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Die Drei vom Internetradio: Frank Landes (li.), Patrick Kretschmer und Nina Landes haben vor Top100Station bei diversen Berliner Privatfunkern gearbeitet.

© Promo

Radio goes online: Begleitmusik für Facebook

Jeder vierte Internetnutzer hört auch Radio. Das junge Berliner Webradio Top100Station führt die Onlinecharts an.

Nicht nur die Musik ist etwas schneller als beim gewohnten UKW-Radio, das gibt Frank Landes, Gründer des Berliner Internetradios Top100Station, gerne zu. Die „coolsten Tracks aus den Clubs, exklusive Hit Mixe und Office Hits für ein besseres Arbeiten“ passen eher zur Generation Facebook als zu einem Oldiesender. Genau mit dieser Mischung hat es die junge Internetwelle ganz nach oben in die Online-Radiocharts geschafft. In der jetzt veröffentlichten Top-10-Statistik des größten deutschen Internetradio-Übersichtsportals Radio.de für 2010 steht Top100Station auf dem Spitzenplatz.

Frank Landes, 40, hat im Berliner Radiomarkt viele Sender kennengelernt. Als 16-jähriger Schüler hat er bei Rias 2 Platten wegsortiert, später bei Hundert,6 volontiert. Von dort ging es zu JFK, Radio Energy Berlin und RTL. Seit drei Jahren betreibt er nun Top100Station, zusammen mit Ehefrau Nina und Patrick Kretschmer, im Radio und in den Clubs besser bekannt als DJ dee-pAim.

Top100Station wollte kein weiterer Spartensender nur für Rock oder Oldies sein, sondern ein klassisches Radio fürs Internet, allerdings ohne nervige Gewinnspiele und ständige Eigenpromotion. Mit diesem Konzept ist die Welle durchaus erfolgreich. Tagsüber wird Top100Station vor allem in Büros, Geschäften oder auch in Fitnessstudios aus dem Computer geladen. Nachmittags und abends läuft das Programm bei Jugendlichen als Facebook-Begleitmusik, erklärt Frank Landes, der jeden Montagabend „Frankies Breakfast Club“ moderiert. Über die Webseite oder das Facebook-Profil können die Hörer eigene Musikwünsche abgeben.

Aus Sicht von Radio.de-Geschäftsführer Bernhard Bahners haben die Webradios den Durchbruch in den zurückliegenden zwölf Monaten geschafft. Vor allem die steigenden Abrufzahlen über Smartphone-Apps hätten dazu beigetragen. Bereits 2010 schaltete jeder dritte Hörer die Streaming-Radios über eine App ein, im ersten Quartal dieses Jahres lag die mobile Nutzung sogar über den stationären Abrufen mit einem Computer.

Doch es gibt noch andere interessante Trends: Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 hören inzwischen 13 Millionen Deutsche oder umgerechnet jeder vierte Onlinenutzer Radio über das Internet. Die Marktbeobachter von Goldmedia in Berlin erwarten bis zum Jahr 2013 eine weitere Steigerung auf 23 Millionen Webradiohörer. Ebenso bemerkenswert ist, dass im neuen Medium Internet die öffentlich-rechtlichen Radiostationen keineswegs von den Privatradios verdrängt wurden. Bei Radio.de haben es neben 1Live die ARD-Wellen NDR2, SWR3 und Bayern3 in die Top 10 geschafft. „Daneben suchen die Hörer im Internet nach Sendern, beispielsweise mit einer unverwechselbaren Musikfarbe“, sagt Bahners. Zum Reinhören empfiehlt er neben Top100Station Programme wie TechnoBase, Defjay, BMRadio, #Musik, ByteFM oder das Fußballradio 90elf. Insgesamt lässt sich über Radio.de in rund 4400 Internetradios, Webstreams und Podcasts herumstöbern.

Ohnehin ist die Reichweite inzwischen nicht mehr das größte Problem der Webradios. „In den letzten Jahren hat sich unsere Hörerschaft regelmäßig verdoppelt“, sagt Top100Station-Betreiber Frank Landes. „Unsere Sorge ist vielmehr, wie man diesen Erfolg zu Geld machen kann.“ Noch lassen sich die Abrufzahlen aus dem Internet nur schwer mit den für die Werbekunden relevanten Kennzahlen der Media Analysen für die UKW-Sender vergleichen. Im Äther geht es um Durchschnittshörer je Stunde, im Internet werden die Tune-ins gezählt, also die einzelnen Stream-Aufrufe. Für die Vermarktung fehlt bislang eine einheitliche Webradio-Währung, beschreibt Radio.de-Mann Bahners das Problem. Top100Station kam im April dieses Jahres immerhin auf 15 Millionen Abrufe.

Für viele Hörer sind Webradios inzwischen zur Alternative zum Dudelfunk geworden. Für die Macher der Internetwellen stellt das neue Medium aber nach wie vor eine unsichere Perspektive dar, das gilt selbst für einen erfolgreichen Programmanbieter wie Top100Station: „Der Sender trägt sich zwar inzwischen selbst, aber dass von den Einnahmen drei Leute leben können, so weit reicht es noch nicht“, sagt Landes. Um über die Runden zu kommen, muss das Mutterhaus des Senders weiterhin Dienstleistungen für andere UKW-Wellen anbieten. Und DJ dee-pAim alias Patrick Kretschmer legt weiterhin Platten auf.

www.radio.de

www.top100station.de

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