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Internet: Die Antwortmaschine

"Wolfram Alpha" will kein Google-Killer sein, eine Alternative ist es dennoch.

Die Krise geht auch an Google nicht spurlos vorbei. Im ersten Quartal dieses Jahres nahm der Internet-Gigant erstmals in seiner Unternehmensgeschichte weniger ein als im Vorquartal. Zudem hat die Suchmaschine in diesem Jahr mit massiven technischen Problemen zu kämpfen. Zuletzt blieb die beliebte Internetseite am Donnerstag für eine Stunde im Datenstau stecken. Und seit diesem Wochenende muss sich Google noch einer ganz anderen Herausforderung stellen: einer Konkurrenz, die es in dieser Form für das erfolgsverwöhnte Unternehmen aus Mountain View in Kalifornien noch nicht gegeben hatte. Am Sonnabend ging – anderthalb Tage vor dem angekündigten Launch – „Wolfram Alpha“ im Testbetrieb an den Start. Das Besondere daran: Anders als alle anderen Suchseiten ist Wolfram Alpha eine Antwortmaschine. Wer auf www.wolframalpha.com einen Suchbegriff eintippt, erhält keine seitenlange Liste mit Internetverweisen, sondern konkrete Fakten.

Ihren Namen hat die Antwort- und Wissensmaschine vom 59-jährigen Briten Stephen Wolfram, der ein gleichermaßen genialer Physiker, Mathematiker und Unternehmer ist. Wolfram, dessen Eltern 1933 aus Deutschland nach England emigrierten, begann mit siebzehn ein Physikstudium in Oxford. Bereits ein Jahr zuvor hatte er einen Beitrag über Teilchenphysik veröffentlicht. Die Kombination aus Wissenschaft und Wirtschaft gelang ihm Ende der 80er Jahre mit der Entwicklung der Software „Mathematica“, mit der noch heute sowohl wissenschaftliche Gleichungen wie Börsenkurse berechnet werden. Vermarktet wird das Programm von seinem eigenen, im US-Bundesstaat Illinois angesiedelten Unternehmen Wolfram Research.

Für Wolfram Alpha steht derzeit vor allem fest, was es nicht sein soll: ein Google-Killer. Im Moment würde das schon deshalb nicht funktionieren, weil die Nähe von Wolfram Alpha zu Mathematica überdeutlich ist. Um vernünftige Antworten zu erhalten, erwartet die Wissensmaschine eine Eingabe, die in der einen oder anderen Form mit Zahlen oder konkreten Fakten zu tun hat. Gibt man beispielsweise „November 22, 1963 Dallas“ ins Suchfeld ein – derzeit lässt sich Wolfram Alpha nur in englischer Sprache bedienen –, erfährt man, dass dieses Datum 45 Jahre, fünf Monate und 25 Tage zurückliegt, dass sich Dallas in Texas, USA, befindet, dass dieser Tag zehn Stunden und 20 Minuten Tageslicht hatte und, dass an diesem Tag Präsident John F. Kennedy und der Novellenschreiber C.S.Lewis gestorben sind. Hätte man den Namen des ermordeten US-Präsidenten direkt eingegeben, wäre man auf den Hinweis gestoßen, es einmal mit dem Begriff Kennedy zu versuchen.

Für Stephen Wolfram ist seine Schöpfung darum auch nicht als Suchmaschine, sondern als „Maschine des computerisierten Wissens“ zu verstehen. Besonders beeindruckende Ergebnisse liefert Wolfram Alpha dann, wenn man beispielsweise die Namen von zwei börsennotierten Unternehmen eingibt wie Google und Microsoft. Die Informationen, die Wolframs Software dann nach einigen Berechnungen auswirft, dürften viele Börsianer glücklich machen. Wer sachbezogene Informationen sucht, findet in Wolfram Alpha eine interessante Alternative zu Google, MSN und Yahoo. Meinungen, Klatsch und Tratsch lassen sich hingegen nicht berechnen.

Wie schwierig es ist, auf dem heiß umkämpften Markt der Suchmaschinen zu bestehen, hatte übrigens zuletzt Jimmy Wales zu spüren bekommen. Der Wikipedia-Gründer wollte Anfang 2008 den Gemeinschaftsgedanken des Internet-Lexikons auf die Suchmaschinen-Technik übertragen. Neben dem rein technischen Algorithmus zum Auffinden passender Internethinweise sollten die Internetnutzer ihr Wissen um die besten Fundstellen im World Wide Web in Wikia Search einbringen, um so zu den zutreffendsten Antworten zu gelangen. Dem ehrgeizigen Projekt blieb jedoch der Erfolg verwehrt. Ende März stellte Jimmy Wales Wikia Search wegen zu geringer Nutzerzahlen ein.

Der Gedanke hinter Wolfram Alpha, so viel lässt sich bereits jetzt absehen, wird hingegen nicht folgenlos bleiben. Die Konkurrenten Google und Microsoft haben bereits angekündigt, in den nächsten Wochen neue Konzepte vorzustellen: für Suchmaschinen, die ebenfalls konkrete Antworten geben.

www.wolframalpha.com

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