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Impro-Theater mit regionalem Gemüse: Rainald Grebe im neuen RBB-Vorabendtalk „Studio 3.

© RBB

Rosmarin, Backpulver und Rainald Grebe: Wenn guter Rat teuer ist

Der RBB hat seinen TV-Vorabend umgebaut. Das neue Talkformat „Studio 3“ kommt gut an, „schön + gut“ schwächelt ein wenig.

Die Premiere des neuen Vorabendprogramms des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) ist am Montag nur knapp an einer peinlichen Panne vorbeigeschrammt. Das neue Ratgebermagazin „schön + gut“ steht jeden Tag unter einem anderen nutzwertigen Schwerpunkt. Der Montag ist dabei den Verbraucherthemen vorbehalten, der Fokus lag zum Start auf dem Thema Greenwashing.

Moderatorin Jule Jank, die bislang vor allem für die RBB-Welle Fritz tätig war und im Fernsehen auf sympathisch-erfrischende Weise durch „schön + gut“ führte, hatte die Brandenburger Verbraucherschutzexpertin Annett Reinke zu Gast. Anhand einiger Lebensmittel erläuterte diese, wie sich manche Hersteller ein möglichst ökologisches Image geben wollen – das ihnen mitunter gar nicht zusteht.

Einige Firmen nehmen zudem für sich in Anspruch, dass ihre Produkte in Harmonie mit der Natur hergestellt werden. So wie die in der Sendung gezeigte Jagdwurst im Glas aus dem Spreewald. Auch diese Tiere stammen jedoch „aus schnöder Massentierhaltung“, bemerkt die Expertin. Das Problem dabei: „schön + gut“ hat einen Werbesponsor. Am Montag war dies ein regionaler Lebensmittelhersteller, der sich als „Fleisch- und Wurstspezialist aus Eberswalde“ präsentierte. Wie gut, dass nicht versehentlich ein Glas dieses Herstellers im Greenwashing-Warenkorb vor Annett Reinke gelandet ist.

Das Sponsoring ist fast schon ein grundsätzliches Problem, nicht nur, weil die Privatsender dagegen immer wieder gerne opponieren. Dies zeigten auch die Folgetage: Da wirbt dann zum Beispiel ein Speditionsunternehmen dafür, dass man mit ihm „tierisch gut umziehen kann“. Thema der Dienstagssendung sind die lieben Haustiere, von denen es 35 Millionen in Deutschland gibt. Und welches Ratgeberthema am Mittwoch behandelt wird, muss man bei einer Hörgerätewerbung mit dem Slogan „Hören, was es zum Thema Gesundheit gibt“ nicht lange überlegen.

Das Team von "schön + gut": Uri Zahavi, Jaele Vanuls (Mitte) und Jule Jank.

© Thomas Ernst/RBB

Ein viel größeres Problem der neuen Ratgebersendung ist jedoch, dass es diese nicht nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen im Überfluss gibt – mit „Super.Markt“ oder „RBB Praxis“ sogar im eigenen Sender. Zudem haben die wenigsten Themen einen unmittelbaren regionalen Bezug. Auch wenn es durchaus interessant ist, wie vielseitig Backpulver eingesetzt werden kann oder warum man sich Rosmarinsträucher unter seinen Duschkopf hängen sollte. Das Problem indes zeigen auch die Zahlen: Der Marktanteil von „schön + gut“ lag in der Premierenwoche zwischen 3,8 und 6,6 Prozent.

Dabei will der RBB mit der Neugestaltung des Vorabendprogramms doch gerade diese Problemzone des RBB-Fernsehens hinter sich lassen. Dafür wurde zum Jahresbeginn mit Ausnahme von „Abendschau“ und „Brandenburg aktuell“ das Sendeschema komplett umgekrempelt, damit der Vorabend im RBB tatsächlich zur „Primetime der Dritten Programme“ werden kann, wie Programmchef Jan Schulte-Kellinghaus es bei der Vorstellung des neuen Programms formulierte.

Der neue Vorabend beginnt nun mit einem viertelstündigen Nachrichtenblock, wird mit einer halben Stunde „schön + gut“ und der 45-minütigen Gesprächssendung „Studio 3 – Live aus Babelsberg“ fortgesetzt, bevor dann die bewährten und durchaus erfolgreichen Nachrichtenmagazine des RBB übernehmen. Neu sind dabei nicht nur die Sendungen, auch bei den Moderatoren setzt der Sender auf frische Gesichter. Zum Team von „schön + gut“ gehören neben Jule Jank noch die aus Frankreich stammende Jaele Vanuls und Uri Zahavi, der sonst seinen Schwerpunkt im Sport hatte.

Reichlich Premierenerfahrung: Volker Schlöndorff

Janna Falkenstein, die „Studio 3“ im Wechsel mit Christian Matthée, Sabrina N’Diaye und Neuerwerbung Jaafar Abdul Karim moderiert, war in der ersten Woche für die Livesendung aus Babelsberg zuständig. 45 Minuten Sendezeit mit einem Gesprächsgast in Konkurrenz unter anderem zu den Quizsendungen der großen ARD, das ist ein durchaus gewagtes Unterfangen – das in der Premierenwoche jedoch zumeist gut gelungen ist.

Einen besseren Gast als den inzwischen 82-jährigen Filmemacher Volker Schlöndorff hätten sich Janna Falkenstein und die Redaktion von „Studio 3“ für den Auftakt nicht wünschen können. „Prominente aus Schauspiel, Musik, Kultur und Sport, aber auch Alltagshelden aus Berlin und Brandenburg, Expertinnen und Experten ihre interessanten Lebensgeschichten – authentisch und mitten ins Herz“, so lautet der Anspruch der Gesprächssendung. Schlöndorff hatte reichlich zu erzählen und musste nicht lange gebeten werden. Dass der ehemalige Geschäftsführer der Filmstudios Babelsberg in fußläufiger Entfernung zum RBB-Studio wohnt – und auch per Pedes zum Talk kam –, passte ebenfalls gut ins Konzept.

Janna Falkenstein, Sabrina N’Diaye, Christian Matthée und Jaafar Abdul Karim moderieren die Talksendung "Studio 3 - Live aus Babelsberg".

© Thomas Ernst/RBB

Viel zu erzählen hatten auch die Gäste an den beiden Folgetagen. Dabei mag Andreas Knieriem, der Berliner Zoo- und Tierparkdirektor, nur ungern über Persönliches reden. Doch dafür gab es genügend andere Themen, wie die zeitgemäße Haltung von Tieren in Zoos, die Zukunft des Panda-Nachwuchses, aber auch die professionelle Distanz, die ein Zoodirektor zu den Tieren haben muss, „weil man sie manchmal auch abgeben muss“.

Das Gespräch mit Elisabeth Pähtz, des ersten weiblichen deutschen Schachgroßmeisters, blieb zwar zumeist auf eher sachlicher Ebene, doch das schmälerte den Erkenntnisgewinn nicht. So wäre es zum Beispiel grundfalsch, ihren Titel zu gendern. In früheren Zeiten wurden an Schachspielerinnen andere Anforderungen für den Titel gestellt, darum heißt es besser nicht Großmeisterin.

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Erstaunlich zurückhaltend saß am Donnerstag der Kabarettist und Musiker Rainald Grebe in „Studio 3“. Janna Falkenstein befragte ihn anhand seines autobiografischen Romans besonders intensiv über die Zeit nach seinen Schlaganfällen. Dass in Grebes Biografie alles „wahr ist, weil es so hätte passieren können“, damit hatte die Moderatorin so ihre Probleme. Zudem hätte es sicherlich so manchen Zuschauer interessiert, wie aus dem Frechener Schüler, der in seiner Freizeit Pflanzensamen gesammelt hat, jener „Universaldilettant zwischen Genie und Wahnsinn“ werden konnte, als der er in die Sendung eingeführt wurde.

Doch diese Frage kam nicht. Insgesamt kann der RBB zumindest beim „Studio 3“-Talk mit der ersten Wochen zufrieden sein. Die Sendungen mit Volker Schlöndorff, Andreas Knieriem und Elisabeth Pähtz kamen auf beachtliche Marktanteile von bis zu 10,8 Prozent, nur Rainald Grebe zog mit 7,7 Prozent weniger stark.

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