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Patricia Schlesinger ist seit 2016 Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg und seit Jahresbeginn ARD-Vorsitzende.

© dpa

RBB-Intendantin Schlesinger ist angezählt: Jetzt rettet nur noch eine lückenlose Aufklärung

Die Vorwürfe gegen die RBB-Spitze haben eine gefährliche Höhe erreicht. Eine Überprüfung soll sie entkräften - und muss sie entkräften. Ein Kommentar.

Über dem Eingang des Fernsehzentrums vom Rundfunk Berlin-Brandenburg grüßt der Schriftzug: „Bloss nicht langweilen“.  Dieser smarte  Anspruch ist gemünzt auf die Leistung, die die öffentlich-rechtliche Anstalt erbringen will – in den Programmen von Radio, Fernsehen und Online.

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Aber der RBB fährt aktuell ein anderes Programm, was allerdings auch nicht langweilt. Die Intendantin Patricia Schlesinger, Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf und in weiterer Folge das Direktorium und die Gremien sind in einen Sog aus Mutmaßungen, Spekulationen und tatsächlichen Vorgängen geraten. Die jetzt vom Sender zugesicherte „lückenlose“ Untersuchung umfasst die Vergabe von Aufträgen an Berater im Rahmen des geplanten Bauprojektes für das Digitale Medienhaus in Berlin, die Abrechnung von dienstlichen Abendessen-Einladungen durch die Intendantin und Auftragsverhältnisse zur Messe Berlin. Was davon war zum Nutzen des Senders, was zum Nutzen der Intendantin und ihres Ehemannes, was zum Nutzen des Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf?

Was fehlt: Aufklärung

All diese Fragen sind nicht geklärt, weil es bislang an Aufklärung fehlt. Die kann en gros et en détail zuvorderst nur die erste Mitarbeiterin des öffentlich-rechtlichen Senders, die kann nur Patricia Schlesinger leisten. Nichts anderes hat sie zugesagt, nicht nur dem Beitragszahler, sondern auch den Mitarbeitenden und den Aufsichtsgremien. In der Belegschaft hat die Intendantin schon deutlich an Vertrauen verloren. Als die inkriminierenden Medienberichte aufkamen, nicht zuletzt dank der Leaks aus dem eigenen Haus, sprach Schlesinger von „Illoyalität“. Ein harter Vorwurf an die Belegschaft, wo sich Schlesinger fragen lassen muss, ob sie nicht illoyal gegenüber dem RBB gehandelt hat.

Die Intendantin hat ihre Verantwortung angenommen, mit ihrer erklärten Hilfe soll die Aufklärung vorankommen. Das reicht nicht, der RBB hat wie jeder öffentlich-rechtlicher Sender Kontrollgremien. Der Rundfunkrat hat Schlesinger 2020 mit großer Mehrheit für eine zweite Amtszeit gewählt, der Verwaltungsrat hat einer Erhöhung ihres Gehalts um 16 Prozent auf 303 000 Euro zugestimmt. Beide Gremien sind jetzt auf Distanz gegangen, sie wollen, was alle wollen: Aufklärung. Dabei werden sie selber eine Hartnäckigkeit und Hartleibigkeit an den Tag legen müssen, der dem Ruf dieser Gremien als Intendantinnenwahlverein widerspricht. Jetzt haben die Räte ihre Verantwortung entdeckt, auch sie fordern eine externe wie lückenlose Überprüfung. Dass die Geschäftsleitung dabei eine Kanzlei mandatiert, die bereits für den Sender arbeitet, lässt freilich erste Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Operation aufkommen.

Wolf-Dieter Wolf nicht übersehen

Wenn die externen Prüfer an die Arbeit gehen, sollten sie den Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf nicht übersehen. Der lässt zwar mittlerweile sein Amt ruhen, aber die bekannt gewordenen Usancen seiner Amtsführung schreien geradezu nach penibler Ermittlung, ob da eine peinsame Vetternwirtschaft im Sender, um den Sender und um den Sender herum herrscht.

Die Vorgänge in der Rundfunkanstalt für Berlin und Brandenburg strahlen aus. In Kreisen von ARD und ZDF wird die Stirn gerunzelt: Was ist los beim RBB? Die Befürchtung ist, dass die Rundfunkpolitik, die beim neuen Medienstaatsvertrag  wieder auf einen freundlichen Kurs für die Öffentlich-Rechtlichen eingeschwenkt ist, neues Missvergnügen ausbricht. Denn Patricia Schlesinger ist nicht nur RBB-Intendantin, sondern auch ARD-Vorsitzende - und jetzt eine ARD-Vorsitzende unter Vorbehalt. Wichtige Termine stehen an, so müssen die Anstalten demnächst ihre Finanzpläne bei der Beitragskommission KEF einreichen. Daraus werden die Ministerpräsidenten die künftige Beitragshöhe ab 2025 ableiten. Da macht es sich nicht gut, wenn der Eindruck entstünde, in den Rundfunkanstalten à la RBB würde nicht solide gewirtschaftet und im Sinne des Public-Values-Auftrages zweifelsfrei gehandelt.

Intendantin ist angezählt

Es ist diese Mesalliance, angereichert durch unbefriedigende Programmleistungen des RBB bei Rekordeinnahmen von 436 Millionen Euro, die den Sender für Berlin und Brandenburg in keinem guten Zustand zeigt. Dabei ist es erste Intendantinnenpflicht, dieses Bild zu korrigieren. Patricia Schlesinger, die Intendantin der RBB und Vorsitzende der ARD, ist angezählt.

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