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Diskussion um öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Vorbild MDR?
„Wir brauchen ein paar Verabredungen, wie die Leitung arbeiten muss.“ Politiker fordern strukturelle Veränderungen bei RBB, NDR & Co.
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An dem Tag, an dem mit der Wahl der Interims-Intendantin Katrin Vernau ein neues Kapitel beim Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) aufgeschlagen werden sollte, hagelte es weiter Vorschläge, wie denn der RBB, mithin der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk (ÖRR) zukünftig aufgestellt werden soll. Die Vorwürfe unter anderem der Vetternwirtschaft um die geschasste RBB-Intendantin Schlesinger zeigten auf, dass da beim ÖRR, Stichwort Transparenz und Kontrolle, einiges im Argen liegt.
Der CDU-Medienpolitiker Christian Goiny fordert im Zusammenhang mit der RBB-Krise eine Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrages. Wenn es im kommenden Jahr einen neuen Rundfunkrat, einen neuen Verwaltungsrat und eine neue Intendanz bei dem Sender gebe, müsse der Rundfunkstaatsvertrag geschärft werden, damit Kontrolle, Information, Compliance und Aufklärung besser funktionieren, sagte der medienpolitische Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus im RBB-Inforadio.
Ein paar Verabredungen, wie die Leitung des RBB arbeiten muss
„Wir brauchen bessere Informationsrechte für den Rundfunkrat, der schwerpunktmäßig den Auftrag hat, das Programm zu kontrollieren. Bislang kann er vieles nicht“, sagte Goiny, der Mitglied des 30-köpfigen Gremiums ist, das am Mittwochnachmittag in Potsdam-Babelsberg eine Interims-Intendantin für den RBB wählen sollte.
Als einzige Kandidatin hatte die Findungskommission die Verwaltungsdirektorin des WDR, Katrin Vernau, für den Posten vorgeschlagen. Daran gab es auch Kritik. Die Vertretung der freien Mitarbeiter bemängelte, dass es keine echte Auswahl gebe.
Goiny ging in seiner RBB-Kritik weiter. Der Verwaltungsrat müsse als weiteres Kontrollgremium professionalisiert werden und mehr Rechte bei der Auskunftspflicht der Geschäftsleitung bekommen. Ferner „brauchen wir ein paar Verabredungen, wie die Leitung des RBB arbeiten muss“.
Das betreffe Gehaltsstrukturen und das umstrittene Boni-System: „Beim Gehalt müssen wir einen Rahmen setzen. Bisher war der Rahmen zu hoch.“ Rundfunkstaatsverträge sind Grundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Ein durchgängiges Vier-Augen-Prinzip und ein Hinweisgebersystem
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil will ein besseres Kontrollsystem in der ARD. Angesichts verschiedener Vorwürfe gegen die Führungen der NDR-Funkhäuser Hamburg und Kiel fordert Weil (SPD) in der „Nordwest-Zeitung“, die Verwaltungsräte müssten gegenüber der Intendanz gestärkt werden. Die ARD benötige einheitliche klare Regeln.
„Dass es in jeder Anstalt unterschiedliche Vorgaben für Transparenz und Compliance gibt, kann nicht zielführend sein.“ Der Senderverbund könne sich am MDR orientieren, sagte Weil. Die Rundfunkanstalt habe 2012 nach den Betrugsfällen beim Kinderkanal ein „vorbildliches Compliance-Management“ eingeführt, damit Verhaltensregeln überprüfbar eingehalten werden. Dazu gehöre eine unabhängige Beauftragte, ein durchgängiges Vier-Augen-Prinzip und ein Hinweisgebersystem.
Weil forderte weiter verbindliche Maßgaben für alle Beschäftigten und die Vertragspartner. „Diese Regeln müssen dann auch Teil der Führungskultur sein.“ Fehlverhalten könne nie völlig ausgeschlossen werden, aber mögliche Vorteilsnahmen und Rechtsverstöße müssten künftig schnell entdeckt, aufgeklärt und konsequent sanktioniert werden können.
Beschäftigte des NDR-Landesfunkhauses in Hamburg haben indes an Intendant Joachim Knuth geschrieben und eine neue Unternehmens- und Führungskultur gefordert. In einem am Dienstagabend auf dem Twitter-Account von „NDR Recherche“ veröffentlichten Brief widersprechen sie Darstellungen von Funkhaus-Direktorin Sabine Rossbach.
Sie berichten von Einflussnahme auf Berichterstattung im Widerspruch zu redaktionellen Entscheidungen und von einem „Klima der Angst“. „Wir können uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Sabine Rossbach nicht mehr vorstellen.“
Rossbach soll es nach Recherchen von „Business Insider“ ihrer älteren Tochter als Inhaberin einer PR-Agentur jahrelang ermöglicht haben, Kunden in NDR-Programmen zu platzieren. Rossbach hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Bereits Mitte August war Rossbach „Vetternwirtschaft“ vorgeworfen worden, weil sie mit dem externen Musikberater von NDR1 Niedersachsen liiert ist.
Der NDR hatte auch diesen Vorwurf zurückgewiesen. Das NDR-Landesfunkhaus Kiel sieht sich seit Ende August Vorwürfen der Parteilichkeit und politischen Einflussnahme bei der Berichterstattung ausgesetzt.
Schlesingers Nachfolgerin als Interims-Intendantin beim RBB, Katrin Vernau, würde vom WDR kommen. Zumindest von der größten ARD-Anstalt sind aktuell keine Verfehlungen bekannt.
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