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Mr. Casting: Fürs Fernsehen gemacht

René Schwuchow will endlich berühmt werden. Deswegen zieht der Berliner in die RTL-„Farm“.

Mal fliegt er 40 Nonnen nach Lourdes, dann die Fußballmannschaften von Juventus Turin und FC Liverpool zu Spielen oder die Band „The Prodigy“ zu einem Konzert, und nun könnte man meinen, dass René Schwuchow, 30, aus Berlin, seinen Job als Pilot bei einer kleinen Charter-Fluggesellschaft nicht gerade unspektakulär findet. Ist aber so, denn Schwuchow sieht seine Berufung woanders. „Ich bin fürs Fernsehen gemacht“, sagt Schwuchow. Sein Traum: eine eigene Fernsehshow.

Über alle Wege versucht er deshalb, vor die Kamera zu kommen: Er bastelte sich die Website iwantmybodyback.tv und dokumentierte, wie er innerhalb von 90 Tagen 15 Kilo abtrainierte, er stellte sich mit einer Digicam an den roten Teppich der Berliner Fashion Week, interviewte Prominente und zeigte die Clips auf Youtube, in einer Talkshow gab er den Mann für One-Night-Stands und sogar vor der Container-Show „Big Brother“ hätte er sich nicht gescheut – wenn die Macher ihn nicht abgelehnt hätten. Er war ihnen vielleicht nicht trashig genug. Dafür boten sie Schwuchow aber eine Alternative an, die Teilnahme bei der Reality-Doku „Die Farm“, die am heutigen Sonntag auf RTL startet.

Klar, Schwuchow sagte zu. Drei Monate lang nahm der Pilot unbezahlten Urlaub, um in einem verlassenen Bauernhof in Norwegen ohne Strom, fließend Wasser und Technik wie Handy, Fernsehen oder Internet mit elf weiteren Kandidaten um den Titel „Farmer des Jahres“ und den Gewinn von 50 000 Euro zu kämpfen. Aber Schwuchow geht es um viel mehr: Er hofft darauf, dass es jetzt endlich klappt, dass er jetzt endlich entdeckt wird.

Das Problem: Schwuchow ist mit seiner Hoffnung nicht allein. Tausende Menschen in Deutschland ziehen aus, um ihr Glück im Fernsehen zu suchen: 23 000 junge Frauen wollen bei der neuen Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ dabei sein, 34 400 Kandidaten bei „Deutschland sucht den Superstar“, rund 37 000 bei „Das Supertalent“ – und das, obwohl bisher keines der „Topmodels“ ein echtes Topmodel wurde, keiner der „Superstars“ ein echter Superstar und keiner der „Supertalente“ ein echter Superprofi. Aber darum geht es vielleicht auch gar nicht. „Allein die pure Präsenz im Fernsehen hat einen hohen Belohnungscharakter für viele Menschen. Wenigstens für ein paar Minuten heben sie sich durch ihren Auftritt von der Masse ab und fühlen sich wie ein kleiner Gott“, sagt Medienpsychologe Jo Groebel.

Weil Castingshows und Reality-Dokus wie jetzt „Die Farm“ den Weg, ins Fernsehen zu kommen, deutlich einfacher machten, sei die „Ansteckungsgefahr“ so groß. Jeder Mensch fühle sich plötzlich berufen, ein TV-Star zu werden, und durch Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ würden selbst Berufsgruppen wie Landwirte mediabel. „Wir erleben eine Demokratisierung der Prominenz“, sagt Groebel. Und dass es unter all den Menschen, die bei solchen Shows gescheitert sind, immer wieder Fälle wie Paul Potts oder Justin Timberlake gebe, motiviere.

Auch René Schwuchow will nicht aufgeben. „Dann bin ich eben der Erste, der in einer deutschen Show entdeckt wird“, sagt er. Ein wichtiges Prinzip, um überhaupt in die engere Auswahl für TV-Shows zu kommen, hat er verstanden: Wer in Schubladen passt, hat’s einfacher. Schwuchow verkauft sich deshalb gerne als „lockerer Lebemann“, einer, der gerne flirtet, lieber feiert als arbeitet.

Daneben bringe er natürlich die Eigenschaften eines großen Showmasters mit. „Ich bin schlagfertig, clever und humorvoll“, sagt Schwuchow. Das allerdings behaupten auch ein paar andere Menschen von sich. Allein auf seine Fähigkeiten zu hoffen und eine Ausbildung als Journalist zu machen, lehnt Schwuchow ab. „Showmaster zu werden, kann man nicht lernen. Jeder kann ein Star werden, wenn die Medien ihn dazu machen“, sagt er. Falls es jetzt mit der „Farm“ wieder nicht klappt, will Schwuchow weiter an seinem Traum arbeiten.

Vielleicht hilft’s ja, wenn er beim nächsten Flug die Nonnen um Unterstützung bittet. Sonja Pohlmann

„Die Farm“, 19 Uhr 05, RTL

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