
© SR/Murat Aslan
Doku über Street-Art: Intervention der Besitzlosen
Die ARD-Doku „Rocco und seine Brüder“ begleitet das weltberühmte Aktionskunstkollektiv unter Berlins Straßen – und fragt, ob die illegale Umgestaltung öffentlicher Räume auch illegitim ist.
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Die Warnweste, sichtbareres Zeichen der Fürsorge für sich und andere – wenn sie zudem mit, sagen wir: „BVG“ bedruckt ist, herrscht Einvernehmen: Hier wird im Staatsauftrag gearbeitet. Dank orangener Hoheitszeichen also kann ein Kunstkollektiv sogar vorm Ordnungsamt unerkannt durch ein präpariertes Dixie-Klo abwärts klettern, um zu tun, was es nicht lassen kann: rechtswidrige Streetart als kulturelles Statement der urbanen Klassengesellschaft.
Am Anfang der gleichnamigen ARD-Doku etwa besprühen „Rocco und seine Brüder“ (ARD Mediathek) eine U-Bahn und betreiben so, was sie vorsichtshalber vermummt „Performancekunstpaket im Primärmedium“ nennen: eigenmächtige Umgestaltungen öffentlicher Räume, die aus Sicht der furchtlosen Berliner nur gesetzeswidrig denkbar sind, denn: „Das Kunststück ist die Aktion, nicht das Kunstwerk.“
Die Stadt ist unser Spielplatz, wir wollen sie mitgestalten.
Rocco, Aktionskünstler
Zur Veranschaulichung begleiten Lukas Ratius und Philipp Majer diese Guerillakunst-Legenden, weltbekannt für ihre „Whole-Train“ genannten Ganzzug-Graffiti, 40 Minuten lang durch, besser noch: unter ihr Biotop. Großstädte zumeist, deren Eigentumsverhältnisse normalerweise keinen Platz für die Kreativität der Mittellosen bieten. Und hier leistet die Reportage Bedeutsames.
Schließlich lässt sie ihre Protagonisten und Bilder stets unkommentiert sprechen, uns Außenstehende also selber einordnen, was unrechter ist: Das legale Alleingestaltungsprivileg urbaner Zonen durch finanzstarke Eliten oder die illegale Intervention der Besitzlosen. Wenn einer von ihnen im HipHop-Sound reflektiert, „ich zwinge den Leuten meine Sicht der Dinge auf“, fühlt man sich zwar auf Seiten von Roccos Brüdern. Aber urteilen Sie selbst!
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