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Der britische Graffiti-Künstler Banksy ist bekannt für seine politischen Botschaften. Im Dezember 2009 kritisierte er etwa das magere Ergebnis der Kopenhagener Klimakonferenz.

© imago stock&people

Street Art und Klimakrise: Reicht es, wenn das Werk eine Botschaft hat?

Sind Street Art und die Klimabewegung natürliche Verbündete, wie Xavier Tapies in seinem Buch schreibt? Oder hat die Szene selbst ein Klima-Problem? Darüber wird am Freitag in Berlin diskutiert.

Im Dezember 2009 schrieb der Street-Art-Künstler Banksy in krakeligen roten Buchstaben den Satz „I don’t believe in global warming“, Ich glaube nicht an die Erderwärmung, an eine Fassade am Londoner Regent’s Canal. Die Buchstaben hängen knapp über der Wasseroberfläche, das untere Ende der Schrift scheint schon im Nass versunken zu sein. Die Botschaft war klar: Auch wenn ihr den Klimawandel leugnet, er findet trotzdem statt.

Wenige Tage zuvor war die Klimakonferenz in Kopenhagen gescheitert. Banksy, bekannt für seine spektakulären Aktionen, nutzte seine Kunst für einen zynischen Kommentar auf den „Minimalkonsens“, auf den sich die Weltgemeinschaft in Dänemark verständigt hatte.

Genau das, findet der Autor Xavier Tapies, sei das Potenzial von Street Art und Graffiti: Die urbane Kunst könne Missstände öffentlich anprangern und gegen die Agenda von Großkonzernen ankämpfen. So argumentiert er es in seinem neuen Buch „Street Art in Zeiten der Klimakrise“, das gerade auf Deutsch erschienen ist.

Hat die Szene ein Klimaproblem?

In dem Buch sammelt Tapies 50 Werke von Street-Art-Künstler:innen aus der ganzen Welt, die die Auswirkungen der Klimakrise thematisieren. Neben Banksys ikonischem „I don’t believe in Global Warming“ zeigt er unter anderem Fotos des Werks „Live Support“ des Künstlers Dr Love, bei dem ein stilisierter Krankenhauspatient mit einer Atemmaske statt an einem Sauerstoffgerät an einem Baum hängt.

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Oder die großflächigen Wandbilder des französischen Künstlers Ardif: Der malt Koalas und Pinguine, die nicht mehr aus Fleisch und Blut zu bestehen scheinen. Stattdessen brechen aus ihrer Haut Gebäude. Die Message: Die Natur wurde gänzlich urbanisiert, dem Menschen unterworfen.

Xavier Tapies ist sich sicher: Street Art und der Kampf gegen den Klimawandel sind natürliche Verbündete. „Allein schon der Akt des Kunstschaffens auf der Straße angesichts kleinlicher Vorschriften ist ein direkter Versuch, die Narrative globaler Konzerne infrage zu stellen“, schreibt er in dem Buch. Dabei seien gerade jene Konzerne meist auch die größten Umweltverschmutzer, die die Städte mit ihren Werbetafeln zupflastern. Street Art könne sich dem mit eigenen Botschaften entgegenstellen.

Sprühfarbe ist auch nicht besonders nachhaltig

Aber reicht es wirklich aus, ein Bild zu malen, das eine Botschaft hat – auch wenn etwa die dafür verwendeten Materialien dem Klima schaden? Das fragt sich der Berliner Künstler und Kurator Philip Wallisfurth. Am Freitag moderiert er im Urban Nation Museum in Schönberg eine Podiumsdiskussion, die sich genau um diese Frage drehen soll: Wie ist das Verhältnis zwischen urbaner Kunst und Klimakrise? Neben ihm auf dem Podium sitzen die Graffiti-Künstlerin Honey und der Künstler Sebastian Wandl alias Wandal.

Wallisfurth arbeitet unter anderem mit sogenannten Moos-Graffitis. Früher habe er gedacht, dass die pflanzliche Kunst besonders nachhaltig sei. Dann habe er aber festgestellt, dass das gar nicht stimmt. Bei einem Werk für die Urban Nation dokumentierte er dann alle Arbeitsschritte und Materialien. Dabei kam heraus, dass das relativ kleine Kunstwerk einen relativ großen CO2-Fußabdruck hatte. „Da stellt sich die Frage: Lohnt sich das?“, sagt Wallisfurth.

Er habe nicht den Eindruck, dass das Thema Klimawandel in der Berliner Graffiti- und Street-Art-Szene aktuell eine große Rolle spiele, sagt Wallisfurth. Er sieht den Fehler aber auch im System: Die meisten Street-Art-Projekte seien eh schon chronisch unterfinanziert, da könne der oder die Künstler:in nicht auch noch in nachhaltige Materialien investieren. Auch wenn es letztere längst auf dem Markt gibt. Wallisfurth sagt: „Das ist ein unfaires System. Manchmal bekommt einer, der die Wand weiß streicht, mehr als einer, der ein Mural an die Wand malt.“

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