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Schweizer Bergdorf wehrt sich gegen Musk: Störsignale gegen Starlink-Antennen
Elon Musk will in einer Schweizer Berggemeinde die größte Starlink-Antennenanlage Europas errichten. Anwohner gehen auf die Barrikaden, der Gemeindepräsident verweist auf wichtige Einnahmen.
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Oberhalb der Gemeinde Leuk im Schweizer Kanton Wallis steht sie, die Satelliten-Anlage, die momentan im Gerede ist. Errichtet in den frühen 1970er-Jahren, genutzt vom Schweizer Nachrichtendienst und der Post.
Die „grandes oreilles“ werden die hässlichen Schüsseln mitten im Idyll der Bergwelt hier von den Einheimischen genannt, „die großen Ohren“. Ihrer Form, wohl auch der nie bestätigten Gerüchte wegen, die sich um die Anlage ranken. Der US-Geheimdienst NSA, heißt es, würde von hier oben die Welt ausspionieren.
Die 4000-Einwohner-Gemeinde liegt im eher strukturschwachen und von Tourismus und Landwirtschaft geprägten Schweizer Rhônetal. Hier, wo die französischsprachige Schweiz auf die deutschsprachige trifft, hat sich an den futuristisch anmutenden Satellitenschüsseln auf dem Brentjong-Plateau bis vor wenigen Wochen nie jemand ernsthaft gestört.
Das birgt ein großes Reputationsrisiko für unsere Gemeinde.
Ein Bewohner von Leuk
Doch jetzt wird die Anhöhe mit seinen Satellitenschüsseln zum Politikum. Schuld ist ein Name, der in den Walliser Alpen seit Wochen kursiert: Elon Musk, reichster Mann der Welt, ehemaliger Trump-Intimus. Leuks Gemeindepräsident Alain Bregy hat der Schweiz-Ausgabe der „Zeit“ über den 54-Jährigen gesagt: „Natürlich ist er neben den Schuhen. Nur hat das nichts mit meinem Business hier in Leuk zu tun.“
Das mögliche Business, von dem der Elektroingenieur und Gemeindepräsident spricht, sind Einnahmen aus einem neuen Projekt auf dem Brentjong-Plateau, die Leuk generieren könnte. Im Herbst soll hier mit den Arbeiten für die 40 Antennen begonnen werden, die das von Elon Musk gegründete US-Satellitennetzwerk Starlink oberhalb der Gemeinde aufstellen möchte. Die erste Starlink-Anlage in der Schweiz und eine der größten in Europa.
Einen entsprechenden Bauantrag für die Satellitenbodenstation hatte die Firma Signalhorn AG im Auftrag der US-Firma eingereicht. Zunächst von der Öffentlichkeit fast unbemerkt, bis die Lokalzeitung „Le Nouvelliste“ darüber und den Mann Elon Musk dahinter berichtete. Seither herrscht Aufregung in Leuk.

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Über 200 Beschwerden gegen das Projekt, für das eigentlich Spatenstich am 1. September sein sollte, wurden bei der Gemeinde fristgerecht eingereicht. Eine der treibenden Kräfte hinter den Beschwerden ist die Leuker Ärztin Hanna Schnyder. Sie hat die Interessengruppe „IG 40 neue Satellitenantennen: Nein, so nicht!“ gegründet und den Widerstand gegen Musks Pläne organisiert.
Bei einer Informationsveranstaltung Ende Juni kamen die Bedenken mancher Bewohner zur Sprache. Schnyder verweist immer wieder auf die hohe gesundheitliche Belastung für die Menschen durch hochfrequente elektromagnetische Strahlung. „Wir möchten nicht das meist bestrahlte Gebiet der Schweiz werden.“
Ich begrüße die Ankunft von Starlink zur Ankurbelung der Wirtschaft unserer Gemeind
Alain Bregy, Gemeindepräsident Leuk
Andere Anwohnerinnen und Anwohner stören sich an Auftraggeber Elon Musk. „Die ganze Welt verzichtet auf Tesla und wir …?“, sagte ein Leuker dem Schweizer Fernsehen nach dem Infoabend, ohne den Satz zu beenden. Ein anderer meinte: „Das birgt ein großes Reputationsrisiko für unsere Gemeinde.“ Zudem sei die ganze Angelegenheit auch sicherheitspolitisch delikat: Die Satellitenanlagen könnten in einer kriegerischen Auseinandersetzung „als kriegsrelevantes Ziel“ in den Fokus von Streitkräften geraten.
Experten verweisen auf das geringe Strahlenrisiko hochmoderner Antennen. Die dort geplanten Gateways – 2,5 Meter hoch und mit einer Kuppel bedeckt – dienen als Verbindungspunkt zu den fast 7000 Starlink-Satelliten, die in recht geringer Höhe im Orbit herumschwirren und das Mobilfunknetz auf der Erde garantieren.
In Grünheide kennen sie Musks Art
Die Signalhorn AG und Gemeindepräsident Bregy versuchen, die Bedenken zu zerstreuen. „Wir brauchen diesen neuen Hub, damit unser Standort Zukunft hat“, sagt Michel Kalbermatter von der Signalhorn AG. Und Bregy verweist auf die Strukturschwäche der Region. „Ich begrüße die Ankunft von Starlink zur Ankurbelung der Wirtschaft unserer Gemeinde“, sagte er der Zeitung, „Le Nouvelliste“. Der größte Arbeitgeber von Leuk sei momentan das Altersheim – „das sagt viel über die Struktur der Gemeinde aus.“
Überhaupt, so Bregy, stamme das Baugesuch von der Signalhorn AG. „Was da sonst noch dahintersteckt, ist nicht unser Problem.“ Angesprochen auf die mögliche Strahlenbelastung durch die Antennen, sagte er der „Zeit“: „Wenn man nicht gerade eine Bergdohle ist, die über die Antenne fliegt, schadet das einem nicht.“
Wie dem auch sei: Hanna Schnyder und ihre Mitstreiter haben den Baubeginn der Starlink-Antennenanlage durch ihre Beschwerden vermutlich verzögert. Ob es ihnen gelingt, Musk symbolisch ganz aus ihrer Gemeinde fernzuhalten, steht allerdings in den Sternen. Anwohner der Tesla-Fabrik in Grünheide wissen aus Erfahrung, dass sich der reichste Mann der Welt von Beschwerden nicht wirklich beeindrucken lässt. Jedenfalls nicht bislang.
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