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Hells Angels: Eine Macht im Milieu

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Vor dem Rocker-Prozess auf Mallorca: Erholen sich die Hells Angels?

Deutschen Rockern um Frank Hanebuth droht auf Mallorca ein langes Verfahren. Doch die Anklage zögert und das Milieu bleibt optimistisch.

Idyllisch ist Mallorca im Herbst. Vom Festland – auch aus Deutschland – ziehen Scharen eleganter Vögel auf die Mittelmeerinsel: Reiher, Störche, Weihen suchen in den küstennahen Feuchtwiesen der Balearen nach Fröschen, Insekten, Fischen. Das Schilf biegt sich im auf Mallorca milden Herbstwind.

Doch Idylle ist bekanntlich trügerisch. Der beliebten Ferieninsel steht ein Prozess bevor, in dessen Folge nicht nur Dutzende junger und alter Männer verurteilt werden könnten. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass in dessen Verlauf weitere Kneipen, Bordelle oder Wohnungen von Polizisten durchsucht werden – und zwar womöglich in Spanien, Luxemburg und Deutschland. Auf Mallorca wird in diesen Tagen europäische Rockergeschichte geschrieben.

Hells Angels, Hanebuth, Hannover

Mittendrin: Frank Hanebuth, deutscher Hells-Angels-Fürst, Ex-Boxer, langjährig Boss im Hannoveraner Nachtleben, schließlich Präsident der Hells Angels auf Mallorca, kurz: Europas bekanntester Rocker. Hanebuth droht, glaubt man den vorläufig bekannten Erkenntnissen, eine Haftstrafe.

Überstehen die Angels den Prozess?

Hanebuth, 51 Jahre alt, wartet auf Mallorca noch auf die Anklage der spanischen Staatsanwälte. Er muss sich täglich bei den Behörden melden. Ihm und 50 weiteren Männern werden allerlei Taten – vor allem mit Rotlichtbezug – vorgeworfen. Es geht, wie berichtet, um Menschenhandel, Drogen, Erpressung, Geldwäsche und Betrug. Das deutschsprachige „Mallorca Magazin“ berichtet, einem Untersuchungsbericht des Emittlungsrichters zufolge ließe sich aus abgehörten Telefonaten entnehmen, dass Hanebuth wohl als Strippenzieher illegaler Geschäfte auf der Insel gelten könnte. Sollte Hanebuth bald angeklagt werden, dürfte das Verfahren zur Jahreswende eröffnet werden. Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldvermutung, zumal Hanebuth diesen Juli nach zwei Jahren aus der spanischen Untersuchungshaft entlassen wurde.

Frank Hanebuth bei seiner Festnahme 2013 auf Mallorca.

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Seit Jahren erhöhen nicht nur die spanischen Behörden den Druck auf die Hells Angels. In Deutschland wurden immer wieder Treffpunkte der Hells Angels von Spezialkräften der Polizei durchsucht. Razzien gab es auch in Vereinsheimen des Gremium und des Bandidos MC. Das Kürzel steht für „Motorcycle Club“. Die beiden Vereine gehören mit den Hells Angels zu den weltweit größten MCs.

Die deutschen Behörden hatten einzelne Ortsgruppen der drei Rockerclubs verboten. Und einigen Bikern wurden die Insignien genommen, die auf Lederkutten genähten Clubsymbole, durch deren Zurschaustellung sie Macht ausüben: Deutsche Gerichte hatten das öffentliche Tragen des in den USA markenrechtlich geschützten Symbols der Hells Angels – ein Totenkopf – verboten. Dazu kommt ein Mordprozess in Berlin. Angeklagt ist fast ein ganzes, umtriebiges Charter – so heißen die Angels-Dependancen.

Anwalt Fromberg: In den Akten steht nichts Neues

Doch seit diesem Sommer mehren sich im Milieu optimistische Stimmen. Zunächst erklärte der Bundesgerichtshof ein generelles Verbot der Clubinsignien für unzulässig: Hells Angels dürfen wieder öffentlich den Totenkof tragen, selbst wenn einzelne Charter verboten bleiben. Zudem, heißt es unter Rockern, rechne man damit, dass Hanebuth gar nicht verurteilt werde: Die Beweislage sei zu dünn. „In dem letzten Untersuchungsbericht steht tatsächlich nichts Neues, ich gehe davon aus, dass es der Staatsanwaltschaft nicht mal für eine Anklage reichen wird“, sagte Götz von Fromberg, der Anwalt des Rockers.

Erholen sich die Hells Angels?

„Immer wenn die Repression zunimmt, klopfen bei uns Neue an“, sagte Rudolf „Django“ Triller, einst Mitbegründer der deutschen Hells Angels und heute Sprecher des Clubs, dem Tagesspiegel. „Wir werden also stärker.“ Zum Prozess gegen Hanebuth äußerte sich Triller nicht. Ob der Rockerboss künftig in Spanien leben will, sei wohl unklar: „Alles Spekulation.“

Bandidos aus ganz Europa treffen sich in Brandenburg

Derzeit sollen 8000 Männer in Deutschland großen Bikerclubs und ihren jugendlichen Nachwuchstruppen angehören. Auch bei den Bandidos sieht es nicht danach aus, als wäre ihr Verein am Ende. Vergangenes Wochenende haben sich mehr als 1200 Bandidos in Perleberg nordwestlich von Berlin getroffen – unter strengen Sicherheitsvorkehrungen, denn einige Rocker konkurrieren gewaltsam um Rotlichtmeilen, den Handel mit Anabolika und die Türen lukrativer Diskos, wo sie als Einlasser bestimmen, welche Geschäfte dort stattfinden.

Wie alle großen Clubs sind die Bandidos ein internationales Netzwerk. US-Veteranen gründeten die Bikergang 1966 in Texas, was Streit mit den 1948 in Kalifornien gegründeten Hells Angels nach sich zog. Die beiden Clubs haben Ableger in 100 Ländern. Und so waren in Perleberg neben deutschen Hundertschaften auch Polizisten aus Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland dabei: Die Bandidos hatten nämlich auch Mitglieder aus Skandinavien eingeladen. Die Stimmung, sagen Kenner, sei „blendend gewesen“.

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