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Auslaufmodell: Die Zeit analoger Fernseher geht dem Ende entgegen, auch Maxwell Smart würde heute lieber zum Smartphone als zum Agententelefon greifen.

© Marius Graf/Fotolia

Abschaltung von Analog-TV: Hessen vor Berlin

Die Hanauer schauen nur noch digital fern, woanders soll die Analog-Ära 2019 enden. In Berlin herrschen besondere Bedingungen.

Was hat Hanau Berlin voraus? Die hessische Stadt mit ihren 90 000 Einwohnern ist ein bedeutender Technologiestandort in der Rhein-Main-Region . Dies mag ein Grund dafür sein, dass Hanau nun die erste Stadt Deutschlands ist, in der die Fernsehzuschauer ihr TV-Programm komplett digital empfangen. Nachdem Satellit und Antenne bereits auf die neue Technik umgestellt wurden, hat der Kabelnetzbetreiber Unity Media diesen Schritt nun für das TV-Kabel gewagt – mit Erfolg, denn nach halbjähriger Vorbereitungszeit blieben Beschwerden aus.

Berlin ist davon noch ein gutes Stück entfernt. Größter Kabelnetzanbieter ist hier Vodafone Kabel, die Kabel Deutschland gekauft und in das eigene Unternehmen integriert haben. Vodafone ist außer in Hessen, NRW oder Baden-Württemberg bundesweit vertreten, Unity Media nur in diesen drei Bundesländern aktiv. „In unserem Kabelnetz in Berlin und Brandenburg nutzen nur noch weniger als 20 Prozent der Haushalte, die TV über Vodafone Kabel empfangen, noch den analogen Empfangsweg. Die Digitalisierung liegt also bei über 80 Prozent und damit auf bundesdeutschem Niveau“, heißt es von Vodafone.

Harter Wettbewerb in Berlin

Dass fast jeder fünfte Kunde von Vodafone Kabel analog fernsieht, hört sich nach wenig an. Angesichts der Tatsache, dass die Netze bereits voll digitalisiert sind, sind 20 Prozent allerdings eine relevante Größe, die eine rasche Abschaltung des analogen Kabelempfangs erschweren. Zu den Besonderheiten in Berlin gehört der Wettbewerb zwischen mehreren Kabelnetzbetreibern. Zudem spielen in Berlin Wohnungsbaugesellschaften, die über die Gestattungsverträge mit den Kabelnetzbetreibern das Tempo drosseln können, eine große Rolle.

Unity Media hat mit dem Pilotprojekt von Hanau nun jedoch selbst Fakten geschaffen. Zudem hat sich das Unternehmen auf einen konkreten Ausstiegstermin festgelegt. Am 30. Juni 2017 soll Schluss sein mit der überholten Technik, bei der ein Analog-Kanal den Platz von sechs digitalen HD-Kanälen blockiert. Derzeit werden die am stärksten verbreiteten Sender im Kabel dreimal ausgestrahlt – digital in Standard- und in High-Definition und zusätzlich analog. Dabei werden die Kapazitäten dringend für Highspeed-Internet benötigt. Ohne Analogkanäle kann die Internetübertragungsrate um 50 Megabit pro Sekunde gesteigert werden. Mit der zunehmenden Verbreitung von Streamingdiensten wie Amazon Video, Netflix oder Maxdome steigt der Bedarf nach Bandbreite stetig – auch im TV-Kabel, denn zwischen den Kabelgesellschaften und den Telekom-Firmen tobt derzeit ein heftiger Wettbewerb, der aus Sicht der Kabelfirmen durch die Analog-Technik verzerrt wird.

Andere Unternehmen wie eben Vodafone Kabel sind jedoch nicht dazu bereit, selbst einen Abschalttermin vorzugeben. Statt dessen wünscht man sich ein Signal der Politik. Bislang haben mit Bayern und Sachsen erst zwei Länder klare Vorgaben gemacht. Sie haben sich dafür entschieden, dass am 1. Januar 2019 auch im TV-Kabel nur noch digitale TV-Signale verbreitet werden. „Gerade mit Blick auf die Verbraucher hält Vodafone ein einheitliches Abschaltdatum und einheitliche, klare Kommunikation aller Beteiligten – Kabelnetzbetreiber, Wohnungswirtschaft und Programmveranstalter – für wünschenswert. So wie dies auch bei der analogen Abschaltung der Terrestrik und beim Satellitenfernsehen der Fall war“, fordert darum Vodafone.

Vielfältiges Programm wichtig

Das Modellprojekt in Hessen ist nach Ansicht von Anja Zimmer, Direktorin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, im Prinzip eine tolle Sache. Auf Berlin könne das aber nicht ohne weiteres übertragen werden. Hier herrsche deutlich mehr Wettbewerb und auch die Größe empfehle die Stadt nicht unbedingt für einen solchen Test. Hanau biete die Chance, wertvolle Erfahrungen für den Umstieg zu sammeln. Die Leiterin der Medienanstalt hält es für wünschenswert, dass dieser bis zum 1. Januar 2019 weitgehend erfolgt sei. „Die Digitalisierung ist ein wichtiges Thema. Genauso wichtig aber sind Strukturen, die ein möglichst vielfältiges Programm gewährleisten“, sagt Zimmer.

In Hanau hatte auch die lokale Politik die Vorteile des Umstiegs erkannt. Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky von der SPD hofft, dass damit positive Veränderungen in der Stadt einhergehen. Selbst der lokale Handel war beteiligt. Zum Umschalttag gab es verlängerte Ladenöffnungszeiten für den Verkauf der nötigen Digitaltechnik. So profitieren alle vom Analogausstieg.

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