zum Hauptinhalt

Bread & Butter: Eine Idee hat gezündet

Mit einer großen Party feiert die Bread & Butter auf dem früheren Flughafen Tempelhof ihren zehnten Geburtstag. Die Stadt feiert mit – und freut sich über Millionenumsätze.

Raumfahrzeuge drehen auf dem Rollfeld ihre Runden, Astronauten tanzen neben Anzugträgern, und aus den Boxen dröhnen Beats, die mindestens so laut sind wie die Triebwerke eines Spaceships – die Bread & Butter ist gelandet und hat das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof in den Planeten Mode verwandelt. Unter dem Motto „Retro Super Future“ wurde die weltweit größte Sportswear- und Jeansmesse am Dienstagabend mit einer bombastischen Party eröffnet.

Statt Moonboots wählte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit trotzdem lieber trittsichere Halbschuhe, als er die rund zehntausend Gäste begrüßte – und Messechef Karl-Heinz Müller zum zehnten Geburtstag des Fashion-Events gratulierte. „Die Bread & Butter ist eine Erfolgsgeschichte, die sich sehen lassen kann. Die Messe ist nicht nur wichtig für Berlin, sondern für die Modewelt insgesamt“, sagte Wowereit. Um zu zeigen, wie sehr er sich mit der Hauptstadt verbunden fühlt, war Müller als Berliner Bär verkleidet und bot sich als „neuer Knut“ an. „Aber nur, wenn du länger lebst“, scherzte Wowereit.

Die Bread & Butter hat schon ein Jahrzehnt hinter sich – und die Hauptstadt geprägt. Für eine Woche, zwei Mal im Jahr, sind die Hotels der Stadt vollgepackt, Taxis fast unmöglich zu erwischen, in Mitte drängen sich die Shopper, während etwa 600 Händler in Tempelhof an ihren Ständen beschäftigt sind – mittlerweile anerkannt als die weltweit wichtigste Modemesse für Street- und Urbanwear, die über 50 000 Besucher anzieht. Barcelona, das früher die Bread & Butter beherbergte, bevor Berlin sie zurückholte, schätzte den dadurch erzielten Umsatz auf 100 Millionen Euro, die jede Saison in die Stadt flossen.

Wenn Berlin doch nur vier Saisons hätte, muss sich Klaus Wowereit denken. Die Bread & Butter macht seine Stadt ein bisschen weniger arm und noch ein bisschen mehr sexy. Am heutigen Mittwoch wird der Regierende wieder beim Eröffnungsrundgang durch die höhlenartigen Hangars des Flughafens laufen, begleitet von Bread-&-Butter-Chef Karl-Heinz Müller. Er wird hier einen Hut aufsetzen, dort mit den Standinhabern plaudern. Wowereit ist nicht bloß Gast auf dieser Messe. Er hat sich persönlich für sie eingesetzt und den früheren Flughafen Tempelhof als ihren Standort ermöglicht.

Die Bread & Butter feiert dieses Jahr Jubiläum, sie hat eine unkonventionelle Vergangenheit, doch ihr Aufstieg war unaufhaltsam. Trotz ihres Erfolges hat die Veranstaltung nicht den persönlichen Touch verloren, der sie seit ihrem Beginn kennzeichnete. Neben den großen Weltmarken sind es eben die spezialisierten Designermarken, zu denen die Veranstalter einen engen Kontakt entwickelt haben.

Für den größten Teil der drei Wochen hat eine 4000 Mann starke Armee aus Handwerkern und Designern die Messestände der einzelnen Marken aufgebaut. Aber auch die enorme Fläche des früheren Flughafens soll genutzt werden – ein Relikt der Nazizeit, dessen historischer Makel teilweise dadurch ausgeglichen wird, dass der Flughafen auch Retter der Stadt war, während der Luftbrücke und der sowjetischen Blockade Berlins.

Das diesjährige Ausmaß ist beeindruckend. 100 Kubikmeter Wasser füllen drei Pools und einen See, über 3500 Lichter wurden verkabelt, insgesamt wurden mehr als 150 Kilometer Elektrokabel verlegt. Über 400 Firmen aus und um Berlin haben dazu beigetragen, die Veranstaltung durchzuführen, dazu kamen 2500 Aushilfskräfte. Die einzige Möglichkeit, die eigenen Ambitionen zu übertreffen, wäre die Wiedereröffnung des Flughafens durch die Bread & Butter, um Ausstattung, Waren und Besucher direkt bis vor die Tür zu fliegen.

Man hat sich viele Gedanken gemacht, um einen Ort zu schaffen, der nicht nur ein kommerzieller Marktplatz, sondern ein Ort ist, den man genießen kann – eine Attraktion, die die Leute zwei Mal pro Jahr anzieht und dazu beiträgt, Berlin als Modehauptstadt für ein neues Zeitalter und einen neuen Stil, der echter ist als Haute Couture, zu etablieren.

Die Messe bietet eine kreative Vision und ein übergreifendes Thema, das sich durch den Event zieht und das Gefühl der ganzen Show prägt. Letzten Winter war es der Cotton Club, angelehnt an das Amerika der zwanziger Jahre. Jetzt also „Retro Super Future“. Eine gigantische Skulptur eines im Design an die fünfziger Jahre erinnernden, orangefarbenen UFOs steht auf der Startbahn – eine lebendige Erinnerung daran, wie man sich die Zukunft vor mehr als einem halben Jahrhundert vorstellte. Die Loungebereiche, in denen sich die Besucher erholen, unterhalten, die Messe auf sich wirken lassen und Ideen austauschen können, haben ebenfalls einen futuristischen Stil, der die Vergangenheit zitiert.

Dieses Jahr gibt es eine Neuerung. Die Messe hat beschlossen, sich zu öffnen und Berlin zu umarmen, in Kontakt zu treten mit den Menschen jenseits der Einkäufer und Verkäufer aus der Modebranche. Zum ersten Mal haben auch Nichtfachleute Zugang zu den Aftershow-Partys. Außerdem hat es das Unternehmen geschafft, fast ganz Mitte mit seinen schicken Boutiquen und stilprägenden Läden für eine lange Verkaufsnacht zu gewinnen, die Türen weit zu öffnen für ein Feierabendshopping mit dazugehöriger Partyatmosphäre. Bread & Butter hat den Rahmen geschaffen, die Händler haben ihn ausgestaltet und mitgeholfen, die Begeisterung um den Tempelhof-Event in die Straßen der Stadt hinauszutragen.

Die Macher der Bread & Butter bekennen sich zu Berlin. So wie es ein Sprecher des Unternehmens formulierte: Die Geburtstagsfeiern sowie die Erweiterung bis in die Stadt hinein sind eine Botschaft an diese Stadt und ihre Leute, ein Versprechen, dass sie in der Hauptstadt bleiben und eine Zukunft hier aufbauen werden.

Eine Zukunft aufbauen, die Geschichte von morgen – all das passt zum Retro-Super-Future-Thema dieses Sommers. In der Tat könnte man sagen, dass die Bread & Butter sich einen der riesigen Bannerslogans des Tempelhofer Events zu Herzen genommen hat. Formuliert vom amerikanischen Computerwissenschaftler Alan Kurtis Kay im Jahr 1971, könnte er als das Leitprinzip der Bread & Butter selbst geschrieben worden sein: „If you want to predict the future you have to invent it.“ Wenn man die Zukunft vorhersehen will, muss man sie erfinden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false