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Der Krieg im Fernsehen: Im Sondersende-Modus
Noch mehr Talks und Magazine, noch mehr Reporterschutz: ARD, ZDF, ntv & Co. und die russische Invasion.
Stand:
Beinahe stündlich ändern die Fernsehsender seit dem Beginn des Ukraine-Krieges am Donnerstag ihr Programm, verlängern ihre Nachrichtenstrecken und reagieren mit zusätzlichen Talksendungen. Immer wieder die Bilder von Menschen auf der Flucht, Autostaus in Kiew, zerstörte Panzer.
Von Raketen-Einschlägen künden Handyvideos, deren Herkunft und Authentizität meist nicht verifizierbar sind. Zwischendrin kommentieren Katrin Eigendorf (circa 200 Kilometer südwestlich von Kiew in Winnyzj), Axel Storm, Sebastian Ehm und Lothar Becker (in Lwiw/Lemberg) die Lage vor Ort fürs ZDF. Der WDR will die Aufenthaltsorte seiner Reporter im Krisengebiet nicht preisgeben.
Das Informationsbedürfnis der TV-Zuschauer ist gewaltig. ARD und ZDF reagieren darauf mit einem ungewöhnlichen Schritt. Erstmals in der über 30-jährigen Geschichte der Morgenmagazine der beiden öffentlich-rechtlichen Sender wird die Sendung auch am Wochenende ausgestrahlt.
Am Samstag berichtet das „ZDF-Morgenmagazin“ von sieben bis 10 Uhr 30 über das aktuelle Geschehen in der Ukraine. Am Sonntag geht das „ARD-Morgenmagazin“ um sieben Uhr für zweieinhalb Stunden auf Sendung. Wie üblich übertragen beide Sender das „Morgenmagazin“ parallel.
Für Mitri Sirin und Harriet von Waldenfels vom ZDF verlängert sich damit die Arbeitswoche um einen Tag, nachdem die Sendungen von Donnerstag und Freitag bereits um anderthalb Stunden verlängert wurden. Das „ARD-Morgenmagazin“ am Sonntag wird von Sven Lorig und Anna Planken präsentiert, für die die kommende Arbeitswoche damit einen Tag früher beginnt.
Die Gründung der Morgenmagazine von ARD und ZDF im Jahr 1992 ging übrigens ebenfalls auf das gesteigerte Informationsinteresse der Zuschauer bei einem militärischen Konflikt zurück. Der Golfkrieg des Jahres 1991 gilt als Auslöser für das Morgenformat.
Russland arbeitet mit Troll-Armeen und verbreitet absurde Narrative
Das mit den Bildern und Kriegs-Einsichten sah beim Embedded Journalism, Stichwort Irak-Krieg 2003, anders aus, als Journalisten US-Soldaten direkt beim Einsatz begleiteten. Der Krieg in der Ukraine ist und bleibt auch ein Informationskrieg. Russland arbeitet mit Troll-Armeen und verbreitet absurde Narrative (Russia Today). Umso mehr müssen sich Zuschauer auf Augenzeugenberichte via Social Media oder Video-Schalten bei „Markus Lanz“ mit Stimmen vor Ort verlassen können.
ZDF-Mann Arndt Ginzel lässt via Twitter an seiner Reporter-Mission in der Ukraine teilhaben. Er war bis Freitag im Donbass..
Ob sich an den Möglichkeiten der Berichterstattung vor Ort in den kommenden Tagen etwas ändert, lasse sich derzeit nicht einschätzen, so ein Sprecher des ZDF. Aktuell könne man sich noch umfassend über das Geschehen informieren.
In welcher Situation müssten Reporter abgezogen werden? Bei der Berichterstattung aus Kriegssituationen habe die Sicherheit der Korrespondenten oberste Priorität. „Das ZDF arbeitet intensiv dafür, dass wir Berichterstattung von vor Ort gewährleisten können.“ Viel konkreter möchte man da offenbar nicht werden.
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Zunächst versuchen die Sender, die weitere Reportagetätigkeit durch die Verlagerung des Produktionsortes sicherzustellen. So auch der Nachrichtensender ntv. Nachdem sich die Kampfhandlungen immer weiter Richtung Hauptstadt verlagert hatten, musste das Team um die ntv-Reporter Jürgen Weichert, Stephan Richter und Nadja Kriewald nach einer letzten Schalte am frühen Freitagmorgen Kiew Richtung Südwesten der Ukraine verlassen.
An der polnisch-ukrainischen Grenze ist ntv mit den drei Reportern Carsten Lueb, Marc Chmiel, Thorsten Misler vertreten, aus Moskau berichten Charlotte Maihoff und Rainer Munz unter anderem für die gemeinsame Sondersendungen von RTL und ntv am Samstag.
Die Berichterstattung rund um den Krieg in der Ukraine erzielt hohe Marktanteile. ProSieben erreichte mit einer Sondersendung am Donnerstag elf Prozent in der Zielgruppe. Eine Spezialausgabe von „Maybrit Illner“ kam im Zweiten auf 3,16 Millionen Zuschauer, „Maischberger. Die Woche Extra“ fast parallel im Ersten auf 3,5 Millionen.
Der Kinderkanal Kika änderte sein Programm und erklärte seiner Zielgruppe nach den Kindernachrichten „logo“ um 19 Uhr 50 in einer Extra-Sendung dem Ukraine-Konflikt, der nun ein Krieg ist mit möglicherweise verheerenden Auswirkungen. Danach der nächste Experten-Talk bei ARD oder ZDF.
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