaft?“

Es sei wichtig, so viele Menschen wie möglich mitzunehmen auf dem Weg zu einem besseren Schutz des Klimas, sagte Habeck: Wenn Politik aufhöre, Menschen anzusprechen und mitzunehmen, nicht dafür arbeite, dass es Mehrheiten gebe, dann öffne das Raum für Populismus.

„Letzte Generation“-Sprecherin kritisiert Habeck

Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Carla Hinrichs, entgegnete auf Habecks Kritik im Rahmen einer Podiumsdiskussion: „Seit wann bewertet die Regierung den Protest gegen sich selber als richtig oder falsch?“

Sie sagte, sie sehe große Widersprüche im Umgang mit ihr und ihrer Klimaaktivistengruppe. Die Ambivalenz, die „uns jungen Menschen, die friedlich für ihr Leben demonstrieren“, entgegengebracht werde, sei gewaltig, „und die macht mir Angst“, sagte sie.

Auf der einen Seite werde sie zum Kirchentag eingeladen, um dort mit Wirtschaftsminister Habeck zu diskutieren. Auf der anderen Seite seien aber „30 Polizeibeamte mit vorgehaltener Waffe in mein Zimmer“ gestürmt. „Da saß ich dann mit zehn Beamten um mich rum in meinem Schlafanzug.“

„Warum ich? Warum passiert das gerade?“, habe sie sich gefragt. Ihre Antwort: „Man will nämlich meine Stimme nicht mehr hören müssen.“ Sie solle eingeschüchtert werden, sagte Hinrichs. „Darum standen diese Polizeibeamten in meinem Zimmer – weil ich protestiere.“

Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Carla Hinrichs, sieht große Widersprüche im Umgang mit ihr und ihrer Klimaaktivistengruppe.
Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Carla Hinrichs, sieht große Widersprüche im Umgang mit ihr und ihrer Klimaaktivistengruppe.

© dpa/Daniel Karmann

Vor rund zwei Wochen hatten rund 170 Beamte bei einer Razzia gegen die „Letzte Generation“ Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern durchsucht.

Klebeaktion auch in Nürnberg

Kurz vor der Diskussion hatten Mitglieder der „Letzten Generation“ sich vor dem Nürnberger Hauptbahnhof auf der Straße festgeklebt. Die mit Warnwesten bekleideten Blockierer hielten Plakate mit Slogans wie „Nein zur Zerstörung der Lebensgrundlagen, ja zum Gesellschaftsrat Klima“ und „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle“ hoch.

Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Aimée van Baalen, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), unter den Protestierenden seien auch Teilnehmer des Kirchentages. „Das ist eine symbolische Aktion zum Kirchentag“, erklärte sie. Weitere Aktionen seien nicht geplant.

Aktivisten der „Letzten Generation“ protestieren vor dem Nürnbeger Hauptbahnhof.
Aktivisten der „Letzten Generation“ protestieren vor dem Nürnbeger Hauptbahnhof.

© imago/epd/IMAGO/Karsten Frerichs

Zum Teil wurde der Asphalt um die acht Aktivisten herum herausgeschnitten, wie ein Polizeisprecher sagte. Auf Twitter schrieb die Klimaschutzgruppe zu dieser Aktion: „Nein und Amen.“

Kilometerlange Menschenkette für den Klimaschutz

Ohne Klebstoff kamen Umweltverbände mit einer Menschenkette in der Nürnberger Innenstadt aus, mit der sie mehr Anstrengungen für den Klimaschutz forderten. Vom Evangelischen Kirchentag solle ein starkes Zeichen ausgehen: „Wir wollen jetzt ernsthaften Klimaschutz und wir sind viele“, hatte die Umweltbeauftragte des Dekanats, Ute Böhne, vorab mitgeteilt.

Die Menschenkette verband am Freitag den Sebalder Platz in der Innenstadt mit der wenige Kilometer entfernten Zentrale eines Energieversorgers.

Die Klimakrise ist eines der zentralen Themen bei dem fünftägigen Protestantentreffen in Nürnberg. Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag dauert noch bis Sonntag. Bei dem Treffen unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“ stehen rund 2.000 Veranstaltungen auf dem Programm. (dpa/epd)

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