Panorama: Déjà-vu in Frankreich
Schlimmer konnte es nicht kommen, sagen die einen, besser konnte es nicht kommen, sagen die anderen. Allen gemeinsam: Die jüngste Tunnelkatastrophe in der Schweiz ist ein déja-vu Ereignis für Frankreich und Italien, denn die Umstände der Tragödie ähneln in vielen Punkten denen des Unglücks vor zweieinhalb Jahren im französisch-italienischen Montblanc-Tunnel, wo am 24.
Schlimmer konnte es nicht kommen, sagen die einen, besser konnte es nicht kommen, sagen die anderen. Allen gemeinsam: Die jüngste Tunnelkatastrophe in der Schweiz ist ein déja-vu Ereignis für Frankreich und Italien, denn die Umstände der Tragödie ähneln in vielen Punkten denen des Unglücks vor zweieinhalb Jahren im französisch-italienischen Montblanc-Tunnel, wo am 24. März 1999 bei einem Brand 39 Menschen ums Leben kamen.
Was war passiert? Aus immer noch ungeklärten Gründen war ein mit Margarine und Mehl beladener Lastwagen in Brand geraten, binnen kürzester Zeit hatte sich der betroffene Tunnelabschnitt auf 1300 Grad erhitzt, 33 Fahrzeuge und ihre Insassen verkohlten im Flammenmeer. Für die immensen Folgen des Unglücks machten mehrere Unfalluntersuchungsberichte vor allem Mängel im Durchlüftungssystem des Tunnels verantwortlich, aber auch andere Fehler wie die fehlende Sicherheitsbuchten und Fluchtwege. Seit dem Unfall ist der 11,6 Kilometer lange Montblanc-Tunnel geschlossen. Für die dort ausgeführten Umbauarbeiten war der Sankt Gotthard, der als einer der sichersten Tunnels Europas galt, bis zum vergangenen Mittwoch das große Vorbild.
Das Unglück im schweizerischen Gotthard-Tunnel hat sofort zwei kontroverse Reaktionen in Frankreich ausgelöst. Die "kommerzielle Fraktion" sieht in der vorübergehenden Schließung des Gotthard die Chance, mit einer schnellen Wiederöffnung des Montblanc-Tunnels eine Ersatzdurchfahrt zu schaffen und so möglichst rasch verlorene Tunnelgebühren wieder einzuspielen, immerhin 15,5 Millionen Euro im Jahr, allein mit dem Schwerlastverkehr, rund 4000 Lastwagen am Tag. Die "Umwelt-Fraktion", mit ihr die Angehörigen der Opfer, Anwohner und Politiker der Alpenregion rund um Chamonix beharren auf dem Gegenteil: Jetzt erst recht keine Wiederöffnung, schon gar nicht für den Schwerlastverkehr. "Ich bekam eine Gänsehaut, als ich im Radio von dem neuen Tunnelunglück in der Schweiz hörte", berichtete André Denis, Präsident der Vereinigung der Angehörigen der Montblanc-Opfer. "Völlige Sicherheit in einem einröhrigen Tunnel mit Gegenverkehr ist unmöglich". Die Diskussion um die Wiederöffnung des Montblanc-Tunnels ist nun voll entbrannt. Jetzt schon steht fest, dass sich der vorgesehene Termin, nämlich vor Weihnachten, nicht einhalten lassen wird.
Sabine Heimgärtner