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China hat mit Zensuranordnungen auf den Ausbruch des Coronavirus reagiert, schreibt die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen.

© Ng Han Guan/AP/dpa

Ranking der Pressefreiheit weltweit: Reporter ohne Grenzen kritisiert Chinas Zensur in Coronazeiten

Reporter ohne Grenzen wirft China massive Verletzungen der Pressefreiheit vor. Wie gefährlich das ist, zeigt die Coronakrise.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) hat China in der Corona-Krise massive Verletzungen der Pressefreiheit mit fatalen Konsequenzen vorgeworfen. „Die Auswirkungen der fast totalen chinesischen Nachrichtenkontrolle, die im Zweifelsfall die Durchsetzung von Zensuranordnungen über den Gesundheitsschutz stellt, hat in der Coronakrise die ganze Welt zu spüren bekommen“, teilte die Organisation in Berlin mit. ROG nahm das Erscheinen der neuen „Rangliste der Pressefreiheit“ zum Anlass für seine Kritik.

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

China steht im weltweiten Länderranking auf dem viertletzten von 180 Plätzen, vor Eritrea (178), Turkmenistan (179) und Nordkorea (180). Da die Corona-Pandemie erst unmittelbar nach Ende der Umfrage unter Medienschaffenden ausgebrochen ist, ist das Verhalten von Staaten in der Krise in die aktuelle Platzierung noch nicht eingeflossen.

Immer dreister auftretende autoritäre Regime, repressive Gesetze gegen vermeintliche Falschmeldungen, populistische Stimmungsmache und die Erosion traditioneller Medien-Geschäftsmodelle stellen ROG zufolge die Pressefreiheit weltweit infrage. „Die Corona-Pandemie bündelt bestehende repressive Tendenzen weltweit wie ein Brennglas“, sagte Vorstandssprecherin Katja Gloger.

Schon vor der aktuellen Krise seien „erschreckend viele Regierungen und politische Kräfte in ganz unterschiedlichen Ländern“ bereit gewesen, die Pressefreiheit ihrem Machtstreben unterzuordnen, kritisierte Gloger. Zu den wichtigsten Beispielen dafür gehörten neben China Saudi-Arabien und Ägypten: In diesen drei Staaten säßen derzeit weltweit die meisten Medienschaffenden wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.

In der aktuellen Rangliste habe sich Deutschland um zwei Plätze vom 13. auf den 11. Platz verbessert. Im vergangenen Jahr habe es keine rechtspopulistischen Proteste von vergleichbarer Dimension wie im Spätsommer 2018 in Chemnitz (Sachsen) und Köthen (Sachsen-Anhalt) gegeben. Deswegen sei auch die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalisten gesunken. 2019 zählte ROG mindestens 13 tätliche Angriffe auf Medienschaffende, 2018 waren es noch mindestens 22.

Populistische und autoritäre Machthaber missbrauchen nach den Worten der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) die Corona-Pandemie in vielen Ländern für eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit. „Die Corona-Pandemie bündelt bestehende repressive Tendenzen weltweit wie ein Brennglas“, sagte die ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger.

Die Repressionen nehmen zu

Immer unverhohlener versuchten Diktaturen, autoritäre und populistische Regime, unabhängige Informationen zu unterdrücken und eine undemokratische Weltsicht durchzusetzen. Als Beispiele nennt die Organisation in ihrem Bericht außer China auch Saudi-Arabien und Ägypten. In diesen drei Staaten ist die Zahl der Medienschaffenden, die im Gefängnis sitzen, laut ROG am höchsten. China versuche mit großem Aufwand, selbst jenseits seiner Grenzen eine „neue Weltordnung der Medien“ durchzusetzen.

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Unter dem Vorwand, „Fake News“ bekämpfen zu wollen, schränkten Länder wie Singapur und Benin die Medienfreiheit ein. In Russland, Indien, den Philippinen und Vietnam setzen demnach Troll-Armeen im Dienste der Regierenden selbst auf Desinformation, um die öffentliche Meinung zu lenken und kritische Medienleute zu diskreditieren. In den USA und Brasilien schürten demokratisch gewählte Präsidenten Feindseligkeit und Hass.

Ob im Irak, im Libanon, in Chile, in Bolivien oder Ecuador - das von Populisten betriebene Misstrauen gegenüber Nachrichtenmedien habe sich 2019 vielerorts in Gewalt gegen Reporter entladen. Auch in Ländern wie Spanien, Italien und Griechenland schreckten nationalistische und rechtsextremistische Gruppen nicht vor direkten Drohungen zurück.

Die Lage werde von schwindenden Vertriebs- und Anzeigenerlösen sowie steigenden Produktionskosten noch verschärft. Folge seien immer kleinere Redaktionen und eine zunehmende Medienkonzentration. Wer freien Zugang zu unabhängigen Informationen sicherstellen wolle, müsse sich gerade in schwierigen Zeiten dafür starkmachen, dass Journalisten ungehindert recherchieren und berichten könnten.

Die Rangliste beruht laut ROG auf Befragungen und der Zahl registrierter Angriffe auf Journalisten. An oberster Stelle unter 180 Staaten stehen Norwegen, Finnland und Dänemark.

Die Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation für Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien auf der Grundlage eines Fragebogens sowie den von ROG ermittelten Zahlen von Übergriffen, Gewalttaten und Haftstrafen. Daraus ergeben sich für jedes Land Punktwerte, die im Verhältnis zu den Werten der übrigen Länder die Platzierung bestimmen. Die Befragung fand zwischen November 2019 und Januar 2020 statt, die Auswirkungen der Corona-Pandemie konnten im Wesentlichen nicht berücksichtigt werden. Tsp/dpa/KNA

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