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Ein Plus für DAB+: Bis Ende des Jahres geht eine zweite bundesweite Digitalradioplattform mit 16 zusätzlichen Programmen in Betrieb.

© Jörg Carstensen/dpa

Abschied von UKW?: Schalt’ das Digitalradio ein

Digitalradio-Empfänger liegen im Trend. Aber dennoch gibt es weiterhin kein Abschaltdatum für UKW.

In der Schweiz sind die Tage des guten alten UKW-Radios gezählt. Weil nur noch 13 Prozent der Schweizer ausschließlich auf analoge Weise Radio hören, zugleich aber über zwei Drittel der Radioprogramme digital konsumiert werden, wird im Nachbarland die UKW-Abschaltung noch früher erfolgen als ursprünglich geplant.

Im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk von SRG endet die UKW-Ära im August 2022, die privaten Sender schalten im Januar 2023 ab. Zunächst war das UKW-Aus auf Ende 2024 terminiert gewesen. Komplett von UKW verabschiedet hat sich bislang in Europa nur Norwegen.

Für Deutschland gibt es allerdings weiterhin kein Abschaltdatum für das UKW-Radio, auch wenn der Trend zum Digitalradio ungebrochen ist. „Fast zwei Drittel der Menschen haben nun Zugang zu mindestens einer digitalen Empfangsmöglichkeit oder nutzen Webradio“, zitierte am Montag der Marktforscher Oliver Ecke aus dem Digitalisierungsbericht Audio 2020, der im Auftrag der Landesmedienanstalten angefertigt wurde.

Das Institut Kantar hatte von Mai bis Juni über 7000 deutschsprachige Menschen zu ihrer Radionutzung befragt und dabei herausgefunden, dass fast ein Viertel der Haushalte inzwischen über einen digitalen Radio-Empfänger mit DAB+- Standard verfügt. Interessant: Steht im Haushalt erst einmal ein Digitalradio, wird es häufiger eingeschaltet als die UKW-Empfänger. Dies war im Vorjahr noch nicht so.

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Vorreiter bei der digitalen Radio-Nutzung sind dabei die Hörer in Bayern und Sachsen. In Berlin liegt der Digitalradio-Anteil hingegen nur bei 18,5 Prozent. Damit ist die Bundeshauptstadt Schlusslicht im DAB+-Ranking, was vor allem mit der großen Zahl von UKW-Radios erklärt wird. Aber auch in Brandenburg (20,5 Prozent) ist die Digitalradio-Nutzung unterdurchschnittlich.

Insgesamt gesehen befinden sich in deutschen Autos und Haushalten inzwischen knapp zehn Millionen DAB+-Radios, eine Million mehr als im Vorjahr. Gemessen an der Anzahl der Radiogeräte liegt UKW mit über 125 Millionen Radios aber weiterhin deutlich vor DAB+ (16,6 Millionen) und Internet-basierten Radio-Empfängern (knapp acht Millionen) wie insbesondere Smartphones. Doch die Anteile verschieben sich zusehends Richtung Digitalempfang.

Über ein Abschaltdatum wird seit Jahren gestritten

Über die Notwendigkeit eines raschen Umstiegs von UKW auf das Digitalradio wird in Deutschland heftig gestritten. Die Befürworter von DAB+ verweisen auf eine größere Sendervielfalt, die bessere Klangqualität und geringere Verbreitungskosten. Die vor allem bei den privaten Radios zu findenden Bremser dieser Entwicklung befürchten hingegen einen Rückgang der Reichweiten und damit geringere Werbeeinnahmen.

Der Blick in die Schweiz zeigt für MDR-Intendantin Karola Wille gleichwohl, wohin die Reise geht. Aber auch Deutschland sei auf digitalem Wachstumskurs, kommentierte sie die Zahlen. Eine Million Menschen mehr haben seit dem Vorjahr Zugang zu den digital-terrestrischen Radioangeboten.

„DAB+ ist der Verbreitungsweg mit dem stärksten Zuwachs.“ Durch mehr digitale Empfangsmöglichkeiten bekomme die Nutzung des digitalen Radios nochmals einen mächtig starken Schub, so Wille. Der Start der zweiten bundesweiten Senderkette für DAB+ werde dabei ein weiterer Meilenstein sein. Auch in die medienpolitische Diskussion über die Migration von UKW zu DAB+ sei dabei wieder Bewegung gekommen.

Mit der gestiegenen Reichweite und den geringeren technischen Übertragungskosten wird DAB+ auch verstärkt für private Radioveranstalter interessant. Im Oktober startet eine zweite bundesweite Digitalradio-Plattform mit 16 zusätzlichen, bundesweit hörbaren Programmen. Sie wird vom Konsortium „Antenne Deutschland“ betrieben.

Stefan Raue, der Intendant des Deutschlandradios, rät bei allem Digital-Optimismus dazu, „lass uns das Abschaltwort mal ein bisschen in die zweite Reihe setzen“. Ein belastbares Datum für die UKW-Abschaltung sei angesichts der sehr schwierigen Situation nur sehr schwer zu kalkulieren. „Das sorgt für mehr Ängste als es Hoffnungen macht.“

Klar sei aber auch, dass die Radio-Macher auf die Dauer so viele Verbreitungswege nicht finanzieren können. „Ob privat oder öffentlich-rechtlich spielt dabei gar keine Rolle.“ Man müsse sich darum überlegen, wie man vernünftig von der UKW-Technik in die DAB- und Digitalwelt marschiert. Von der zweiten bundesweiten Senderkette erwartet auch Raue eine Belebung, die manche Fragen überflüssig machen könnte.

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